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Kleinleins Klartext

Assekuranz übernimmt das Kopfkissen als Blaupause für die Altersvorsorge - Versicherungslobby lernt vom Verbraucherschutz

Assekuranz übernimmt das Kopfkissen als Blaupause für die Altersvorsorge - Versicherungslobby lernt vom Verbraucherschutz

 15.08.2019  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

15.8.2019: Acht Jahre nach einem mutigen Vorstoß von Wissenschaftlerin Kornelia Hagen vom DIW und Verbraucherschützer Axel Kleinlein vom Bund der Versicherten e. V. (BdV) will die Versicherungswirtschaft deren Ideen zur Kapitalanlage in der Altersvorsorge übernehmen. Damals empfahlen Hagen und Kleinlein, mit Blick auf die desolaten Riester-Produkte, das Kopfkissen als Kapitalanlage zu nutzen. Nun will nach Aussagen von Klaus Wiener, Chefökonom des Lobbyverbands der Versicherer, des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft (GDV), die Branche dieses Konzept prüfen. Dabei soll statt Kopfkissen aber auf Tresore gesetzt werden. „Je niedriger die Zinsen, desto attraktiver wird der Tresor“, so Wiener. „Wir sind froh, wenn die Versicherungswirtschaft vom Verbraucherschutz lernt“, kommentiert Kleinlein, Vorstandssprecher des BdV, diesen Vorstoß. „Besser spät als nie - die Versicherungswirtschaft agiert ja stets recht langsam und behäbig.“ Hagen und Kleinlein erklärten, darauf zu verzichten, ein Copyright auf die Idee der Kopfkissen-Anlage geltend zu machen.

In einem Nebenaspekt weicht die Idee der Assekuranz von dem Ursprungsmodell der Verbraucherschützer ab. „Wir empfahlen bewusst das Kopfkissen. Wenn die Versicherungswirtschaft jetzt Tresore nutzen will, so werden die Kosten der Geldanlage wieder künstlich in die Höhe getrieben“, so Kleinlein. Die Kosten eines handelsüblichen Wertschutzschrankes belaufen sich auf einen höheren dreistelligen Betrag, die für ein Kopfkissen jedoch nur auf wenige Euro. Kauft man Kopfkissen im Großhandel, so sinken die Kosten zusätzlich. Für Kleinlein eine Bestätigung früherer Beobachtungen. „Auch in der jetzigen Krisenzeit kann sich die Versicherungswirtschaft nicht davon verabschieden, die Nebenkosten besonders in die Höhe zu treiben“, und ergänzt: „Die Assekuranz erfreut sich anscheinend daran, immer besonders teuer sein zu wollen.“

Sicherheitsunterschiede zwischen Kopfkissen und Tresor

Angesprochen auf die Unterschiede der Sicherheitsniveaus von Kopfkissen und Tresor hat Kleinlein auch eine Lösung parat. „Die vermeintliche Sicherheit der Tresore könne durch einen geeigneten Versicherungsschutz über die Hausratversicherung ausgeglichen werden.“ Zwar müssten dann die zu lagernden Geldmengen auf mehrere Kopfkissen in unterschiedlichen Wohnungen verteilt werden. „Angesichts der hohen Zahl von Versicherungsmitarbeiterinnen und Versicherungsmitarbeitern, zum Beispiel im Außendienst, sollte es ein Leichtes sein, die Geldmengen geschickt zu verteilen.“ Würde man etwa jedem der 300.000 bei Versicherungsunternehmen Erwerbstätigen jeweils 3.000 Euro zur Aufbewahrung im Kopfkissen übergeben, so wären bereits „über Nacht“ knapp eine Milliarde Euro platziert.

Auffällig ist der große Zeitraum, den es gedauert hat, bis sich die Versicherungswirtschaft mit den Ideen der Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer anfreundete. Für Kleinlein jedoch keine Überraschung: „Der Lernprozess dauert in der Versicherungswirtschaft immer sehr lange an.“ Das kenne er bereits aus der Digitalisierung, bei der manche Versicherer mittlerweile erst den technischen Stand der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts erreicht haben. „Vermutlich haben sich die gleichen Vorstände, die für Digitalisierung zuständig sind, mit der Frage nach dem Kopfkissen beschäftigt. Dann dauert das eben“, vermutet Kleinlein. „Innovationsdynamik ist der Versicherungswirtschaft ja eher fremd“, ergänzt er.

Kleinlein weiterhin optimistisch

Die Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer werden auch weiterhin konstruktiv die Versicherungsdebatte begleiten. „Egal ob Provisionsdeckel, neuartige Altersvorsorgeformen oder Neuorganisation des Vertriebs – wir haben Lösungen“, erklärt Kleinlein. Der Versicherungsmathematiker zeigt sich weiterhin als unbeirrter Optimist: „Der Tresor-Vorstoß der Assekuranz gibt mir Hoffnung, dass wir schon in zehn Jahren auch bei den anderen drängenden Fragen sehen werden, dass die Versicherer unsere Lösungen kopieren.“

Hintergründe:

https://be.invalue.de/d/publikationen/vwheute/2019/08/13/wiener-versicherer-werden-geld-in-tresore-legen.html

https://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/versicherungsverband-ueber-niedrigzinsen-es-wird-attraktiver-geld-in-den-tresor-zu-legen/24889400-4.html

Achtung: Dies ist ein Beitrag im Rahmen des BdV-Blogs als Kleinleins-Klartext und ist keine offizielle Pressemitteilung des BdV.