Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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An einen schlechten und gierigen Vermittler:
Du hast einen Fehler gemacht. Und der führte dann bei vielen Kunden zu immer mehr Problemen. Du musst nicht darunter leiden, zugegeben. Es sind andere, die jetzt weniger Geld haben. Natürlich hast Du keine Schuld, dass deine Kunden die Verträge unterschrieben haben. Sie mussten das ja nicht. Es war deren freiwillige Entscheidung. Trotzdem hast Du manchmal ein schlechtes Gewissen.
Manche Kollegen haben das irgendwie anders gemacht. Die haben versucht, immer das Beste für den Kunden herauszusuchen und zu verkaufen. Das hast Du am Anfang auch versucht. Aber dann wurde auch für Dich die Versuchung immer größer, die höheren Provisionen zu bekommen. Und dann ging auch sofort die Rechnerei los, wie Du die Vorgaben am besten erfüllen kannst um die ganz besonderen „Auszeichnungen“ zu erhalten.
Vor etwa dreißig Jahren fing es an. „Wer jetzt nicht das große Geld macht, ist selbst dran schuld“, hieß es. Die gesetzliche Rente sei am Ar… und die Leute wollen die Versicherungsverträge. Besonders die im Osten müssen ganz viel nachholen. Goldgräberstimmung! Und Du mittendrin!
Und es machte einfach mehr Spaß mit den höheren Provisionen. Ein bisschen mehr auf dem Konto, das fühlte sich gut an. Dann wurde es irgendwie selbstverständlich, immer mehr von diesen Verträgen zu verkaufen, die besonders gut „verprovisioniert“ wurden. Manchmal hast Du Dich gefragt, ob das wirklich so richtig ist, dich im Konflikt zwischen „guter Vertrag“ und „hohe Provision“ immer öfter nach der Provision zu richten.
Aber viele der Kunden hatten ja noch keine Verträge! „Besser mit einem mittelmäßigen Vertrag sparen, als gar nicht sparen“, hattest Du noch aus den Schulungen im Ohr. Und deshalb dachtest Du, dass Du sogar noch etwas Gutes für die Gesellschaft tust. Wer keine Lebensversicherung hat, der liegt ja sonst später der Allgemeinheit auf der Tasche – dachtest Du. Eigentlich haben ja auch alle so gedacht, beruhigst Du dich auch noch heute.
Später wurde es schwieriger die Verträge mit hohen Provisionen zu verkaufen. „Verbraucherschützer“ machten erste Tests. Und da waren meistens die Tarife oben, bei denen du weniger Provision bekommen hast.
2003 ging dann ein Lebensversicherer in die Knie. Und es gab immer wieder Probleme mit den Kunden. Wenn die ihre Verträge kündigten und nur einen miesen Rückkaufswert bekamen, dann war die Stimmung immer schlecht. Manchmal ist es Dir gelungen, dann sogar neue Verträge zu schreiben, und du hast das als „Umdeckung“ verkauft. „Du kommst genau im richtigen Moment, um den Vertrag zu kündigen, der ist wirklich etwas mies gelaufen, aber mit dem neuen Tarif wird das viel besser!“. Richtig gut hast Du dich dabei aber auch nicht gefühlt.
Die Probleme mit den Verträgen konntest auch Du langsam nicht mehr kaschieren. Aber die Versicherer hatten immer wieder neue Ausreden parat, damit Du Deine Kunden beruhigen konntest: Die niedrigen Zinsen, die Lehman-Pleite, die Griechenlandkrise, die Immobilienblase… Verstanden hast Du das nie so richtig. Und mittlerweile sehen die meisten, dass das nicht so richtig geklappt hat mit den Lebensversicherungen. Und manche Kunden sind wirklich sauer auf dich.
Das Grundproblem bist aber nicht Du. Das Grundproblem ist der fiese Interessenskonflikt in dem Du so oft stehst. Entweder gute Beratung bieten und gute Tarife verkaufen oder hohe Provisionen kassieren und Mist vertickern. Wegdiskutieren lässt sich der Interessenskonflikt aber nicht. Deine Kunden mussten mit Geld dafür bezahlen, Du zahlst heute mit einem schlechten Gewissen. Gewinner sind die Unternehmen.
PS: Ich hoffe, dass es genügend gute Vermittler gibt, die sich in dem Interessenskonflikt nicht korrumpieren lassen und anders handeln als der Vermittler, den ich hier angesprochen habe. Wenn Sie zu diesen Guten gehören, dann können Sie helfen, den Interessenskonflikt zu lösen. Denn gelöst werden muss er.