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Gastbeiträge

Wo bleibt die Rente in einer neuen Regierung? SPD sollte die Solidarrente zur Bedingung machen

Wo bleibt die Rente in einer neuen Regierung? SPD sollte die Solidarrente zur Bedingung machen

 13.12.2017  Gastbeiträge  0 Kommentare  Holger Balodis

Egal ob es zu einer GroKo, KoKo oder Minderheitsregierung kommt – man hört verdächtig wenig über die Rente. 

© OpenClipart-Vectors / Pixabay

SPD-Forderungen zur Bürgerversicherung bestimmen die Debatte. Doch einem möglichen Ende der PKV als Vollversicherung werden die Unionsparteien keinesfalls zustimmen. Viel näher läge es da, ein Thema zur Bedingung zu machen, das bereits längst vereinbart war: Die Solidarrente. Richtig ausgestaltet, wäre sie eine Chance, Millionen Geringverdienern die Angst vor der Altersarmut zu nehmen.

Die SPD wird nun also wahrscheinlich „ergebnisoffene Verhandlungen“ mit der Union führen. Zuvor hatte sie ihren Anhängern eine grundlegende Erneuerung versprochen, aber auf dem jüngsten Parteitag keinen klaren Fingerzeig geliefert, was das inhaltlich bedeuten soll. Dabei liegt die Sache in der Sozialpolitik eigentlich glasklar auf der Hand. Neben den Hartz-Gesetzen sind es die rot-grünen Rentenreformen, die ehemalige SPD-Wähler noch bis heute nachdrücklich verärgern. Im Klartext: Nur wenn die SPD deutlich bessere Renten fordert und auch durchsetzt, wird sie wieder sozialdemokratisches Profil zurückgewinnen. Das haben die Mitglieder an der viel zitierten Basis längst begriffen. Etwas weiter oben tut man gelegentlich so, als habe man verstanden. So hat der nordrhein-westfälische Landesverband der SPD verlangt, bessere Renten zur Bedingung einer Regierungsbeteiligung zu machen. Konkret: das Rentenniveau solle zunächst stabilisiert und dann „perspektivisch“ wieder auf 50 Prozent erhöht werden. Was oberflächlich gut klingt, erweist sich bei näherer Betrachtung als vollkommen ungenügend. Das Rentenniveau, so sagen es derzeit alle Prognosen, bleibt aufgrund der guten Beschäftigungslage bis zum Jahr 2022 ohnehin stabil bei rund 48 Prozent. Eine vorläufige Stabilisierung kostet die CDU also nur ein müdes Lächeln. Gegen eine spätere Erhöhung auf 50 Prozent gäbe es allerdings Widerstände. Und dennoch wären die Rentner vermutlich bitter enttäuscht, wenn sie die Früchte einer solchen Verbesserung in Augenschein nähmen: Die sogenannte Standardrente (= Rente nach 45 Versicherungsjahren mit Durchschnittsverdienst) stiege ausgedrückt in Werten von heute von monatlich 1.396 Euro auf 1.454 Euro, brutto wohlgemerkt. Was wir hingegen perspektivisch wirklich brauchen sind deutlich stärkere Verbesserungen. Die Renten wurden seit der deutschen Wiedervereinigung durch diverse Maßnahmen um mindestens ein Drittel entwertet. Wollte man das wieder ausgleichen, so müsste die Standardrente auf mindestens 1.890 Euro angehoben werden. Vergleiche mit europäischen Nachbarländern zeigen: Das ist möglich und finanzierbar.

Wir erzeugen mittel- und langfristig massenhaft Altersarmut

Dennoch fordert das derzeit erstaunlicherweise keine einzige der im Parlament vertretenen Parteien. Die Folge: Wir erzeugen mittel- und langfristig massenhaft Altersarmut. Hart kritisiert wurde das erst vor wenigen Tagen im jüngsten Rentenbericht der OECD. Von den 35 Mitgliedstaaten liegt das deutsche Versorgungsniveau auf Platz 30. Auf dem letzten Platz liegt Deutschland gar bei der Lücke zwischen Männer und Frauenrenten. Auch bei der Versorgung von Geringverdienern liegen wir ganz weit hinten. Besonders kritisiert wird von der OECD die Privilegierung der Beamten. Die Reaktion unter den politisch Verantwortlichen: Fehlanzeige. Das überrascht dann doch in Zeiten, da neoliberale Leitartikler immer wieder verkünden, in einer alternden Gesellschaft lebten wir schon in einer Art Rentnerdiktatur. These: Die Politik verteile ständig Geschenke an die Alten – zu Lasten der Jungen. Davon ist leider nichts, aber auch gar nichts zu sehen. Siehe OECD-Analyse.
Dabei wäre zumindest aus Sicht der Sozialdemokraten ganz schnell eine klare Reaktion denkbar: Die Solidarrente sollte sofort zur Bedingung einer möglichen Koalition mit der Union gemacht werden. Die Solidarrente war schon im Koalitionsvertrag der alten GroKo vereinbart. Richtig umgesetzt (ohne entwürdigende Bedürftigkeitsprüfung wie beim Bezug von Grundsicherungsleistungen) könnte sie allen langjährig Beschäftigten eine Rente oberhalb des Grundsicherungsniveaus bringen. Nun sollte das, was vor vier Jahren schon versprochen war, endlich umgesetzt werden. Vorher sollte die SPD keinen Gedanken an eine neue Regierungsbeteiligung verschwenden. Später bliebe dann noch genug Zeit, auch die Renten für Normal- und Besserverdiener auf ein erträgliches Niveau zu bringen. Wer Vorbilder sucht, der schaue nach Österreich oder noch besser nach Luxemburg.

 


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