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Kleinleins Klartext

Meinungspolizei der Generali ist am Ende

Meinungspolizei der Generali ist am Ende

 30.03.2016  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Morgen (31. März) ist es vorbei mit dem „Faktencheck Lebensversicherung“. Immer wieder war diese Webpage ein Quell des Ärgernisses (oder der Häme).

Dort haben regelmäßig gestandene Journalisten aus den Pressestellen von Lebensversicherungsunternehmen mit erhobenem Zeigefinger erklärt, wie die Versicherungswelt eigentlich funktioniert. Ziel des Faktenchecks sollte es sein, Kritik gegen die Lebensversicherung aufzugreifen und „konstruktiv, neutral und sachlich“ Stellung zu nehmen. Zusätzlich wurde dort eingefordert, dass man doch nicht nur kritisch sein sollte, sondern auch das „Positive“ hervorzuheben hätte.

Befehl zur Kollegenschelte?

Natürlich würde ich jetzt gerne ein paar der schönsten Stilblüten des „Faktencheck“ herausgreifen, um Sie daran zu ergötzen. Das ist aber nicht fair. Denn die Autoren des „Faktencheck“ sind vermutlich nicht mit Freude ihrer Arbeit nachgegangen. Vermutlich machte es auch ihnen keinen Spaß, Kollegen einfach nur aus ideologischen Gründen ans Bein zu pinkeln. Vermutlich haben sie einfach den Befehl bekommen, derartige Kollegenschelte zu betreiben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass jemand gerne Meinungspolizist ist.

Einige Journalisten mussten unter solchen Angriffen leiden, nur weil sie zum Beispiel den Kleinlein zitiert haben - oder die Verbraucherzentralen - oder einen unabhängigen Versicherungsberater - oder sonst einen Menschen, der die Versicherungswirtschaft etwas kritischer sieht. Die Macher des „Faktencheck“ haben dann diejenigen an den Pranger gestellt, die nicht auf Linie sind. Mit genauer Namensnennung der Autoren und genauer Fundstelle konnte jeder nachlesen, wer wo eine unbequeme Meinung veröffentlicht hat.

Jeder Autor mit einer kritischen Haltung musste in den letzten Jahren befürchten, dass seine Arbeitsergebnisse vom „Faktencheck“ zerrissen werden. Jede Autorin, die einer kritischen Stimme Raum gegeben hat, musste befürchten, von Kollegen in die Ecke der „Schlecht-Recherchierer“ gestellt zu werden. Glücklicherweise hat das jetzt ein Ende. Und um die Macher des „Faktencheck“ muss man sich keine Sorgen machen. Die sind auch ansonsten anscheinend recht gut mit ihrer normalen Lobbyarbeit beschäftigt.

Wer die Macher dieser Page sind? Die Autoren des „Faktencheck“ rekrutierten sich aus Kollegen der Pressestellen der Generali, der Cosmos, der Aachen-Münchener, der DVAG und einer Redakteurin einer Hamburger Agentur. Bis auf letztere ist die Sichtweise der Autoren klar zu vermuten: „Lebensversicherung ist toll“ – leben sie doch von der Lebensversicherung. Anders als die von ihnen kritisierten Berichterstatter. Die kommen nämlich von unabhängigen Medien und sind eben nicht abhängig von der Existenz und dem Erfolg der Lebensversicherungsbranche.

Das Ende

Der „Faktencheck“ endet aber nach seiner eigenen Darstellung nicht etwa deshalb, weil die Betreiber verstanden hätten, dass es sich nicht gehört, über einen solchen Weg eine gleichgeschaltete Presse erzwingen zu wollen. Sondern er endet nach eigner Aussage, weil sich die „mediale Berichterstattung rund um die Lebensversicherung zu Gunsten anderer Themen reduziert“ hätte. Eine steile These angesichts der derzeit laufenden Diskussion um Deutschlandrente, Vorsorgekonto, 0-%-Zins und Garantiezinssenkung! Manche mögen womöglich also vermuten, dass es auch andere Gründe gegeben haben könnte, dass der „Faktencheck“ eingestellt wird. Endgültig wissen werden wir es aber nicht.

Es wäre schön, wenn die Branche lernen würde, dass es richtig sein kann auch unterschiedliche Meinungen zu respektieren. Es gibt nun mal nicht die eine einzige richtige Sichtweise. Klar, jeder argumentiert entsprechend seiner Rolle: Der Verbraucherschützer schlägt sich nun mal auf die Seite der Kunden und der Lobbyist steht stramm auf der Seite der Unternehmen. Dazwischen ist meist recht viel Platz, der ist für Sie, lieber Leser - und nicht für die Meinungspolizei von Generali, Cosmos & Co.

www.faktencheck-lebensversicherung.de (noch bis 31. März)

 

 


Kommentare
Kommentar von M. Ciupek  am  02.04.2016 07:21
Danke für den sehr gelungenen Beitrag, der mir als Technikjournalist und Kunde eines Finanzvertriebs (DVAG) sehr gefallen hat. Sie haben Recht: es wird leider immer mehr polarisiert, dabei ist „dazwischen ist meist recht viel Platz“. Die Wahrheit liegt ja meist irgendwo dazwischen.

Als Journalist, DVAG-Kunde und Versicherter hätte ich mich allerdings gefreut, wenn sich meine „Dienstleister“ einmal genauer mit meinem Fall beschäftigt hätten. Durch Beratung aus einer Hand wollte ich eigentlich mit einer Erbschaft vorrangig mein Haus abbezahlen und damit etwas für die Altersvorsorge machen. Stattdessen wurden mir Immobilienfonds und Fondsgebundene Versicherungen vermittelt. Die Fonds gingen im Jahr in dem die Darlehen zurückgezahlt werden sollten in die Abwicklung und die Auflösung der Versicherungen (um wenigstens einen Teil der Darlehen ablösen zu können) war nur mit Verlusten möglich.
Mit dem „Vermögensplan“ meines Finanzdienstleisters, verbrenne ich also gerade einen Teil meiner Altersvorsorge.
Mein Finanzvertrieb hat mich darauf hin an seine Partner verwiesen. Und die Partner haben mich wieder zurück verwiesen, weil sie die Produkte ja nicht vermittelt hatten. Die Finanzaufsicht (BaFin) konnte für mich nichts tun, weil die DVAG nicht von ihr überwacht wird. Dafür sind seit 2013 die Industrie- und Handelskammern (IHK) zuständig.
Sie lesen richtig. Ich konnte das auch nicht glauben und musste das auch erst einmal recherchieren.

Zudem:
Kritische Berichte kommentieren ist das Eine, schöngefärbte Beiträge über die Branche lancieren ist das Andere. Für letzteres hatte der Gesamtverband der Deutschen Versicherer ja Ende 2014 einen eigenen Newsroom eingerichtet. Siehe: http://www.procontra-online.de/artikel/date/2014/08/der-gdv-macht-presse/

Ich kann mir vorstellen, dass die Versicherungsbranche verstärkt darauf setzt den Kunden ein positives Erlebnis zu vermitteln. Kritik an kritischer Berichterstattung ist da kontraproduktiv.

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