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Kleinleins Klartext

Es war einmal der kleine Peter

Es war einmal der kleine Peter

 13.02.2019  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Es war einmal der kleine Peter. Er sollte sich um den Rentenvertrag für seine Großeltern kümmern. Dafür ging er in die große Stadt und dort erfuhr er, dass aus dem Vertrag Überschüsse erwirtschaftet wurden. Drei Goldstücke! Diese wollte er nun sicher nach Hause bringen, um damit seinen alten Großeltern die Rente zu versüßen. Wie jedes Jahr nahm er die Goldmünzen und ging den „Weg der Versicherung“ in Richtung zum heimischen Dorf. 

Oh weh, es geschehen Dinge...

Doch, oh weh, es geschehen Dinge, mit denen er nicht gerechnet hatte! Ihm fiel schon nach den ersten Schritten auf, dass der Weg nicht gut gepflegt war. Schlaglöcher und Schlamm erschwerten das Gehen. Nach wenigen Kilometern des Wanderns kam er zu einer Stelle, an der schon ein Scherge der „Gesellen der Vinsternis“ auf ihn wartete, anhielt und ihn ansprach.

„Junger Peter, was bist du hier unterwegs mit so viel Überschüssen? Siehst du nicht, dass wir Geld brauchen um den Weg, den du gehst überhaupt befestigen zu können?“, und dabei wies der Scherge auf Schlaglöcher des Weges, auf den Schlamm und auf fehlende Geländer am steilen Abhang am Wegesrand. Und auch Peter musste zugeben, dass der Weg der Versicherung in sehr schlechtem Zustand war.

„Aber geehrter Scherge! Ihr wisst doch, dass wir schon vor langer, langer Zeit viel Geld dafür bezahlt haben, dass es diesen Weg gibt. Diesen Weg der Versicherung haben wir bitter mit Abschlusskosten und Verwaltungskosten bezahlt. Auch mit niedrigen Garantien, die uns zu Anfang gewährt wurden. Willst du uns nun noch Überschüsse abnehmen?“

Der Scherge schüttelte mit dem Kopf und meinte:

„Natürlich muss ich dir einen Teil der Überschüsse abnehmen! Zwar hast du am Anfang viel Geld dafür bezahlt, dass der Weg der Versicherung auch beschritten werden kann. Aber wir haben uns verkalkuliert und müssen dir deshalb Geld wegnehmen.“

Der arme Peter...

Der arme Peter nahm eines der drei Goldstücke und gab es dem Schergen des Gesellen der Vinsternis und zog weiter, nun aber eben um ein Goldstück leichter.
Schon deutlich schlechter gelaunt ging er den weiteren Weg der Versicherung voran. Hoffend, bald bei den Großeltern angekommen zu sein, die auf die Rente hoffen und auf die Überschüsse angewiesen sind.

Und wie er diese Schritte so weitergeht, sieht er einen weiteren Schergen der Gesellen der Vinsternis am Wegesrand stehen. Der hat eine Truhe vor sich, die fast vollständig mit Gold gefüllt ist. Und aus einer daneben stehenden Schatulle entnimmt der Scherge gerade ein Goldstück, um es einem bunt gekleideten Edelmann zu geben. Peter kennt diese buntgekleideten Gecken. Es sind die Aktionäre!

Und wie Peter näher kommt, wird er vom Schergen angehalten, der mit barscher Stimme fragt:

„Wohlan, hast Du Geld bei dir? Hast du Überschüsse!?“

Doch da Peter gesehen hat, dass der Scherge gerade dem Aktionär freigiebig ein Goldstück gegeben hat, fühlt er sich sicher.

„Geehrter Scherge!“ 

„Geehrter Scherge!“ Siehe, ich habe zwei Goldstücke aus der Überschussbeteiligung! Sie sind für meine Großeltern, damit deren Rente versüßt wird!“ Aber mit brutalem Griff entreißt ihm der Scherge eines der Goldstücke und legt dieses in die Truhe, die damit dann wieder randvoll ist.

Peter versteht nicht, was geschieht:

„Warum entreißt du mir die Überschüsse? Hast du nicht gerade dem Aktionär ein Goldstück gegeben? Warum nimmst du mir dann wieder eines weg?“

„Kleiner Peter, weißt du nicht, dass ich nur dann dem Aktionär das Gold geben darf, wenn diese Truhe der freien Reserven randvoll ist? Und damit diese Truhe randvoll ist, brauche ich dein Goldstück. So will es der König!“

„Aber der König will doch nicht, dass der Aktionär unbedingt das Gold bekommt?“

„Aber wir von den Gesellen der Vinsternis wollen das so. Und weil der König das nur zulässt, wenn die Truhe der freien Reserven randvoll ist, müssen wir auch von dir Überschüsse einkassieren!“

Gib mir Deine Überschüsse!

Sehr traurig, nun schon das zweite Goldstück verloren zu haben, zieht Peter weiter und hofft zumindest das letzte Goldstück sicher nach Hause zu bekommen. Doch, welch Leid! Kurz vor dem Dorf steht ein dritter Scherge der Gesellen der Vinsternis.

Mit knappen Worten fordert der Scherge „Gib mir deine Überschüsse!“

Eingeschüchtert nimmt Peter das Goldstück und fragt mit zittriger Stimme: „Aber das sind doch Überschüsse für meine Großeltern! Ohne Überschüsse hat sich der Vertrag nicht für sie rentiert! Sie brauchen die Überschüsse!“

„Wer die Überschüsse braucht und wer nicht, darüber entscheiden wir Schergen! Wir entscheiden! Und wir verteilen die Überschüsse angemessen und verursachungsgerecht! Du musst uns vertrauen!“ antwortet der Scherge. „Jemand anderes wird sich an diesen Überschüssen erfreuen!“

„Wie kann ich euch vertrauen! Zu Beginn waren es drei Goldstücke! Eines habt ihr mir weggenommen, weil ihr Euch verkalkuliert habt! Eines habt ihr mir weggenommen, um die Truhe der freien Reserven zu füllen, damit ihr dem Aktionär Gold geben konntet. Und jetzt nehmt ihr mir auch das letzte Goldstück weg, weil ihr es nach Gutdünken an jemanden anderen geben wollt?“

Der Scherge lächelt

Der Scherge lächelt und greift in seinen Beutel.

„Das hast du richtig verstanden. Wer den Weg der Versicherung geht, der ist den Fährnissen dieses Weges ausgeliefert. Und diese sind hart. Aber ich will nicht so sein. Schau, hier habe ich einen Pfennig. Der soll die Überschussbeteiligung sein!“

Und dabei drückt der Scherge dem kleinen Peter einen abgegriffenen, grün angelaufenen Kupferpfennig in die Hand.

„Aber die Überschussbeteiligung ist doch für die da, die den Weg der Versicherung gehen?“ fragt der Junge.

„So ist es ja auch, das erste Goldstück fließt in den Weg selbst, weil wir es einfach nicht hinbekommen, den Weg in Stand zu halten. Das zweite Goldstück liegt in der Truhe der Reserven, und jeder Versicherte kann dieses Goldstück anschauen. Und das dritte Goldstück geht an genau diejenigen, die wir begünstigen wollen.“

Und hämisch lachend schickt der Scherge den kleinen Peter weiter. Bitterlich weinend kommt er bei den Großeltern an, und zu dritt weinen sie den ganzen Abend bei dünner Brotsuppe.

 


Kommentare
Kommentar von Freund  am  13.02.2019 15:11
Märchenstunde, oder: Wenn ein Schurke über Schergen lästert.

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