Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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Im Dezember 2016 hat die Europäische Versicherungsaufsicht EIOPA mit Sitz in Frankfurt am Main ihren mittlerweile fünften Bericht über „Verbrauchertrends“ („Consumer Trends Report“) in der EU veröffentlicht.
Besonders interessant ist dabei für jeden, der über den eigenen nationalen Tellerrand hinausschauen möchte, mit welchen ähnlichen oder gar gleichen Entwicklungen die Versicherungsnehmer in den verschiedenen EU-Staaten konfrontiert werden und wie sie damit umgehen.
Für drei spartenübergreifende Bereiche (Leben: klassisch, hybrid, ohne Garantien sowie Risiko-LV und Berufsunfähigkeit; Nicht-Leben: Sach-, Unfall- und Krankenversicherung; Altersvorsorge: betrieblich und privat) werden jeweils diese drei Fragestellungen aufbereitet: Prämieneinnahmen, Verbraucherbeschwerden und produktbezogene Trends.
Die empirische Grundlage für diesen, wie auch die früheren Berichte (seit 2012 jährlich veröffentlicht), ist die Sammlung quantitativer und qualitativer Daten durch EIOPA mittels Umfragen und Vorort-Besuchen bei den verschiedenen nationalen Aufsichtsbehörden, mittels Auskünften von Experten („Stakeholders“) innerhalb und außerhalb von EIOPA (darunter Ombudsleute und außergerichtliche Schlichter) sowie mittels sonstiger Forschungspublikationen und einschlägiger Medienberichte. Auf diese Weise sollen die Berichte auf eine möglichst umfangreiche Bandbreite von unterschiedlichen Quellen gestellt werden, was als glaubwürdig erscheint.
Im Bereich Leben lässt sich als europaweiter Trend klar die Zunahme in Angebot und Verkauf von kapitalmarktnahen Produkten feststellen, wodurch der einzelne Versicherungsnehmer zwar mehr Auswahl hinsichtlich der Anlageoptionen des Sparanteils bekommt, dieser gleichzeitig aber auch den Schwankungen der Kapitalmärkte viel direkter ausgesetzt wird. Hinzukommen die zunehmenden Probleme der Verständlichkeit komplexer Produkte und der Intransparenz von Kosten und Gebühren für die Versicherungsnehmer.
Im Bereich Nicht-Leben ist – wenig verwunderlich – die zunehmende Bedeutung von Internetvertrieben und Big Data der umfassende, überall feststellbare Trend. Auch hier liegen positive und schwierige Aspekte aus Verbrauchersicht eng beieinander. Dank der Online-Informationen der Produktanbieter und von Vergleichswebsites war es für Verbraucher noch nie so einfach wie heute, sich selbst vor einem Vertragsabschluss eine Angebotsübersicht zu verschaffen (trotz aller notwendigen Relativierung über die Objektivität mancher Websites). Gleichzeitig ermöglichen digitale Produktinnovationen (etwa Kfz-Telematik, Gesundheitsarmbänder oder vernetzte Wohnungen und Häuser) den Versicherern eine zunehmend „individualisierte“ Prämienkalkulation in einigen Sparten - allerdings um den Preis, dass das Verbraucherverhalten immer „gläserner“ wird und sogar der kollektive Risikoausgleich als Kerngedanke von Versicherungen infrage gestellt werden kann. Davor warnen einige Versicherer mittlerweile schon selbst.
Im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge besteht bei den Neuabschlüssen ein europaweiter Trend von Leistungszusagen („defined benefits“) hin zu ausschließlichen Beitragszusagen („defined contributions“). Bei letzteren gibt der Arbeitgeber eine Beitragsgarantie während der Einzahlphase, aber nicht mehr für die Bezugsphase. Die Höhe der Auszahlungen hängt damit mehr oder weniger vollständig vom Erfolg der Anlagestrategie der Trägers der betrieblichen Altersvorsorge ab. Mit anderen Worten: es ist eine parallele Entwicklung zum Bereich Leben, auch wenn in der betrieblichen Altersvorsorge rein quantitativ die traditionellen Leistungszusagen derzeit noch überwiegen.
Nun zu einigen Beispielen von Verbraucherbeschwerden in den anderen EU-Staaten:
Viele dieser Beschwerdebeispiele dürften auch deutschen Versicherungsnehmern bekannt sein. Deshalb ist die Organisation von Verbraucherinteressen auch auf europäischer Ebene so wichtig. Der EU-Binnenmarkt soll für den Versicherungsvertrieb weiter gestärkt werden (Stichwort: IDD!), schon jetzt arbeiten große Versicherer grenzübergreifend. EIOPAs „Consumer Trends Reports“ sind somit eine der wenigen zuverlässigen Informationsquellen, die es aus Verbrauchersicht überhaupt zu diesen Fragestellungen gibt.