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Was macht eigentlich EIOPA – die europäische Versicherungsaufsicht?

Was macht eigentlich EIOPA – die europäische Versicherungsaufsicht?

 03.07.2015  BdV in Europa  0 Kommentare  Christian Gülich

EIOPA, die europäische Aufsichtsbehörde für Versicherungen und Betriebsrenten mit Sitz in Frankfurt / Main, nahm ihre Arbeit 2011 als Folge der Finanzmarktkrise 2008/09 auf. 

© Igor Flek / Unsplash

Zusammen mit den europäischen Finanzaufsichtsbehörden für Wertpapiere (ESMA in Paris) sowie für Banken (EBA in London) spiegelt sie dieselbe Struktur, die in Deutschland auf nationaler Ebene durch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) vorhanden ist.

Die BaFin ist 2002 aus den vorher voneinander unabhängigen Aufsichtsbehörden für Kreditwesen, Wertpapierhandel und Versicherungswesen hervorgegangen und „vereinigt die Aufsicht über Banken und Finanzdienstleister, Versicherer und den Wertpapierhandel unter einem Dach“.

Börsenkrise als Beschleuniger

Die BaFin, die anderen nationalen Finanzaufsichtsbehörden in den jeweiligen EU-Mitgliedsstaaten sowie die drei europäischen Aufsichtsbehörden gehören zum Europäischen System der Finanzaufsicht (ESFS), das eine „systemische“ Finanzmarktkrise wie die der Jahre 2008/09 zukünftig verhindern soll.

Die große Börsenkrise dieser Jahre war Beschleuniger und Auslöser verschiedener Regulierungsvorhaben für die Finanzmärkte, die auf EU-Ebene vorangetrieben wurden und werden. Dazu gehören für den Versicherungsbereich insbesondere Solvency II (Rechnungslegung und Eigenkapitalausstattung) und IMD2 (Versicherungsvermittlungs-recht) sowie teilweise MIFID2 (Finanzvermittlungsrecht). In weiteren Blog-Beiträgen werde ich auf diese einzelnen Regulierungsvorhaben genauer eingehen.

Aufgaben und Kompetenzen

Aufgaben und Kompetenzen von EIOPA sind in der EU-Verordnung Nr. 1094/2010 festgelegt, die im EU-Amtsblatt veröffentlicht wurde. Ähnlich wie bei der BaFin muss zwischen Verordnungen und Verfügungen unterschieden werden, die sich in ihrer rechtlichen Verbindlichkeit unterscheiden.

Bei Verordnungen wird EIOPA meistens erst auf Anfrage der EU-Kommission aktiv und soll einen sog. „Technischen Standard“ für ein Regulierungsvorhaben entwickeln („request for technical advice“). Bevor ein solcher Entwurf der Kommission vorgelegt wird, werden eine oder sogar mehrere Konsultationen mit betroffenen Unternehmen und Verbänden durchgeführt. Wird ein „Technischer Standard“ von der Kommission angenommen, wird er durch die Kommission (nicht durch EIOPA!) mittels Veröffentlichung im EU-Amtsblatt in Kraft gesetzt und ist unmittelbar wirksames EU-Recht (als Delegierter Rechtsakt oder Durchführungsrechtsakt).

Richtlinien...

Aber auch die EU-Kommission darf nicht einfach Verordnungen erlassen, sondern es bedarf einer Ermächtigung in einer vorab verabschiedeten EU-Richtlinie, in der Inhalt und Reichweite einer solchen Verordnung festgelegt werden. EU-Richtlinien werden nach dem „ordentlichen Gesetzgebungsverfahren“ verabschiedet, d.h. eine von der Kommission vorgelegte Richtlinie muss zuerst vom Europäischen Parlament und dem Rat der EU („Ministerrat“) gebilligt und dann von den einzelnen Parlamenten der EU-Mitgliedsstaaten in nationales Recht umgesetzt werden. Hieran wird deutlich, wie hoch die Hürden für den Erlass von Richtlinien und Verordnungen auf EU-Ebene sind.

Leitlinien....

Anders sieht es beim Erlass von „Leitlinien“ (Guidelines) und „Empfehlungen“ (Recommendations) aus. Laut Artikel 16 der genannten EU-Verordnung von Ende 2010 darf EIOPA solche Verfügungen (entsprechend der BaFin-Terminologie) herausgeben. Aktuelles Beispiel sind etwa die Leitlinien für Produktbeaufsichtigung und Unternehmensführung (POG – Product Oversight and Governance Arrangements, Entwurf vom Okt. 2014). Auch wenn ihnen eine unmittelbare Rechtsverbindlichkeit fehlt, so schreibt die BaFin auf ihrer Website dazu: „Leitlinien und Empfehlungen haben zwar grundsätzlich einen unverbindlichen Charakter, ihre Beachtung wird jedoch ähnlich wie die Warnungen und Empfehlungen des Europäischen Ausschusses für Systemrisiken (European Systemic Risk Board - ESRB) nur mittels politischen Drucks gewährleistet“ (vgl. unter „Mikro-prudentielle Aufsicht“).


Fazit: Auf den ersten Blick mag das alles kompliziert und eben typisch für die EU-Bürokratie erscheinen. Es kommt allerdings darauf an zu verstehen, dass es gerade diese vielschichtigen und ausgetüftelten Mechanismen sind, die einen einfachen „Durchmarsch“ von welcher Seite auch immer verhindern. Keine der beteiligten Institutionen kann verbindliches Recht für über 300 Millionen Bürger in Europa setzen, ohne dass sie dabei nicht von anderer Stelle genau beobachtet und kontrolliert wird. Und das ist gut so.


Hier geht's zur Website von EIOPA.

 

 


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