Es ist etwas ruhiger geworden rund um die Pläne und Überlegungen diverser Versicherer, die sich von ihren Kunden trennen wollen. Eigentlich hatte ich das schon fast vergessen. Fast.

Beim Lesen eines großen Sportmagazins bin ich dieser Tage dann aber doch wieder auf das Thema aufmerksam geworden. Da macht eine große Versicherung Werbung als offizieller Partner des DFB-Pokals.

Ganz im Sinne der ehrenhaften, sportlichen Werte werden die großen Ideale formuliert, die auch die Jungs beim DFB-Pokal antreiben sollen: „Chancen nutzen! Mutig sein! Niemals aufgeben!“ In den Farben der Düsseldorfer Fortuna (da wo das Unternehmen auch ansässig ist), rot-weiß, prangt die Werbung in dem Magazin und unterstreicht die Berichterstattung zum DFB-Pokal. Es wird der Eindruck erweckt, dass das auch genau die Ziele sind, an denen sich dieser Versicherer orientieren will.

Aber stimmt das denn? Besonders für die Lebensversicherer dieses Konzerns?

Chancen nutzen?

Im Sport heißt „Chancen nutzen“, dass man sich reinhängt, das Beste aus der Mannschaft rausholt, eine gute Präsenz auf dem Spielfeld zeigt und Torchancen verwandelt. Falls es mal nicht so gut läuft, dann sollte die Mannschaft wenigstens mit Schweiß und Engagement zeigen, dass sie kämpft. Das heißt auch, dass man als Mannschaft zusammen steht. Das man den Willen hat zu kämpfen.

Der Versicherer hat sich stattdessen für eine ganz andere Strategie entschieden. In Trippelschritten stiehlt er sich vom Spielfeld. Erst gibt er damit auf, bei seinen Hauptunternehmen neue Produkte zu verkaufen. Jetzt will er sich einfach von deren Kunden trennen. Vielleicht sogar noch einen Schnitt machen, wenn die Verträge an einen Investor verkauft werden. Mit „Chancen nutzen“ im sportlichen Sinn hat das nichts zu tun.

Mutig?

Gerade im DFB-Pokal kann eine Mannschaft echt zeigen, dass sie „mutig“ ist. Zum Beispiel, wenn sich eine vermeintlich schwächere Mannschaft unbeeindruckt von den Wettquoten selbstbewusst dem stärkeren Gegner stellt und unkonventionell ins Derby geht (bei den Düsseldorfern ging es ja gestern gerade ums Lokalderby gegen Gladbach, sie haben knapp verloren, aber erhobenen Hauptes). „Mutig“ heißt eben, eigenes Risiko einzugehen.

Was macht aber dieser Versicherer? Von „Mut“ keine Spur. Im Gegenteil. Verträge, bei denen das Unternehmen noch irgendwie ein echtes, nennenswertes Risiko trägt, sollen an einen Investor wegverkauft werden. Zukünftig sollen im Konzern zwar noch irgendwie Lebensversicherungen vertrieben werden. Diese haben in Sachen Risiko dann aber deutlich weniger zu bieten. Die Kunden tragen dann zum Beispiel so etwas wie das Kapitalanlagerisiko hauptsächlich selbst. Der Versicherer hält sich gepflegt raus. „Mutig“ ist das von ihm nicht.

Niemals aufgeben?

Erst gibt das Unternehmen alte und gute Markennamen auf. Dann gibt es Neugeschäft auf. Und jetzt soll womöglich auch die Abwicklung der Altverträge aufgegeben werden. Wenn jemand aufgegeben hat, dann wohl dieses Unternehmen! Und jetzt geht das Unternehmen her und wirbt mit dem Slogan „Niemals aufgeben“? Ein Hohn für die betroffenen Kunden.

Wenn ein Unternehmen zumindest in seinem Kernbereich der Lebensversicherung so deutlich aufgegeben hat, dann sollte es das Geld für solche Werbung sparen und sich um diejenigen kümmern, die unter dem „Aufgeben“ leiden Dieses Unternehmen hat doch nichts mehr zu verschenken! Die Reputation ist diesem Unternehmen anscheinend auch nicht mehr so wichtig. Warum also noch die Werbung?

PS: Anders als man es erst mal meinen könnte, gibt mit Harald Christ aber nicht auch noch ein profilierter Vorstand auf. Zwar schmeißt er als einer der Vorstände hin, um sich stärker der SPD zu widmen. Er bleibt aber als Aufsichtsrat weiter dem Versicherer erhalten. So richtig aufgeben will er zumindest also nicht und hält die Connection zwischen der Ergo und der Sozialdemokratie aufrecht.

Zum Spiel der Fortuna:
http://www.kicker.de/news/fussball/dfbpokal/spielrunde/dfb-pokal/2017-18/2/4162951/spielbericht_fortuna-duesseldorf-13_borussia-mgladbach-15.html

Zum Verkauf der Lebensversicherungsverträge:
http://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/lebensversicherung-sechs-millionen-lebensversicherungen-koennten-den-besitzer-wechseln-1.3683609

Zur Personalie Harald Christ:
http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/spd-mann-harald-christ-verlaesst-ergo-versicherung-a-1174329.html