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Kleinleins Klartext

Die Riester-Verräter - "Wer hat uns verraten?"

Die Riester-Verräter - "Wer hat uns verraten?"

 09.09.2015  Kleinleins Klartext  3 Kommentare  Axel Kleinlein

Das Riester-Konzept klappt nicht so richtig. Manche sagen es ist gescheitert. Andere sagen, man müsse es reformieren. Aber keiner sagt mit Inbrunst, dass das so richtig gut läuft.

Eigentlich hätte aber alles so richtig toll laufen müssen. Die Politik hatte sich ins Zeug gelegt, die Medien haben fast alle immer wieder aufs Neue ventiliert, dass jeder Bürger unbedingt zusätzlich vorsorgen sollte und die Versicherungswirtschaft hat mit stolzgeschwellter Brust verkündet, dass sie bereit ist, diese wichtige sozialpolitische Aufgabe zu übernehmen und die geeigneten Produkte anzubieten.

Heute sieht das anders aus. Aber was ging schief? Wer hat uns verraten?

Wer sich noch an linke Demonstrationen aus den 70ern, 80ern und 90ern erinnert, der kennt die Antwort auf die Frage im Schlaf. Es war damals ein echter Reflex: „Wer hat uns verraten? Die Sozialdemokraten…“ Aber in Sachen Riester-Rente stimmt das nicht, auch wenn Riester als sozialdemokratischer Minister dieses Rentenkonzept entwickelte.

Riester hat einen Fehler gemacht

Aber Riester hat einen Fehler gemacht. Er hat darauf vertraut, dass die Versicherer zu ihrem Wort stehen und auch immer geeignete Produkte anbieten werden.

Riester war ziemlich mutig, in diese Branche ein solches Vertrauen zu setzen. Denn er musste ja nicht nur darauf setzen, dass die Managergeneration des Jahres 2000 zu ihrem Wort steht. Er musste ebenso darauf bauen, dass auch die nachfolgenden Managergenerationen gleichermaßen die politischen Zusagen einhalten. Das war ziemlich blauäugig.

Aus der politischen Welt kennen wir das Problem sehr gut: Das was in dem einen Jahr im Parteiprogramm steht, ist nur wenige Jahre später überholt und hat keine Gültigkeit mehr. (Da sind wir wieder bei dem 80er-Jahre-Reflex mit der Antwort, wer uns denn verraten hätte). Und auch in der Wirtschaft ist das keine Überraschung, dass sich Produkte und Angebote bis hin zu Marken einfach über Nacht ändern können - entweder aus betriebswirtschaftlichen Gründen oder auch nur so, weil es eben nicht mehr modern ist.

Warum die Politiker vor 15 Jahren daran glaubten, dass das für die Versicherungswirtschaft nicht gelten sollte, ist mir ein Rätsel. Es ist mir vollkommen unverständlich, warum die Politiker damals glaubten, dass sich zwar alles ändern könnte, aber eben die Versicherer immer ganz, ganz lieb zur Riester-Rente stehen würden.

Auch die Versicherungsbranche bricht Versprechen

Aber leider zeigt die Wirklichkeit, dass auch die Versicherungsbranche nicht davor zurückschreckt, einst gegebene politische Versprechen zu brechen. Jüngstes Beispiel: Die Ergo. Hier sind jetzt Riester-Kunden zweitklassig. Nur wer mit viel Geld als Einmalbeitrag anklopft, der bekommt noch klassische Garantien, Riester-Kunden aber nicht. Dagegen war derzeit aber der damalige Victoria-Vorstand aus der Ergo immer vorn dabei die Riester-Rente zu pushen.

Auch bei anderen Unternehmen ist die Riester-Begeisterung gewichen. Es macht ja auch nicht besonders viel Spaß ein Produkt zu verkaufen, das sehr kompliziert ist, besonders hohen Verwaltungsaufwand erzeugt und sowieso eher finanzschwache Kunden anzieht, denen man nur schwer noch etwas anderes verkaufen kann.

Wer heute Versicherungsmanager ist, der will mit den Riester-Zusagen aus 2000 also nichts mehr zu tun haben.

Eine andere Managergeneration

Das ist auch nicht verblüffend. Mittlerweile ist eine andere Managergeneration am Ruder. Vor 15 Jahren waren die noch an der Uni oder im Unterbau ihrer Unternehmen. Die haben nicht mitgemacht bei dem politischen Riester-Deal. Die heutigen Entscheider in den Unternehmen fühlen sich nicht dazu verpflichtet irgendwelche politische Zusagen aus 2000 einzuhalten. Heutige Manager fühlen sich dazu verpflichtet einen guten Job zu machen. Das heißt, heute gute Renditen für die Inhaber zu erzielen.

Und wenn eine politische Zusage aus anno dazumal stört, die heutigen Gewinne zu erwirtschaften, dann wird die Zusage eben aufgekündigt. Ist das verwerflich? Nein! Das ist Politik und der Job solcher Manager. Die müssen drauf schauen, dass der Laden läuft. Egal welche Lippenbekenntnisse der Vor-Vorgänger damals abgegeben hat.

Deswegen ist es nur logisch, dass Riester-Kunden zunehmend nur noch Kunden zweiter Klasse sind. Es ist betriebswirtschaftlich nachvollziehbar, dass Riester-Sparer schlechtere Angebote bekommen als finanzstärkere Kunden, es ist unternehmerisch richtig, dass Unternehmen das Riester-Geschäft auf Sparflamme laufen lassen oder gänzlich beenden.

Der Verrat am politischen Partner ist vorprogrammiert

Es wäre schön, wenn die Versicherungswirtschaft heute ehrlich wäre und zugeben würde, dass sie eben nur für kurzfristige, politische Deals zur Verfügung steht. Für langfristige Projekte ist diese Branche nicht geeignet. Der Verrat am politischen Partner ist da vorprogrammiert.

Und wenn man die Frage nur etwas anders stellt, dann passt also auf einmal der alte Reflex aus den früheren Demonstrationen:

„Wer wurde verraten? Die Sozialdemokraten!“ …und nebenbei natürlich auch der frühere Koalitionspartner und alle Riester-Sparer und Steuerzahler.


Kommentare
Kommentar von Eberhard Stopp  am  21.09.2015 10:03
Zwei Punkte zum Riester-Produkt, Altersvorsorge durch Versicherungen, sollte man mal grundsätzlich klarstellen:
1. Eine Versicherung heisst deshalb so, weil Sie dem Kunden ein Risiko abkauft, also etwas versichert. Bei einer Rentenversicherung wird das Risiko des Kunden älter als 85 Jahre zu werden, bei einer Lebensversicherung das Risiko des vorzeitigen Versterbens ( also vor 75. Lebensjahr ) abgekauft und versichert. Das man dieses Risiko, welches ja über mehrere Jahrzehnten kalkuliert werden muss, nicht genau berechnen, vorhersehen und sich deshalb ein Risiko-Puffer aufbaut, ist so gesehen in Ordnung. Das Primat ist zu versichern, nicht Geld anlegen oder gar Rendite.

Warum wird dann Altersvorsorge, steuerlich und propagandistisch durch alle Instanzen gefördert, beworben in der Form einer Rentenversicherung? Diese Frage muss man den Politikern stellen. Dazu Punkt2.

2. Eine Rentenversicherung hat im Gegensatz zu allen anderen Sparformen ( Banksparpläne, Fondsparpläne, Aktien, Beteiligungen...) den großen Vorteil, man kann über Jahrzehnte hinweg das Geld frei verwenden, zum Bsp. um Haushaltlöcher zu stopfen, Kriege finanzieren und Waffen produzieren, Werbekampagnen zu finanzieren, bis hin zur völligen Verschleierung von Kosten und Rendite. siehe Punkt 1.

Das erscheint mir der einzige, wirklich plausible Grund zu sein, eine durch Steuergelder mit finanzierte Altersvorsorge auf Rentenbasis in den Markt zu drücken. Es ist einfach nur ein Mosaikstein von neoliberaler Strategie- freie Märkte, totale Privatisierung – Maximalprofit und dazu müssen alle Sozialversicherungen beseitigt und deren Beiträge in private Kassen gespült werden. " Nebeneffekt", die Lohnnebenkosten, sprich der 50 % „ Arbeitgeberanteil „ ( Anteil am Profit des Kapitalisten) an den Sozialversicherungen können so zu Gunsten des Profits, zum Nachteil der Pflichtversicherten eingespart werden
Eberhard Stopp Versicherungsmakler
Kommentar von Eberhard Stopp  am  17.09.2015 19:51
Der Beitrag, Sehr geehrter Herr Kleinlein, erschreckt mich doch schon ganz gewaltig!
Wie kann man so naiv sein, das Riester – Vorhaben als „ mutig „ zu bezeichnen?
Wie kann man ernsthaft bei einem solchen Geschenk der Politik an die private Finanzwirtschaft glauben, die Versicherer / Banken / Fondsgesellschaften zeigen sich dankbar?
Am 14.09.2015 ist im WESTEND - Verlag das Buch von Holger Balodis / Dagmar Hühne erschienen: „ Garantiert beschiessen- Der ganz legale Betrug mit den Lebensversicherungen ! Sie , Sehr geehrter Herr Kleinlein werden dort zitiert:
„ Niemals zuvor hat eine Regiertung der Versicherungswirtschaft derart viele Geschenke gemacht „ ( Seite 40)
„ Die Vorsorgelüge - Wie Politik und private Rentenversicherungen uns in die Altersarmut treiben „ , dort zeigt H. Balodis die Entstehung der Riester R Ente auf.
Es war pure Absicht der Politiker Schröder/Clement/ Müntefering …das Geld von der gesetzlichen Rentenversicherung in die privaten Kassen der Versicherer umzuleiten. Riester, Raffelhüschen, Rürup und Maschmeier waren die bezahlen „ Experten“ das Märchen von der viel besseren ( für wen?) privaten , kapitalgedeckten Altersvorsorge unter die Leute zu bringen. Riester hat mit seinen „ Vorträgen „ bei Banken, Vertrieben , ….hunderttausende Geld auf sein Konto gespült und die Gewerkschaftsbosse haben still gehalten oder mitgemacht. Es war und ist nichts anderes als ein Mosaikstein der Privatisierungsorgie des internationalen Kapitals, …..Goldmann Sachs, Atlantik-Brücke, Bilderberger, Bertelsmann, dort wird so was beschlossen.
Ich wage hier ganz bewusst die Behauptung: Es war niemals Ziel der Finanz-Konzerne die Kunden angemessen an Ihren Gewinnen zu beteiligen, sondern es geht um Dividende, um Boni/ Managergehälter und Aktienkurse, es geht nur um den Profit.
Dazu musste die gut funktionierende gesetzliche Rente diskreditiert, als nicht mehr finanzierbar dargestellt werden- das war Raffelhüschens Aufgabe, der Mietprofessor.
Das einpeitschen des Produktes in den Vertrieb übernahm der Fliesenleger, ehemalige Gewerkschafter- W. Riester – ein Verräter.
Zitat: „ Das Buch (Garantiert Beschissen ) zeigt erschreckend deutlich, wie ein ganzes Volk den Versicherungskonzernen zum Fraß vorgeworfen wurde. „ Norbert Blühm.
Wer also wirklich „ Verbraucherschutz“ betreiben will, wer als Makler wirklich auf Seiten seiner Mandanten steht, wer als Fachmann wirklich die Wahrheit ans Licht bringen will, der muss es auch praktizieren, aussprechen: Die Riester R Ente war, ist und bleibt die größte Mogelpackung in der Geschichte der Versicherungswirtschaft.
Das Riester dieses ungeeignete Produkt, die wissentliche Verarmung der Bevölkerung im Alter heute noch propagiert, verteidigt zeigt nur eins: Er ist ein Verräter.
Als Versicherungsmakler empfehle ich weder Rürup, noch Riester R Enten, auch keine KLV oder Rentenversicherung nach Schicht 3. Es ist garantiert, das nichts garantiert ist, siehe VVG und VAG § 89.
Es gibt zu Riester R Ente nur eine Alternative: Abschaffen ! Sofort !

Eberhard Stopp Versicherungsmakler
Kommentar von Wolfgang_AW  am  16.09.2015 19:05
"Riester war ziemlich mutig, in diese Branche ein solches Vertrauen zu setzen."

Nicht gaz außer Acht lassen sollte man dabei, dass Herr Riester eine gewisse Affinität zu der Versicherungsbranche pflegte.

Siehe dazu: Wikipedia ---> Walter Riester

"Zum 1. Oktober 2009 wurde Walter Riester Aufsichtsrat des Finanzdienstleisters Union Asset Management Holding. Die geschäftlichen Verbindungen Riesters (und Bert Rürups) zum Finanzdienstleister AWD kritisierte Transparency International als „Beispiel für politische Korruption“[3]."

Oder auch unter Lobbypedia.de ---> Walter Riester

"Walter Riester hatte diverse Nebentätigkeiten zu seinem Bundestagsmandat mit denen er sich 2008 mindestens 180.000 Euro "hinzu verdiente". Darunter waren zum Großteil Finanzdienstleister wie AWD[6], die mitunter auch Riester-Renten-Verträge anboten.[7]"

Wenn ich diese Nähe mit einbeziehe, kann man meines Erachtens nicht von Mut oder Vertrauensseligkeit sprechen sondern eher von gewollter Förderung der Branche.
Auch konnte ich bislang keine Stellungnahme hören bzw. lesen in der sich Herr Riester deutlich von dem Gebaren der Versicherer distanziert oder gar von Verrat gesprochen hätte.

Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang_AW

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