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Kleinleins Klartext

Deutsche Lebensversicherer – Unfähig für Europa

Deutsche Lebensversicherer – Unfähig für Europa

 23.03.2022  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Ein Plädoyer für Europa

Es sind anscheinend nur Lippenbekenntnisse, wenn sich die deutschen Lebensversicherer als besonders reif für Europa darstellen. Nur wenn es darum geht, sich geschäftspolitisch zu positionieren, dann geriert man sich gerne als Europäer. Schaut man sich aber die Produktpolitik an, so ist es nationales Klein-Klein und das Ausschöpfen nationaler Sonderregeln, wenn es um die Tarife geht. Geht es um Aktionärsinteressen, dann werden die Vorteile von Europa genutzt, wenn es um die Versicherten geht, dann wird Europa schlechtgemacht. Obgleich es aber die Versicherer selber sind, die schlechte Arbeit abliefern.

PEPP ist ein ambitioniertes Produkt

Dieser Tage sieht man dies ganz exemplarisch. Jetzt ist der Zeitpunkt, an dem mit PEPP die neue Form der europäischen Altersvorsorge an den Start geht. Ein ambitioniertes Projekt. Müssen doch die PEPP-Anbieter Basisprodukte anbieten, die einem bestimmten Mindeststandard an Transparenz, Kostenbegrenzung und Effizienz genügen. Aus Verbraucherschutzsicht sind hier die Hürden noch nicht einmal besonders hochgelegt – eine Kostenbelastung von 1 % des gebildeten Kapitals liegt Lichtjahre von günstigen ETFs entfernt. Dennoch versagen sogar hier die Angebote der deutschen Versicherer.

Niemand geringeres als die Aufsichtsbehörde BaFin hat jüngst in einer Untersuchung dargelegt, dass die Kostenbelastung bei den vergleichbaren Angeboten der hiesigen Versicherer viel zu hoch ist, als dass sie den europäischen Anforderungen genügen könnten. Die Lebensversicherer sind zu gierig, als dass sie einem vernünftigen europäischen Standard genügen könnten. Oder sind es die Vermittler, die die Hände zu weit aufhalten?

Nicht Brüssel macht die Tarife teuer

Aber anstatt zuzugeben, dass sie unfähig sind, akzeptable Tarife aufzulegen, schießen nun Teile der Branche gegen Brüssel - ganz nach der Devise: „Europa hat sich gefälligst an dem zu orientieren, was wir wollen“. Damit diskreditiert die Versicherungsbranche das europäische Projekt. Wer den „Fehlstart von PEPP“ Brüssel in die Schuhe schieben will, der verkennt die Verantwortung der Versicherer. Nicht Brüssel macht die Tarife teuer, das sind die Versicherer selber.

Europa fordert mit dem PEPP ein transparentes, halbwegs brauchbares Altersvorsorgeprodukt mit teilweise gedeckelten Kosten. Die deutsche Versicherungswirtschaft beherrscht aber nicht mal das und kann das nicht anbieten. Dann liegt aber der Fehler bei den Versicherern und nicht in Brüssel! Dann liegt der Fehler in den Vorstandsetagen und nicht bei den Vermittlern!

Der europäische Gedanke gilt auch für die Versicherten 

Viele Versicherer haben sich schon früh die unternehmerischen Vorteile gesichert, die Europa bietet. Eine Allianz hat sich zum Beispiel als einer der ersten Versicherer als „SE“, Societas Europaea, etabliert. Jetzt gilt es aber, den europäischen Gedanken auch für die Kundinnen und Kunden, für die Versicherten, umzusetzen.

Die Idee eines europäischen Altersvorsorgeprodukts ist darin begründet, grenzübergreifend vernünftige Lösungen für alle Bürgerinnen und Bürger umzusetzen. Das ist gut und richtig. Wer dann aber sagt, diese Idee wäre nicht umsetzbar, weil die Produkte zu teuer seien und gleichzeitig nicht bereit ist, an der Preisschraube zu drehen, der argumentiert nicht redlich. Und in diesem Fall argumentiert die Branche gegen Europa und redet einer fatalen Kleinstaatlichkeit das Wort.


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