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Es ist überraschend, wie sich manche politische Gruppe innerhalb kürzester Zeit stark in ihrem politischen Handeln umorientiert. Das müssen zum Beispiel Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer oder auch eine Anwärterin auf ein hohes Amt derzeit schmerzlich erleben.
So gab es bis vor kurzem noch verhaltene Unterstützung aus einer bestimmten politischen Ecke, wenn es um einen Provisionsdeckel für die kapitalbildende Lebensversicherung ging. Vor einem Jahr kam von der zukünftigen Verbraucherschutzministerin eine klare Aussage, dass die Provisionen gesenkt werden müssten. Auch für die federführende Abgeordnete bestand zumindest noch letzten Herbst ein Handlungsbedarf. Ein Parteikollege, und der gilt als Vizekanzler sogar als Schwergewicht in der Regierung, ließ schließlich sogar einen Gesetzesentwurf ausarbeiten.
Jetzt hat sich herausgestellt, dass anscheinend eine ganz andere Gruppe die Positionsfindung in dieser Partei bestimmt. Immer wieder wird derzeit das „Wirtschaftsforum“ genannt, wenn es darum geht, die Stimmungslage unter den Genossinnen und Genossen zu beschreiben. Und das hat sich in persona ihres Schatzmeisters deutlich zu Wort gemeldet. Natürlich gegen einen Provisionsdeckel.
Warum sich das Wirtschaftsforum so klar gegen einen Provisionsdeckel ausspricht?
Das hat erst mal natürlich nichts damit zu tun, dass eben jener Schatzmeister bis vor kurzem Ergo-Vertriebsvorstand war. Zur Erinnerung: Es war ja eine Vorgängerorganisation des Ergo-Vertriebs, die vor etwa 12 Jahren in Budapest mit einer Affäre rund um Incentives für Vermittler (ja, ausdrücklich nur die männliche Form) Geschichte geschrieben hat. Und genau diese Schmuddel-Geschichte (deswegen nur die männliche Form) war ja Ausgangspunkt für viele intensive Kritik an der Vermittlervergütung.
Nein, eben jener Schatzmeister erklärt sehr deutlich, dass es einige Mitglieder des Wirtschaftsforums gibt, die sich aus der Finanz- und Versicherungsbranche rekrutieren. Deshalb gäbe es dann auch einen engen Austausch mit dem Bundesfinanzministerium und anderen Ressorts. Die Position des Wirtschaftsforums ist dabei sehr deutlich: Der Provisionsdeckel wird abgelehnt.
Anders ausgedrückt: Die Versicherungsbranche ist gut im Wirtschaftsforum der SPD verankert und nutzt dies für ihre eigenen politischen Ziele.
Vor einem Jahr hatten wir leise, leise Hoffnung, dass die SPD womöglich ein wenig Sympathien für einen Provisionsdeckel hat. Heute ist klar, dass der kleine Koalitionspartner als verlängerter Arm der Versicherungswirtschaft im Deutschen Bundestag und der Bundesregierung mitwirkt.
Eigentlich wollten wir ja auch dieses Jahr bei unserer Wissenschaftstagung mit genau dieser Partei über den Provisionsdeckel diskutieren. Mit einigen anderen Politikerinnen und Politikern haben wir das auch getan. Herr Brodesser vom großen Partner in der Koalition stellte sich der Diskussion und machte keinen Hehl aus seiner Ablehnung des Provisionsdeckels. Chapeau, dass er sich dem geballten Widerstand der anwesenden Verbraucherschützerinnen und Verbraucherschützer und der Oppositionsvertreterinnen und -vertreter stellte.
Die SPD blieb dagegen der Diskussion fern. Ersatzlos. Schade. Die Diskussion wäre spannender geworden.
Dank der klaren Worte des Schatzmeisters des Wirtschaftsforums werden nun aber immerhin deren inhaltliche Positionen deutlich. Keine, die mir gefallen, klar. Aber immerhin weiß ich nun, woran wir sind, wenn es darum geht für einen Provisionsdeckel zu kämpfen. Die SPD steht offensichtlich auf Seiten der Versicherungswirtschaft.
Es ist schade, wenn man eigentlich in ein paar politischen Akteurinnen und Akteuren ein paar Unterstützerinnen bzw. Unterstützer vermutet, die sich dann aber als Gegner herausstellen. Frau von der Leyen musste das gestern auch erleben. Aber bei ihr ging es noch gut. Trotz der Verweigerung der SPD-Abgeordneten wurde sie zur Kommissionspräsidentin gewählt. Vielleicht klappt‘s ja trotz versicherungshöriger Politiker am Schluss dann doch noch mit dem Provisionsdeckel.