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Gastbeiträge

Fake- und Affiliate-Portale - Geschäfte im Namen des Verbraucherschutzes

Fake- und Affiliate-Portale - Geschäfte im Namen des Verbraucherschutzes

 02.04.2019  Gastbeiträge  0 Kommentare  Heike van Laak

Testsieger, die nie getestet wurden und Top-Produkte, die einfach nur Schrott sind: Wer im Internet nach Tests sucht, landet immer häufiger bei Lügnern, Tricksern und unseriösen Plagiaten. Wie ein Virus breiten sich Fake- und Affiliate-Portale im Netz aus – mit freundlicher Unterstützung von Amazon und Google.

© Stan Skor / Pixabay

Affiliate-Portale leben vor allem von Provisionen von Online-Shops und ihre Zahl steigt rasant. Nutzer können oft nicht erkennen, ob die Portalbetreiber tatsächlich Tests durchgeführt haben oder nach welchen Kriterien bestimmte Produkte empfohlen werden. Häufig wird auch einfach woanders abgeschrieben.

Besonders dreist

Besonders dreist sind Fake-Test-Seiten, die auf erfundene Tests der Stiftung Warentest hinweisen. So finden sich z.B. unter eburg.de, einem „Institut für unabhängige Produktanalysen“, unzählige Testsieger der Stiftung Warentest, etwa von Petroleumlampen, Zimmerbrunnen oder Zweimannzelten. Getestet hat die Stiftung Warentest diese Produkte nie. Doch für das Portal lohnt sich die Lüge: Die angeblich gut bewerteten Produkte kann man mit einem Klick bei Amazon bestellen, die Kasse klingelt dann nicht nur beim Onlineversender, sondern auch bei den Betreibern von eburg.de, die, je nach Produktkategorie, eine Provision zwischen einem und 12 Prozent des Kaufpreises einstreichen können.

Zahllose Fake-Portale geistern im Netz 

Das gleiche Spiel gibt es bei cookie-chef.de oder netzwelt.de: Produkte, die nie getestet wurden, wurden als „Testsieger der Stiftung Warentest“ vorgestellt, der dazugestellte Link auf Amazon war gelb unterlegt, damit er sofort ins Auge springt. Dreist auch die Seite kombi-kinderwagen.de: Ein Kinderwagen, der bei der Stiftung Warentest als Chemiecocktail bezeichnet wurde und mit dem Testurteil mangelhaft abschnitt, wurde bei der Kinderwagenwebseite wie folgt angepriesen: „Entspricht rund um den Empfehlungen von Stiftung Warentest und ist deshalb zu empfehlen“. Zahllose weitere Fake-Portale geistern im Netz herum und verdienen an der Gutgläubigkeit ihrer User.
Auch Mischformen kommen häufig vor. produkte-im-test.de zum Beispiel bezieht sich bei einzelnen Produkten auf Testergebnisse der Stiftung Warentest, verknüpft sie dann aber mit einer eigenen Kategorie („Bestseller“) und erweckt damit den Eindruck, auch diese würden von der Stiftung empfohlen.

Das gute Image der Stiftung Warentest wird auch von einer weiteren Kategorie von Webseite ausgenutzt, den „Schmarotzern“. Beispiel matratzen.info: Diese Seite nutzt tatsächliche Ergebnisse der Stiftung Warentest, stellt gut bewertete Produkte dar und verlinkt entweder auf Amazon oder andere Onlinehändler, bei denen eine Provision gezahlt wird. Selbst bekannte Medienmarken großer deutscher Verlage springen inzwischen auf den Zug auf, trimmen ihre Texte für Google und nutzen Stiftungsergebnisse, um mit den dazugestellten Affiliate-Links auf Amazon Geld zu verdienen.

Für die Stiftung Warentest sind solche Webseiten ein Problem. Google ist nicht sehr gut beim Erkennen von Plagiaten und platziert die Seiten oft vor dem Original. Es kann aber nicht sein, dass aufwändige und teure Tests dazu genutzt werden, dass andere damit Kasse machen. Die Stiftung Warentest lässt daher rechtlich prüfen, was gegen das systematische Ausschlachten von Testergebnissen unternommen werden kann.

Schaden für die Verbraucher

Noch größer ist der Schaden für den Verbraucher: Er kann sich nicht mehr auf das verlassen, was er im Netz findet. Und auch der kritische Journalismus geht den Bach runter, wenn Journalisten zu Verkäufern werden. Schlechte Produkte werden erst gar nicht genannt, weil man mit ihnen nichts verdienen kann. Auch Testsieger, die man nicht bei Amazon kaufen kann, fallen oft unter den Tisch. Das ist Verbrauchertäuschung.

Das lukrative Affiliate-Geschäft beschränkt sich aber nicht nur auf tatsächliche und vermeintliche Testergebnisse der Stiftung Warentest. Seiten wie vergleich.org täuschen eigene Tests vor und empfehlen den Nutzern vermeintlich gute Produkte. Dabei wird weder dargelegt, ob die empfohlenen Testsieger überhaupt geprüft, noch nach welchen Kriterien sie bewertet wurden.

Hinterfragt werden müssen auch die Empfehlungen von Finanztip.de. Das gemeinnützige Portal erläutert zwar, wie es sein Geld verdient, nämlich mit Affiliate-Links zu empfohlenen Finanzprodukten oder auf check24.de, verivox.de und andere. Wie diese Empfehlungen allerdings zustande kommen, erfährt der Leser ebenso wenig wie eine Erklärung dafür, warum auffallend viele Produkte genannt werden, an denen Finanztip über die Links verdient. „Diesen Empfehlungen können Sie vertrauen“, heißt es auf der Webseite. Wodurch das Vertrauen gerechtfertigt ist, findet sich dort allerdings nicht.

Die Stiftung Warentest und andere Verbraucherschützer müssen noch deutlicher machen, dass es unabhängige, nach wissenschaftlichen Methoden ermittelte Testergebnisse nicht zum Nulltarif geben kann. User, die im Netz nach Tests recherchieren, sollten noch misstrauischer werden. Und Amazon und Google müssen sich gut überlegen, ob sie Fakeseiten und unseriöse Affiliate-Seiten weiter mit Provisionen und prominenter Platzierung fördern wollen.


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