Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
Sie haben eine Frage oder Anregungen zum BdV-Blog? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!
Die Allianz fühlt sich voll gestresst. Und zwar von der europäischen Aufsichtsbehörde EIOPA. Die macht nämlich einen Stresstest und stresst da aus dem Vollen.
Da möchte die EIOPA wissen, wie es den Lebensversicherern denn in einem echten Stressszenario ergehen würde. Und damit das auch so richtig stressig wird, soll eben auch untersucht werden, wie es denn bei niedrigen Zinsen laufen würde.
Ich finde es sinnvoll, wenn eine so wichtige Aufsichtsbehörde wissen will, wie es in solchen Stressszenarien ausschaut. Gerade die Aufseher rund um den Portugiesen Bernardino stehen schließlich als erstes im Kreuzfeuer der Kritik, wenn der Versicherungssektor die Grätsche machen würde. Und um sich schon mal darauf vorzubereiten, wenn es im Markt so richtig stressig wird, dafür gibt es dann den Stresstest. Da kann dann Herr Bernardino erkennen, welche Unternehmen und welche Konzerne eher wackelig aufgestellt sind.
Damit ein Stresstest eine echte Aussagekraft hat, müssen die Annahmen zum Stressszenario auch eher anspruchsvoll gewählt werden. Es muss schon eine herausfordernde Marktsituation sein, die die Lebensversicherer da durchspielen sollen. Wäre es nicht herausfordernd und schwierig, sondern nur Alltagsgeschäft und langweilig, dann wäre es ja kein Stresstest (sagt ja schon der Name).
Zugegeben, das gegenwärtige Alltagsgeschäft ist schon eine echte Herausforderung für die Versicherer und die Kunden. Die niedrigen Zinsen machen es schwer. 10-Jahresanleihen bei unter null Prozent machen es den Kapitalanlegern nicht einfach. Und ein Höchstrechnungszins von nur noch 0,9 Prozent ab nächstem Jahr ist auch ziemlich herausfordernd für die Produktentwickler in den Lebensversicherungsunternehmen.
Deshalb finde ich es nachvollziehbar, dass das Thema „Niedrigzins“ auch beim Stresstest deutliche Beachtung finden muss. Das sehen Herr Bernardino und seine EIOPA genauso. Und deshalb sollen die Lebensversicherer auch erklären, wie es denn bei ihnen laufen würde, wenn das Zinsniveau auf sehr lange Sicht so richtig niedrig sein würde. Das wirkt sich natürlich besonders auf langlaufende Verträge wie etwa Rentenversicherungsverträge aus. Deshalb muss ein Zins gewählt werden, der auch diese langlaufenden Verpflichtungen abbildet, die sogenannten „ultimate forward rates“.
Und wie schaut dieser Stress-Zins aus, mit dem die EIOPA die Lebensversicherer richtig stressen will? Ein negativer Zins, wie bei den derzeitigen Bundespapieren? Nein, höher! So um die 1 Prozent wie der zukünftige Höchstrechnungszins? Nein, höher! Bernardino hat als „Niedrig-Zins-Stress“ einen Wert von 2 Prozent angesetzt.
Finden Sie ein Zinsniveau von zwei Prozent jetzt sehr niedrig? Für einen sicheren risikofreien Zins? Ich eigentlich nicht. Derzeit muss man solche Zinsen mit recht hohem Risiko einkaufen. Aber die Allianz sieht das anders. 4,2 Prozent ist der Niedrigzins, der angemessen wäre – nach Ansicht des Branchenprimus.
Da reibt man sich die Augen: 4,2 Prozent als „Stress-Zins“? In welcher Kapitalanlagewelt ist das denn ein Stress? Ich bin mir sicher, auch bei der Allianz wären die Kapitalanleger glücklich, einen risikofreien Zins von 4,2 Prozent auf Dauer sicher erzielen zu können! Wahrscheinlich wäre man sogar mit 2 Prozent derzeit nicht wirklich unglücklich.
Wovor die Allianz oder die anderen Lebensversicherer Angst haben? Dass über einen solchen Stresstest die Schwächen der Lebensversicherer noch deutlicher werden. Das Problem ist nämlich nicht nur der niedrige Zins, sondern viel mehr überteuerte, schlecht kalkulierte und oftmals sinnlose Produkte – „legaler Betrug“ eben. Da möchte man lieber mit den Zahlen im Test so spielen, dass es noch hübsch ausschaut – aber bitte keinen Stress!
PS: Die Versicherten würden noch mehr jubeln, wenn sie als laufende Gesamtverzinsung immer 4,2 Prozent bekommen würden. Aber für die Versicherten interessiert sich keiner, wenn es um den Stresstest geht.
Hallo Herr D´Agnelli,
die Überprüfung des Auszahlungsbetrages werden Sie selber nicht vornehmen können. Ein Versicherungsmathematiker, von Ihnen beauftragt und bezahlt, wird dies sicherlich können. Dazu müsste ihm die Versicherungsgesellschaft jedoch Einblick in die Berechnungsgrundlagen geben - dies geschieht meistens nicht. Helfen kann dann evtl. letztendlich noch die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFIN). Versuchen Sie es dort einmal.
Viele Grüße
Ihr BdV-Team