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Beim pan-europäischen Produkt für die private Altersvorsorge rückt die Realisierung näher. Die EU-Kommission hat Ende Juni einen umfassenden Vorschlag der Öffentlichkeit vorgelegt, mit dem eine zusätzliche Möglichkeit zur privaten Altersvorsorge für alle EU-Bürger geschaffen werden soll.
Sie soll von Investmentfirmen, Banken, Versicherern oder Einrichtungen betrieblicher Altersvorsorge gleichermaßen angeboten werden können und allen EU-Bürgern offenstehen, egal in welchem Mitgliedsstaat sie wohnhaft sind und ob sie zwischen diesen umziehen. Über die vielfältigen Diskussionen, die diesem Vorschlag vorausgegangen sind, habe ich bereits zwei Mal berichtet (vgl. Blogbeitrag vom 6.10.2015 und vom 2.5.2016).
Die wichtigsten Merkmale sind folgende:
Anbieter von PEPP können Banken, Fondsgesellschaften, Vermögensverwalter, Versicherer und Einrichtungen betrieblicher Altersvorsorge sein. Für den EU-weiten Vertrieb braucht ein PEPP nur in einem EU-Staat zugelassen zu sein, um mittels eines "EU-Passes" in allen EU-Staaten angeboten werden zu können. Das soll vor allem den Online-Vertrieb fördern. Die Produktzulassung wird durch die Europäische Versicherungsaufsicht EIOPA in Frankfurt/Main vorgenommen werden.
Die Vertriebe sollen denselben Regeln unterliegen wie durch die bisherigen EU-Vertriebsrichtlinien vordefiniert (MIFID 2 für Finanzdienstleister und IDD für Versicherer). Als Insolvenzschutz gelten die schon bestehenden EU-Richtlinien wie Solvency II für Versicherer.
Vor allem Versicherer kritisieren diesen PEPP-Vorschlag, so monierte etwa der GDV, dass es sich dabei lediglich um ein Sparprodukt, aber nicht um ein Rentenprodukt handele, da die lebenslange Verrentung nicht obligatorisch sei. Dieses Argument unterstellt den „unmündigen“ Verbraucher, der sein Erspartes planlos vorzeitig ausgibt (wegen des Kapitalverzehrs in der Auszahlungsphase). Dem kann entgegengehalten werden, dass bei vielen Rentenprodukten der Versicherer die monatlichen garantierten Auszahlungen so niedrig angesetzt sind (wegen der überhöhten Ansetzung der Lebenserwartung), dass Versicherungsnehmer oftmals mehr einzahlen als sie ausgezahlt bekommen (bis zu ihrem tatsächlichen Todeszeitpunkt). Hinzukommt, dass wegen der andauernden Niedrigzinsphase die Lebensversicherer zusätzlich die Überschussbeteiligungen deutlich reduzieren.
Genau hier setzt auch eine Kritik von Seiten des BdV an: dem Vorschlag der EU-Kommission fehlen jegliche Vorgaben für die Auszahlungsphase eines PEPP (abgesehen von der Aufforderung an die EU-Mitgliedsstaaten hinsichtlich der Besteuerung der Auszahlungen zu einer freiwilligen Mindestharmonisierung zu kommen). In seinen Stellungnahmen hat der BdV u. a. immer wieder gefordert, dass eindeutige Vorgaben hinsichtlich der Beteiligung der Altersvorsorgesparer etwa an Risikogewinnen aufgestellt werden müssen (bei Langlebigkeit bzw. Sterblichkeit oder anderer eingeschlossener biometrischer Risiken).
Mit einem anderen Mythos, der ab und zu durch die Presse geistert, muss an dieser Stelle ebenfalls aufgeräumt werden. Angeblich soll es auch eine staatliche Bezuschussung von PEPP durch die Mitgliedsstaaten geben wie etwa in Deutschland durch Riester-Zulagen. Aber ich habe keinerlei Hinweise in den bisher veröffentlichten EU-Dokumenten dazu finden können. Deshalb habe ich eher den Eindruck, dass hier gezielt Desinformationen gestreut werden, um das PEPP-Vorhaben von vornherein zu diskreditieren (zu teuer, zu bürokratisch usw.).
Insgesamt scheint das PEPP ein Produktvorschlag zu sein, welcher für Honorarberatung geradezu prädestiniert ist. Ein potenzieller Altersvorsorgesparer lässt sich bei einem anbieter- und produktunabhängigen Versicherungs- oder Honorarberater gegen eine einmalige Gebühr eine umfassende Bedarfsanalyse einschließlich Risikoprofil erstellen. Danach schließt er ein PEPP direkt online bei einem Anbieter ab.
Es ist Sache des Wettbewerbs unter den Anbietern, etwa Ausgabeaufschläge bei Fonds oder sonstige Abschlussgebühren zu reduzieren, um Kunden anzuziehen, die keine weitere Beratung mehr möchten. Wählt ein Kunde die Standardoption, sollten keine weiteren Vertriebskosten wie insbesondere Abschlussprovisionen bei Rentenversicherungen mehr anfallen (Nettotarife!).
Wahrscheinlich befürwortet genau deshalb die Fondsbranche den PEPP-Vorschlag viel stärker als die Versicherungsbranche und ihre Vertriebe. Denn die einmalige Gebühr für den Honorarberater nach Stundensatz ist für den Kunden immer deutlich günstiger als die übliche Abschlussprovision von 2,5%, 4% oder sogar mehr (bezogen auf die Summe der Prämienzahlungen über die gesamte Vertragslaufzeit) bei einem Rentenversicherungsvertrag und bei einem Vermittler, dessen „Beratung“ doch scheinbar kostenlos ist…