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BdV hilft!

BdV erstreitet Pflegetagegeld für behindertes Kind

BdV erstreitet Pflegetagegeld für behindertes Kind

 06.03.2023  BdV hilft!  0 Kommentare  Jens Trittmacher

Wir konnten für eines unserer Mitglieder einen großen Erfolg erreichen: Unser Mitglied erhält durch unsere Unterstützung doch noch die beantragte Leistung in Form eines lebenslangen Pflegetagegeldes für sein behindertes Kind ab dessen Geburt. Zunächst hatte der Versicherer dies strikt abgelehnt. Was war passiert?

 

© Symbolbild / Filip Mroz / Unsplash

Eines unserer Mitglieder unterhält bei einem privaten Krankenversicherungsunternehmen eine Pflegetagegeldversicherung für sich. Kurz nach Geburt seines Kindes beantragte es für dieses ebenfalls eine Pflegetagegeldversicherung (im gleichen Umfang und Höhe wie für sich). Diese Anmeldung nahm der Versicherer an und versicherte das Kind rückwirkend ab Geburt – ohne jegliche Einschränkungen. Als das Mitglied wenige Zeit später Leistungen in Form des Pflegetagegeldes für sein Kind beim Versicherer beantragte, lehnte dieser dies aber strikt ab.

Bereits bei der vorgeburtlichen Untersuchung der Mutter wurde durch Ärzt*innen diagnostiziert, dass das Kind behindert sein werde. So trat es auch ein. Das Kind ist mit Down-Syndrom auf die Welt gekommen. Neben der starken psychischen Belastung der Eltern bringt das auch eine deutliche finanzielle Belastung für unser Mitglied und dessen Kind mit sich. Diese sollte durch die Pflegetagegeldabsicherung ausgeglichen oder zumindest abgefedert werden. Die hier vorliegende Kindernachversicherung ab Geburt bedeutet, dass auch alle Krankheiten, die vor und während Geburt eintreten, also vor Anmeldung des Versicherungsschutzes und des Versicherungsbeginns, mitversichert sind.

Kindernachversicherung fristgerecht angemeldet

Dabei spielt es keine Rolle, dass unser Mitglied die Anmeldung erst nach der Geburt seines Kindes vornahm. Erstens ist diese vor Geburt nicht möglich und zweitens hat es die vorgeschriebene Zweimonatsfrist für die Anmeldung des Versicherungsschutzes eingehalten. Nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG – dort: § 198: https://www.gesetze-im-internet.de/vvg_2008/__198.html) und den vertraglichen Regelungen des Versicherers ist eine Kindernachversicherung ab Geburt in der PKV möglich, wenn am Tag der Geburt für mindestens einen Elternteil eine Krankenversicherung besteht. Dann ist der Versicherer verpflichtet, dessen neugeborenes Kind ab Vollendung der Geburt ohne Risikozuschläge und Wartezeiten zu versichern.

Eine solche Anmeldung muss spätestens zwei Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend erfolgen (ansonsten erfolgt eine normale Risikoprüfung der Gesundheitsangaben mit dem Risiko einer Ablehnung des Versicherungsschutzes). Die Verpflichtung zur Annahme der Anmeldung besteht für den Versicherer allerdings nur insoweit, als der beantragte Versicherungsschutz des Neugeborenen nicht höher und nicht umfassender als der des versicherten Elternteils ist. Das gilt auch für eine Pflegezusatzversicherung – wie hier die Pflegetagegeldversicherung.

Versicherer lehnt Leistung überraschend ab

Als Voraussetzung für die Versicherung des Neugeborenen kann eine Mindestversicherungsdauer des Elternteils vereinbart werden. Das ist der Regelfall in der Praxis. Diese darf drei Monate nicht übersteigen. Etwaige vor und während der Geburt bereits bestehende Erkrankungen, Anomalien oder Behinderungen bleiben also unberücksichtigt und der Krankenversicherer muss die Anmeldung annehmen. Im hier vorliegenden Fall nahm unser Mitglied seine Anmeldung fristgerecht vor.

Der Versicherer erstellte einen entsprechenden Versicherungsschein ohne Einschränkungen – mit Beginn rückwirkend ab Geburt des Kindes. Als unser Mitglied kurze Zeit danach Leistungen in Form des Pflegetagegeldes für sein Kind beantragte, lehnte der Versicherer überraschend ab. Dessen wesentliche Begründung war: Die ihm vorliegenden Unterlagen bestätigten, dass bereits vor Abschluss des Pflegetagegeldvertrages ein Antrag auf Pflegeleistungen bei ihrer Pflegekasse (die unter dem Dach ihrer Krankenkasse angesiedelt sind) gestellt wurde. Der Versicherungsfall ist daher vor dem Beginn des Versicherungsschutzes eingetreten, sodass er unserem Mitglied keinen Leistungsanspruch bestätigen und auszahlen können.

BdV übernimmt außergerichtliche Vertretung

Daraufhin wandte sich unser Mitglied an uns – mit der Bitte um Beratung. Nach intensiver Prüfung des Sachverhaltes und der Rechtslage kamen wir zu dem Ergebnis: Dieser rechtliche Einwand ist zwar grundsätzlich zutreffend, aber eben gerade nicht für den Fall der Kindernachversicherung ab Geburt. Vielmehr muss der Versicherer hier leisten.

Aufgrund der Brisanz des Falles und der wirtschaftlichen Bedeutung des Pflegetagegeldes für unser Mitglied übernahmen wir ausnahmsweise die außergerichtliche Vertretung des Mitglieds gegenüber dem Versicherer im Rahmen einer Rechtsbesorgung. Obwohl die rechtliche Literatur und auch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) für unsere rechtliche Argumentation streiten, lehnte der Vorstand des Versicherers erneut die Leistungsgewährung ab.

Daraufhin wandten wir uns Anfang September 2022 an den Ombudsmann Private Kranken- und Pflegeversicherung (https://www.pkv-ombudsmann.de/) als anerkannte außergerichtliche Streitschlichtungsstelle. Dieser forderte den Versicherer zunächst „nur“ zu einer Stellungnahme auf – unter Übermittlung der BdV-Beschwerde einschließlich deren Rechtsausführungen.

Versicherer lenkt ein

Anfang 2023 erfolgte das Feedback des PKV-Ombudsmanns. Nach erneuter Prüfung der Angelegenheit teilte der Versicherer ihm mit: „Das Ergebnis unserer Prüfung ist nun die vollständige Abhilfe. Das heißt, wir werden die tariflich versicherten Leistungen – Pflegetagegeld ab Geburt – unverzüglich zur Verfügung stellen.“ Die Änderung seiner bisherigen Entscheidung hat der Versicherer überhaupt nicht begründet. Das ist letztlich auch egal.

Denn entscheidend ist: Unser Mitglied erhält nunmehr eine lebenslange finanzielle Entlastung für die Betreuung seines behinderten Kindes. Das Pflegetagegeld wird jetzt monatlich ausgezahlt – entsprechend dem vereinbarten Tagessatz und dem vorliegenden Pflegegrad. Der Einsatz des BdV hat sich also gelohnt und dessen rechtliche Argumente haben sich letztendlich durchgesetzt, ohne dass der PKV-Ombudsmann tatsächlich schlichten musste. Allerdings hätte sich der Versicherer ohne Einschaltung des Ombudsmanns weiterhin hartleibig gezeigt.

 


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