Menu
Kleinleins Klartext

6 Millionen mehr Steuereinnahmen - und das kostet die Versicherten nur 150 Millionen!

6 Millionen mehr Steuereinnahmen - und das kostet die Versicherten nur 150 Millionen!

 01.10.2020  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

„Betreff: Verheiratungsüberprüfung

Sehr geehrter Herr K.,

bitte prüfen Sie, ob Sie noch immer mit Frau/Herrn M. verheiratet sind.

Ist dies nicht der Fall, so teilen Sie uns dies umgehend mit, damit wir zukünftig 19 Prozent mehr Prämie bei Ihnen einziehen können.

MfG, Ihr Versicherer“

…so oder so ähnlich kann zukünftig die monatliche Nachfrage Ihres Versicherers klingen. Hintergrund ist ein neues Gesetz, das schon kurz vor Abschluss steht. Klingt nach Unfug. Ist es auch. Aber es wird vermutlich trotzdem so kommen.

Es geht um die Versicherungssteuer

Worum es geht? Es geht um die Versicherungssteuer. Die beträgt nämlich eigentlich 19 Prozent. Aber es gibt Ausnahmen. Wenn Feuer mitversichert ist, dann gilt meist ein etwas geringerer Steuersatz. Und bei vielen Personenversicherungen gibt es sogar Steuerbefreiung. Dieser Null-Prozent-Steuersatz betrifft zum Beispiel auch die Berufsunfähigkeitsversicherung, aber auch Kranken- und Pflegeversicherungsverträge – also alles langlaufende Verträge, die über viele Jahrzehnte, gar lebenslang geführt werden.

Diese Steuerbefreiung kann man sozialpolitisch gut argumentieren. Schließlich soll der Staat nicht daran verdienen, wenn jemand pflicht- und risikobewusst seine eigene Arbeitskraft und Krankheitskosten privat absichert und dann im Fall der Fälle der Gemeinschaft nicht auf der Tasche liegt. Dann profitieren wir schließlich alle von der privaten Vorsorge der einzelnen Versicherten.

Konstellationen

Es gibt aber auch Konstellationen, da ist das gar nicht mehr so sozial, wie ein solcher BU-Vertrag gestrickt ist: Wenn zum Beispiel ein Fußballverein für einen hoch dotierten Spieler eine solche Absicherung kauft, sodass dann bei „Fußballspielunfähigkeit“ viel Geld an den Verein gezahlt wird. Dann geht es nämlich nicht mehr darum den einzelnen Spieler so zu unterstützen, damit dieser nicht auf Sozialleistungen zurückgreifen muss. Die bekäme er nämlich trotzdem nicht, weil er sowieso gut genug finanziert ist. Bei einem solchen Versicherungsvertrag geht es letztlich nur darum, wirtschaftlichen Schaden vom Verein abzuwenden.

Ähnliche Konstellationen gibt es dann auch bei Managern. Ein Unternehmen kann zum Beispiel einen solchen Versicherungsvertrag abschließen, um gegen den wirtschaftlichen Ausfall seiner Führungskraft abgesichert zu sein. Hier geht es darum, wirtschaftlichen Schaden vom Unternehmen abzusichern.

Derartige Absicherungen – im Fachjargon Sportinvaliditätsversicherungen oder Schlüsselkraftversicherungen genannt – sind derzeit aber noch immer steuerbefreit. Streicht der Gesetzgeber dieses Privileg, dann könnten geschätzt so etwa 6 Millionen an zusätzlichen Steuern erhoben werden. Und die moralische Keule dagegen zu schwingen könnte auch kaum jemand. Denn hier ist das Steuerfreiheitsprivileg nicht mehr sozialpolitisch begründbar. So sehe zum Beispiel ich das und so einige Mitglieder des Deutschen Bundestages auch.

Das wäre also alles schön und gut, wenn der vorliegende Gesetzesentwurf klar sagen würde, dass eben gerade derartige Verträge zukünftig keine Steuerfreiheit mehr genießen dürften. Aber das wäre ja den Ministerialen des Herrn Scholz zu einfach! Sie wollen nicht einfach ganz konkret benennen, dass derartige Sportinvaliditätsversicherungen oder Schlüsselkraftversicherungen ausgenommen werden sollen. Stattdessen wollen sie in juristischer Manier alles kompliziert umschreiben.

Der Trick

Und deshalb kam das Ministerium auf einen Trick: Diese Verträge haben ja alle gemeinsam, dass als Nutznießer immer jemand anderes als die versicherte Person oder deren Angehörige im Spiel sind. Das ist dann zum Beispiel der Fußballverein oder das Unternehmen, für das die versicherte Person arbeitet. Deswegen soll zukünftig eben nur dann die Steuerfreiheit gelten, wenn im Versicherungsfall das Geld an die betroffene Person selbst oder deren Angehörige (im Sinne der Abgabenverordnung) gezahlt wird.

Das klingt einfach, ist aber ziemlich Unfug. Denn das heißt ja, dass man immer, wenn die Versicherungsprämie zu zahlen ist, auch wissen muss, wer denn von einem solchen Vertrag begünstigt ist und in welchem Verhältnis diese Person zur versicherten Person steht. Und weil ja meist monatlich gezahlt wird, muss das jeden Monat aufs Neue geprüft werden!

Versicherungsunternehmen sammeln zwar ziemlich viel an Daten. Aber so tief wühlt selbst die Assekuranz nicht standardmäßig in den Kundendaten. Kommt also diese Neuregelung, dann müssten die Versicherer eine neue Bürokratie begründen, die sich nur darum kümmert, in welchem Angehörigenverhältnis die begünstigten Personen stehen. Und diese Bürokratie müsste jeden Monat erneut überprüfen, ob denn noch immer ein Angehörigenverhältnis zwischen der Versicherten Person und der begünstigten Person besteht.

Bürokratie

Solche Bürokratie ist teuer! Die Versicherer schätzen hier etwa 150 Millionen pro Jahr. Das klingt ziemlich plausibel. Es müssen ja jeden Monat derartige Briefe verschickt, die Antworten erfasst und bei Änderungen Prenotifications verschickt werden. Von der zusätzlichen IT-Investition und Pflege ganz zu schweigen. Und diese 150 Millionen zahlen natürlich weder die Finanzämter noch die Versicherungsunternehmen. Das müssen natürlich mal wieder die Versicherten berappen.

Deshalb zweifele ich sehr stark an der Rechenkunst des Olaf-Scholz-Ministeriums. Wenn es zwar 6 Millionen zusätzliche Steuereinnahmen generiert, im Gegenzug dann aber die Versicherten 150 Millionen zahlen müssen, dann ist das Unfug. Schlimm, dass so ein Vorschlag dann auch noch aus dem Ministerium kommt, das eigentlich am allerbesten mit Geld rechnen können sollte….

PS: Richtig schwierig wird das neue Gesetz dann z. B. bei Ehescheidungen und einer privaten Krankenversicherung: Oft führt ja der unterhaltspflichtige Ehepartner nach der Scheidung den Vertrag des Ex-Partners (als versicherte Person) fort, um die Unterhaltsverpflichtungen zu erfüllen. Müsste dann der Versicherungsnehmer nach der Scheidung zusätzlich (lebenslang!) die Versicherungssteuer zahlen? Nach meiner Einschätzung müsste er es.

 

 

 

 

 


Eigenen Kommentar abgeben
Name (Sie dürfen auch ein Pseudonym angeben)
E-Mail* (wird nicht veröffentlicht)
Ihr Kommentar*
 

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.

Mit Absenden eines Kommentars erklären Sie sich mit den rechtlichen Hinweisen und den Kommentarrichtlinien einverstanden.