Der neue oberste Cheflobbyist des Gesamtverbands der Deutschen Versicherungswirtschaft, Jörg Asmussen, ist ein Revoluzzer wie man ihn sich wünscht. Er macht sich kämpferisch mächtig stark für die deutschen Lebensversicherer. Er geht sogar so weit, eine „Revolution“ zu fordern. Und das in keinem geringeren Medium als der BILD-Zeitung: „Was wir brauchen ist eine Riester-Revolution“, so liest man dort. Und ich erschauere.

Revolutionen haben immer etwas gemeinsam: Veraltetes wird überwunden und durch etwas Neues ersetzt. Dabei kann es sehr brutal zugehen wie in der Französischen Revolution oder der russischen Oktoberrevolution. Selten ist eine Revolution so unblutig, wie diejenige, die zum Mauerfall und dem Zusammenbruch des alten Sowjetimperiums führte. In jedem Fall müssen als Ergebnis der Revolutionen aber alte Eliten abdanken, neue Herrschaftsstrukturen erwachsen und neue Leitbilder und Ideen ersetzen die überkommenen Vorstellungen.

Eine echte „Revolution“ der Riester-Rente müsste also Althergebrachtes über Bord werfen. Doch was sind die großen heroischen Ziele der Asmussenschen-Riester-Revolution? Was fordert Asmussen in seinem revolutionären Überschwang?

Ernst und wohl durchdacht kommt Herr Asmussen mit einem kühnen Plan, er meint es mit der „Revolution“ sehr ernst. Was er will, ist hochgradig bahnbrechend: Er will an unser Geld. An unser aller Geld. Jeder selbst gezahlte Euro soll mit mindestens 50 Cent vom Staat gefördert werden. Das heißt, es sollen noch mehr Steuergelder in die Riester-Rente fließen.

Auf die Barrikaden!

Da will man auf die Barrikaden gehen und laut rufen: Ja! Das ist die Lösung! Einfach mehr Steuergelder in die Riester-Rente pumpen! Koste es was es wolle! Und Asmussen ist pfiffig: Er kennt in seiner Vision keine Grenze. Denn es sollen ja mindestens 50 Cent sein. Warum nicht mehr? 80 Cent pro Euro? 100 Euro? Es ist ja egal, was hinten herauskommt!

Doch damit nicht genug! Dann will er noch, dass die Riester-Rente einfach zu verstehen sei und ohne komplizierte Wahlmöglichkeiten auskomme. Und es solle künftig vorab geprüft werden, ob jemandem staatliche Sparzulagen zustehen. Da bebt die Mauer, da erzittert der Kreml, das erschüttert die Bastille – so erschreckend revolutionär ist das!

Schließlich rückt Herr Asmussen mit der letzten Forderung heraus, angesichts der Robespierre und Lenin vor Neid erblassen: „Die ,Riester-Rente‘ als Marke hat ihren Glanz verloren." Deshalb müsse nun ein neuer Name her, um die Sparer neugierig zu machen.

Noch mehr Revolution geht nicht!

Mir läuft ein kalter Schauer über den Rücken bei dem Gedanken, man würde in einem mutigen revolutionären Akt der Riester-Rente einfach einen neuen Namen geben. Wie mutig! Wie unbarmherzig! „EIN NEUER NAME“! Wie soll sie denn heißen? Die Asmussen-Rente? Die Revoluzzer-Rente? Das wird alles ändern. Hat die Riester-Rente erst einen neuen Namen, dann ist alles möglich!

Dann geht Asmussen in seiner brillanten politischen Analyse noch weiter und legt Hand an den politischen Feind, an uns, den Bund der Versicherten. Unsere Studie zu den Solvenzquoten der Deutschen Lebensversicherer sei ja schließlich „handwerklich unsauber und daher sei die Aussage falsch...“ Alle deutschen Lebensversicherer erfüllten die gesetzliche Solvenzquote von 100 Prozent. Und das werde auch von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) überwacht.

Egal, dass wir niemals etwas anderes behauptet haben. Ein guter Revolutionär schießt eben auch mal über das Ziel hinaus und bezichtigt den Gegner, Sachen gesagt zu haben, die er niemals geäußert hat. Das gehört zu einer richtigen Revolution dazu.

In einer Revolution muss man sich auch nicht mit kleinlich-bourgeoisen Argumenten der Verbraucherschützer*innen abgeben. Dieses kleinbürgerliche Getue der Besserwisser, die einfach nachrechnen und nachweisen, dass sich die Riester-Rente nicht rechnet? Das muss man nicht ernst nehmen. Es geht ja um etwas Größeres! Es geht darum, noch mehr Steuergelder einzusammeln! Für die Lebensversicherer, für die Riester-Rente, für die Versicherungswirtschaft!

Eine Antwort auf Che Guevara, Spartacus und Emma Goldman

Wir können stolz sein, dass unsere deutsche Lebensversicherungswirtschaft jetzt endlich eine Antwort auf Che Guevara, Spartacus und Emma Goldman hat. Mit erhobener Faust rufen wir gemeinsam: Vive la Riester-Rente! Venceremos Riester-Rente! Дружба GDV!

PS: Kein Wunder, dass Towarischtsch Asmussen so revolutionär ist, schließlich ist er ja Mitglied der SPD!

Die kursiven Passagen stammen aus dem BILD-Artikel, der unter https://www.bild.de/politik/inland/politik-inland/altersvorsorge-versicherungslobbyist-asmussen-will-riester-revolution-71956484.bild.html abrufbar ist.