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„Value for Money“ – Ein zusätzlicher Ansatz für Verbraucherschutz in der Finanzbranche?

„Value for Money“ – Ein zusätzlicher Ansatz für Verbraucherschutz in der Finanzbranche?

 05.08.2019  BdV in Europa  0 Kommentare  Christian Gülich

„Value for Money“ (VFM) könnte ins Deutsche als „echter Gegenwert fürs Geld“ übersetzt werden. Hinter diesem sehr allgemeinen Begriff steht ein Konzept aus dem anglo-amerikanischen Raum, welches den zweckgebundenen Mitteleinsatz bei unterschiedlichen, öffentlich und privat finanzierten Projekten untersuchen möchte.

© Mohamed Hassan/Pixabay

Die Anwendung dieses Ansatzes auf die Finanzbranche (hinsichtlich Kapitalanlage, Produktentwicklung, Vertrieb o.a.) wird derzeit vorbereitet. Erste Ergebnisse werden im November auf einer internationalen Konferenz in Brüssel vorgestellt.

Untersuchungsansatz

Bei „Value for Money“ geht es - vereinfacht gesprochen – um das adäquate Preis-Leistungsverhältnis bzw. - noch allgemeiner - um das adäquate Verhältnis von Aufwand und Ertrag. Im Vordergrund stehen folgende vier Fragestellungen (die sogenannten „4 E's“):

  1. Sparsamkeit („economy“): werden die notwendigen Kosten minimiert, ohne dass die Qualität darunter leidet?
  2. Effizienz („efficiency“): stehen erzielte Ergebnisse und verwendete Ressourcen in ausgewogenem Verhältnis zueinander?
  3. Effektivität („effectiveness“): wurden die anvisierten Ziele erreicht, wie groß ist die Differenz zwischen tatsächlichen und beabsichtigten Wirkungen?
  4. Gerechtigkeit („equity“): wurden die erzielten Vorteile / Gewinne so fair wie möglich verteilt?

Durch die britische Sektion der weltweiten Organisation CFA („Chartered Financial Analyst“) wurde Ende 2018 ein erster Ansatz dafür geliefert, die VFM-Methode auf die Finanzbranche anzuwenden. Dabei soll es insbesondere darum gehen, ob und inwieweit die EU-Regulierungen der letzten Jahre für die Finanzbranche ihre selbstgesteckten Ziele wirklich erreichen. Außerdem soll untersucht werden, wo bei den jetzt anlaufenden ersten Evaluierungen dieser Regulierungen vorrangig angesetzt werden muss (insbesondere bei MIFID II, PRIIPs KID, IDD)?

 

Dafür sollen folgende Punkte besonders berücksichtigt werden:

  1. Kosten und Gebühren: sind angesetzte Kostenarten und ihr Umfang angemessen, wie stark belastet insgesamt das Niveau von Kosten und Gebühren das Auskommen für die Kunden?
  2. Verhältnis Risiko und Ertrag: ist dieses Verhältnis für jeden Kunden angemessen gewichtet und wie steht es um den Langzeiterfolg?
  3. Dienstleistung und Qualität: erbringen die sonstigen Dienstleistungen der Finanzbranche für die Kunden einen echten Mehrwert?

Umfragen

In Bezug auf MIFID II wurden bereits erste Befragungen von Finanzanalysten und Investoren durch Better Finance und die CFA durchgeführt. So wurde etwa danach gefragt, ob Restrukturierungen im Unternehmen vorgenommen wurden, ob und welche Auswirkungen es auf Kosten und Gewinne gab und ob unbeabsichtigte Wirkungen festgestellt werden konnten? Eine der sicherlich unbeabsichtigten Wirkungen von MIFID II war es, dass durch die erhöhte Kostentransparenz auch im Bereich Investment Research die Ausgaben bei vielen Kapitalanlagegesellschaften gesenkt wurden. Bedenklich ist, dass davon besonders kleine und mittelgroße unabhängige Analystenfirmen betroffen sind.

Aber auch das Verbraucherverhalten soll untersucht werden. So soll etwa nach Umfang und Verständlichkeit der Basisinformationsblätter, den darin enthaltenen Kostenoffenlegungen (Kennziffern für absolute und relative Angaben) sowie Wertentwicklungsangaben (bezogen auf Vergangenheit und Zukunft) gefragt werden. Ein sehr wichtiger Punkt hierbei ist, dass sich das Verhalten der Branchenvertreter unmittelbar auf das Verbraucherverhalten auswirken kann. Unabhängig von ihrer notwendigen inhaltlichen Überarbeitung können die Basis- bzw. Produktinformationsblätter ihre beabsichtigte Wirkung als wesentliches vorvertragliches Informationsmedium für die Verbraucher häufig gar nicht erfüllen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn sie im Beratungs-/Verkaufsvorgang keine herausgehobene Stellung bekommen, sondern nur „im Wust“ der vielen Papiere (neben Vertragsbedingungen, Datenschutzerklärung u.a.) untergehen.


Deshalb sei darauf hingewiesen, dass auch die deutsche Finanzaufsicht BaFin Privatanleger zu MIFID II befragt hat (1). Dabei wurde deutlich, dass die Geeignetheitserklärung und Ex-ante-Kosteninformationen weitgehend positiv angesehen werden. Da allerdings ein hoher Anteil von Kunden diese Dokumente nicht gelesen hatte, ist die gewünschte „Effektivität“ hier noch lange nicht erreicht. 

Die genauen Ergebnisse dieser BaFin-Umfrage zu MIFID II und den Basisinformationsblättern auch im Versicherungsbereich finden sich hier.

Fazit

Nach dem Inkrafttreten der verschiedenen EU-Regulierungen im Finanzsektor steht jetzt deren erste Evaluierung an. Für jede der unterschiedlichen Regulierungen (insbesondere MIFID II, PRIIPs KID und IDD) gelten eigene Fristen für Reformvorschläge. Aufsichtsbehörden sowie eingebundene Verbände (z. B. Branchen-, Berufsverbände und Verbraucherorganisationen) arbeiten daran derzeit intensiv. „Value for Money“ ist ein umfassender Ansatz um Steuerungsdefizite aufzudecken, muss allerdings deutlich präzisiert werden.

 

Endnote:
(1) Vgl. BaFin-Journal, Juni 2019, S. 15


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