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Kleinleins Klartext

Kinder bekommen Sie immer? - Oder: Einwanderung als demografische Unterstützung

Kinder bekommen Sie immer? - Oder: Einwanderung als demografische Unterstützung

 16.12.2015  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Letztens erwachte ich schweißgebadet, im Traum befand ich mich in einem alten Herren-Club der 50er. Einst sehr edel, ist der Club heute muffig und eng.

Bestückt mit unbequemen, engen, mit beigefarbenem Samt überbezogenen Stühlen und Sesseln. Der Stoff ist abgewetzt und sondert die Gerüche der letzten Jahrzehnte ab. Hier sitzen selbstverliebte alte Männer, die sich in der Schönheit alternder, mit dickem Schmuck behangener Frauen spiegeln. Diese Männer wiederholen immer wieder den Urfehler Adenauers... "Kinder bekommen sie immer, Kinder bekommen die immer"... Ein Albtraum!

Aber das spricht das große Problem unserer Altersvorsorge an. Wie wollen wir unsere Gesellschaft so gestalten, dass unsere Rentenversicherung auch auf lange Sicht funktioniert? Beim gesetzlichen System muss ja immer auch die Demografie mitspielen. Es bedarf einer bestimmten Balance zwischen den Leistungsempfängern (Kinder und Alte) und den Leistungserbringern (die Aktiven im Job).

Niemand geringeres als Konrad Adenauer prägte daher diese einfache Lösung: Mit dem Spruch "Kinder bekommen Sie immer" hat er ganz clever einfach das Problem weggeleugnet! Der Vordenker der Deutschen Rentenversicherung, Wilfrid Schreiber, warnte schon damals davor, dass ein Ungleichgewicht eintreten könnte. Das kann durch eine steigende Lebenserwartung kommen oder wenn die Lust auf Kinder schrumpft.

Beide Effekte sind eingetreten. Wir werden älter und die Kinderzahl ist gesunken. Haben wir uns aber deshalb wirklich von dem Dogma des Herrn Adenauer verabschiedet? Leider nein.

Manch ernsthafter Politiker hat noch vor wenigen Jahren versucht, mit "Kinder statt Inder" Lösungen für die demografische Herausforderung zu finden. Bei dem Spruch hätte ja sogar Konrad Adenauer gejubelt! Falsch ist er trotzdem. Was wir aber wissen: In den muffigen Hinterzimmern wird diese falsche Grundüberzeugung Adenauers immer wiedergekäut. Auch heute gibt es die politischen Amtsträger, die diesem veralteten Adenauer-Dogma folgen.

Wer an "Kinder kriegen sie immer" festhält, der verleugnet, dass wir uns anderen demografischen Entwicklungen öffnen können. Wer Einwanderer als "Gastarbeiter" bezeichnete, hat in dem Glauben an Adenauer die demografischen Chancen vertan.

Wir haben es über viele Jahrzehnte versäumt, Einwanderung als willkommene demografische Bereicherung zu begreifen. Wer lieber auf ungeborene Kinder setzt, als sich der demografischen Realität zu stellen, der begeht eben einen schlimmen Fehler.

Ungeachtet ob wir die Einwanderung wollen oder nicht, ist sie doch da. Und sie ist eine riesige Chance, zumindest ein wenig unserer demografischen Probleme anzugehen. Dazu müssen wir uns aber von den Sprüchen und dem Denken der muffigen 50er verabschieden.

Sollen doch die alten Herren in den alten Clubs einer Welt nachhängen, die es nicht mehr gibt. Wir anderen jungen und jünger Denkenden haben die Aufgabe, neue Lösungen zu entwickeln und uns dabei der Realität zu stellen. Flüchtlinge und Einwanderer können uns in unseren demografischen Problemen helfen. Für eine vollständige Lösung braucht es zwar mehr. Aber eines ist gewiss: Das Mantra "Kinder kriegen sie immer" führt uns auf jeden Fall in die Irre.


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