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Kleinleins Klartext

Kein guter Start in 2016

Kein guter Start in 2016

 06.01.2016  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Ihnen allen wünsche ich alles Gute für das neue Jahr! Ich hoffe natürlich, dass Sie einen guten Start gefunden haben. Manche mögen nicht so glücklich reingerutscht sein, etwa weil eine Grippe das Feiern oder das Blogschreiben verhindert hat.

Und bei anderen hat womöglich der Blick auf die neuen Regeln in 2016 das Silvester vergällt. 2016 hat es für die Versicherungswirtschaft in sich, da passiert viel – es gibt neue Aufsichtsregeln.

Die Verbraucher werden das erst einmal nicht direkt mitbekommen. Aber wir wissen ja: Geht es der Branche schlecht oder wird es ihr unbequem, dann müssen das die Kunden, die Verbraucher ausbaden. Manche Unternehmen sind gut vorbereitet und haben sogar schon ihre Produkte an die neuen Regeln angepasst. Andere Versicherer sind hinten dran und können womöglich noch gar nicht richtig erahnen, was auf sie zukommt. Wovon ich rede? „Solvency II“ – ausgesprochen „Sollvänsi-Zwei“, das neue Aufsichtsregime.

Solvency II - das neue Aufsichtsregime

Überraschend kommt Solvency II nicht. Es ist jetzt knapp 20 Jahre her, dass erstmals darüber diskutiert wurde, risikobasierte Aufsichtsregeln einzuführen. Im Kern geht es darum, dass irgendwie errechnet werden soll, wie viel Sicherheitsmittel ein Versicherungsunternehmen braucht, um sein Geschäft vernünftig betreiben zu können.

Die bisherigen Regeln berücksichtigten fast nur das Volumen des von einem Versicherer betriebenen Geschäfts. Je mehr Verträge gezeichnet waren, desto mehr Eigenmittel waren vorzuhalten. Die genaue Ausgestaltung der Verträge mit den Verbrauchern war da nicht ganz so wichtig. Das hat sich jetzt geändert. Ist ein Vertrag aus Sicht des Versicherers besonders riskant, dann verlangt Solvency II nun mehr Sicherheitsmittel.

Und auch in der Bewertung, welche Mittel der Versicherer denn eigentlich hat, führt Solvency II zuweilen zu anderen Ergebnissen. Die Philosophie des Zeitwerts schlägt hier durch. Das meint: Anders als die behäbige und unflexible Bewertung nach HGB werden nun die Kapitalanlagen nach dem „echt aktuellen“ Wert angesetzt. Das kann bei schwankenden Kapitalmärkten innerhalb kurzer Zeit zu starken Änderungen führen! Das Unternehmen hat dann innerhalb kürzester Zeit auf einmal nennenswerte Gelder „verloren“.

Diese Zeitwertregeln klingen sinnvoll, wenn man immer sicher sein will, dass die Versicherer immer auf den Tag irgendwie alles zahlen können, was sie als Verträge führen und irgendwann einmal auch auszahlen müssen. Die Regeln klingen nicht mehr ganz so sinnvoll, wenn die Unternehmen dann auf einmal kurzfristig umschichten müssen, obgleich die Verträge eigentlich sehr langfristig laufen sollen und das Geld kurzfristig gar nicht vorgehalten werden muss.

Regeln aus einer Zeit hoher Zinsen

Historisch entstammen viele dieser Regeln und Gedanken einer Zeit, in der die Zinsen hoch waren. Einer Zeit, in der die Aktien einigermaßen bis sehr gut gelaufen sind und in der festverzinsliche Wertpapiere eigentlich immer erträgliche Zinsen abgeliefert haben. Das hat sich geändert. Die Grundphilosophie von Solvency II aber nicht.

Für die Unternehmen ist es schön, dass sie die Möglichkeit haben, sich eigene Regeln zu stricken – die so genannten „internen Modelle“. Und diese „internen Modelle“ können dann auch mal sehr umfangreich ausfallen. Ein hochrangiger Kollege aus der Aufsicht hat einmal bemängelt, dass er Schwierigkeiten damit hat, wenn die Dokumentation eines „internen Modells“ ausgedruckt schwerer ist als er selbst (und der Kollege ist nicht unbedingt schmächtig).

Natürlich haben nur die großen Unternehmen intern genügend Ressourcen, solche „internen Modelle“ auszuarbeiten. Die kleinen müssen sich dann mit dem „Standardmodell“ begnügen. Ob die Großen das ausnutzen um sich einen Vorteil gegenüber den kleineren Konkurrenten zu verschaffen? Ich habe da so eine Vermutung…

Richtig knifflig wird es deshalb zukünftig für die Analysten in den Ratingagenturen zu bewerten, ob ein Unternehmen gut dasteht oder nicht. Denn das alles zu durchschauen wird ungleich schwieriger im Vergleich zu den bisherigen Zahlenwerken. Und in letzter Konsequenz wird es auch für die Verbraucher noch schwieriger sich zu orientieren, wenn selbst die Experten in den Ratingagenturen am Schwitzen sind.

Die schöne neue Welt von Solvency II zwingt uns dazu, noch mehr darauf zu vertrauen, dass die Aufsicht einen guten Job macht. Zukünftig kann man den Unternehmen nur noch soweit trauen, wie man auch der Aufsichtsbehörde vertrauen kann. Deshalb an dieser Stelle auch ausdrücklich ein besonders herzlicher Neujahrsgruß an Herrn Hufeld: Alles Gute für 2016!


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