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Kleinleins Klartext

Der garantierte Verlust in der Lebensversicherung – mit ein wenig Polemik

Der garantierte Verlust in der Lebensversicherung – mit ein wenig Polemik

 05.02.2020  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Im Moment ist es auf Twitter en vogue, mir Polemik vorzuwerfen. Ich weiß nicht, ob es damit zusammenhängt, dass meine Argumente ganz gut sind und meine Kritiker nichts dagegenhalten können. Es ist aber auffällig, dass mir gerade dann Polemik vorgeworfen wird, wenn es um die garantierten Verluste geht, die der GDV für die Riester-Rente fordert.

Worum geht es in der Sache? Bei Riester-Renten gibt es von jeher die gesetzliche Regelung, dass zu Rentenbeginn mindestens so viel Kapital vorhanden sein muss wie in Form von Eigenbeiträgen und Zulagen eingezahlt wurde – das ist zwingende Voraussetzung für die Riester-Förderfähigkeit. Das nennt man den Kapitalerhalt. Und weil wirklich ALLES an eingegangenen Zahlungen zu Rentenbeginn auch vorliegen soll, ist es ein hundertprozentiger nominaler Kapitalerhalt.

Vom Coup mit dem Kapitalerhalt...

Als damals die Rieste-Rente eingeführt wurde, war diese Pflicht zum Kapitalerhalt ein Coup für die Versicherungswirtschaft. Denn diese Art von Garantie können andere Finanzdienstleister nur sehr schwer darstellen. Dieser Kapitalerhalt war deshalb (neben dem Verrentungszwang) nebenbei auch die Garantie dafür, dass die Versicherungswirtschaft einen ganz großen Teil des Riester-Geschäfts bekommen sollte.

Mittlerweile ist einiges an Zeit vergangen. Die Zinsen sind abgestürzt. Die Versicherer hatten keine Antworten darauf und haben immer wieder beim Gesetzgeber nach neuen Entlastungen gefragt und diese auch bekommen. Trotzdem schafft es die Versicherungsbranche in vielen Fällen nicht mehr zu garantieren, dass für einen Euro, der heute auf einen Riester-Vertrag eingezahlt wird– sei es als Beitrag oder Zulage – zu Rentenbeginn auch ein Euro vorliegt. Schuld daran sind die Kosten, die zu viel wegfressen. Und Schuld sind die geringen Zinsen, die die hohen Kosten nicht mehr ausgleichen. Deswegen haben ältere Personen mittlerweile große Probleme, überhaupt noch einen Riester-Vertrag zu bekommen.

Drei Parameter

Niedrige Zinsen gekoppelt mit zu hohen Kosten verhindern es oft, dass Versicherer heute einen Beitragserhalt darstellen können. Rein denklogisch gibt es drei Parameter, an denen die Versicherer drehen können, um dieses Problem in den Griff zu bekommen: Der Zins, die Kosten und der Beitragserhalt.

Am elegantesten wäre es, wenn sie eine höhere Garantieverzinsung erzielen würden. Das geht aber nicht. Denn der Kalkulationszins darf einen Maximalwert, den Höchstrechnungszins, nicht überschreiten. Und dieser Wert, aktuell 0,9 Prozent, soll ja noch weiter sinken.

Die zweite Lösung wäre, die Kosten zu senken. Bei den Verwaltungskosten haben die Unternehmen ja zugegebenermaßen schon von vornherein ein bisschen was gemacht. Bleiben also nur die Abschlusskosten, die man noch senken könnte. Das könnte man zum Beispiel mit einem Provisionsdeckel bewerkstelligen. Weil die Versicherer aber den Vermittlern immer weiter die hohen Provisionen zahlen wollen, trauen sie sich nicht, diese Kosten zu senken. Die Kosten müssen also auf einem hohen Niveau bleiben. Da gibt es aus Sicht der Unternehmen keinen Spielraum.

Den Beitragserhalt umdefinieren

Damit bleibt dann nur die dritte Lösung: Wenn man mit den Zinsen und den Kosten den Beitragserhalt nicht erreichen kann, dann muss man halt den Beitragserhalt umdefinieren! Klingt bescheuert, ist es auch, funktioniert aber (Sorry für die Polemik). Das ist eben nun das erklärte Ziel der Versicherungswirtschaft. Hieß es früher, dass man unbedingt einen Kapitalerhalt bräuchte, soll es jetzt auf einmal reichen, wenn man nur noch 80 Prozent des eingezahlten Kapitals garantiert bekommt.

Wenn Sie also zukünftig einen Riester-Vertrag abschließen und dann einen Euro einzahlen, dann sollen zu Rentenbeginn mindestens 80 Cent erwirtschaftet werden! Klingt bescheuert? Ist es auch (Noch mal sorry für die Polemik). Wenn sich die Kundinnen und Kunden nur auf diese 80-Prozent-Garantie verlassen, dann erfahren sie einen Verlust. Dann wären sie besser damit gefahren, wenn sie das Geld unters Kopfkissen gelegt hätte. Denn das Kopfkissen bringt zumindest keinen nominalen Verlust.

Überschüsse - in der Theorie

Klar, zu den Garantien könnten rein theoretisch noch Überschüsse dazu kommen. Da muss man aber feste dran glauben. Denn es gibt ja mittlerweile viele Tricks, um die Überschüsse runterzurechnen. Da werden Überschüsse abgezwackt, um die Zinszusatzreserve zu füllen (die gibt es, weil sich die Versicherer verkalkuliert haben). Da werden positive Überschussquellen mit negativen Zinsergebnissen verrechnet (die gibt es, weil sich die Versicherer bei den Zinsen verkalkuliert haben). Dann werden Überschüsse in der freien RfB geparkt, damit die Solvenz bedeckt werden kann (denn so spart man Eigenkapital, um zum Beispiel Aktionären höhere Dividenden zu zahlen). Dann werden Überschüsse gekürzt, weil ein sogenannter Sicherungsbedarf besteht (weil die Unternehmen sich verkalkuliert haben und das mit der Solvenz nicht richtig klappt).

...zum garantierten Verlust

Wer dann noch daran glaubt, dass es nennenswerte Überschüsse geben wird, der kann dann auch mit Freude in ein Produkt investieren, dessen Garantien nur auf einen Verlust hinauslaufen. Das ist aber eine Glaubensfrage. Mit finanzrationalen Entscheidungen hat das dann nichts mehr zu tun.

PS: Jetzt bin ich doch ein wenig polemisch geworden. Aber ich finde es auch polemisch, wenn jemand behauptet, geringere Garantien führen automatisch zu höheren Anlagechancen. Diese Anlagechancen hatten die Versicherer schon seit langem, haben sie aber nie wirklich genutzt. Da hilft es dann auch nicht, einen garantierten Verlust als Leitbild für die staatlich geförderte Altersvorsorge zu proklamieren (Ups, schon wieder Polemik).

PPS: Und passend zu dieser Kolumne initiiere ich dann heute eine Twitter-Umfrage, ob die 80-Prozent-Garantie eine tolle Sache ist. Mein Twitter-account ist a_kleinlein.

Übrigens bei der letzten Twitter-Umfrage hat sich eine Mehrheit von 78,8 Prozent (!) gegen einen Verrentungszwang in der Altersvorsorge ausgesprochen!


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