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Kleinleins Klartext

Panikmache und Ehrlichkeit

Panikmache und Ehrlichkeit

 23.11.2016  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Ich wurde heute gefragt, warum wir denn jetzt Panikmache betreiben würden. „Wenn Sie jetzt davor warnen, dass Lebensversicherer in eine Schieflage geraten könnten, dann schüren Sie nur Ängste und verunsichern die Verbraucher noch mehr!“ 

Ich solle mir doch darüber klar werden, welche Verantwortung wir tragen würden. „Sie sind dann daran schuld, wenn niemand mehr Verträge abschließt, immer mehr Verträge gekündigt werden und die Schwierigkeiten der Unternehmen immer größer werden!“. So oder so ähnlich lauten die Vorwürfe.

Was ich aber nicht als Vorwurf höre: Dass die pessimistische Einschätzung falsch wäre. Niemand behauptet noch, dass es den Lebensversicherern prächtig ginge. Niemand behauptet noch, dass die Lebensversicherer so richtig fest im Sattel sitzen. Vor ein paar Monaten hatte ich die Lage noch nicht ganz so pessimistisch gesehen. Aber…

Ich habe mich in den letzten Monaten viel mit verschiedensten Menschen aus der Versicherungswelt über die Lage der Lebensversicherer unterhalten: Manager, Analystinnen, Vermittler, Mitarbeiterinnen der Aufsicht, Aktuare, Fachjournalistinnen, Wissenschaftler, Lobbyvertreter (der Versicherungswirtschaft), Verbraucherschützerinnen (also Lobbyisten der Verbraucher), Kolleginnen und Kollegen... Niemand hat noch ernsthaft behauptet, dass sie oder er davon ausginge, dass die Branche unbeschadet durch die Krise geht. Niemand.

Alle Fachleute gehen davon aus, dass bald irgendetwas mehr oder weniger Gravierendes geschehen wird. Die Branche ist im Umbruch das ist klar. Aber allen ist auch klar, dass der Umbruch an der einen oder anderen Stelle auch mit einem Zusammenbruch einhergehen wird. Keiner bestreitet das noch ernsthaft.

Was mir also vorgeworfen wird ist, dass ich etwas öffentlich mache, was den Fachleuten offenbar ist. Und vorgeworfen wird mir, dass ich damit die Lage nur verschlimmern würde.

Verschlimmert hat sich die Lage in jüngster Zeit aber durch ganz andere Dinge: War bis vor kurzem noch eine vage Hoffnung, dass bei der Zinszusatzreserve die Aufsichtsbehörde eine Lockerung vornehmen könnte, so hat sich diese Hoffnung durch die jüngsten Ausführungen von Herrn Grund zerschlagen. Hatten wir noch eine leise Hoffnung, dass sich die Versicherungsunternehmen angesichts der schwierigen Lage etwas zurücknehmen, so deutet sich schon wieder ein aggressives Jahresendgeschäft an. Hatten wir im Verbraucherschutz die Hoffnung, dass die Branche ihre Probleme erkennt und sich bei Großprojekten der Altersvorsorge erst mal zurücknimmt, zeigt sie sich in der gerade laufenden Rentendiskussion als willig und möchte wieder ein großes Stück vom Kuchen.

Die Entwicklungen der letzten Monate und Wochen haben gezeigt, dass die Versicherer keine Konsequenzen aus ihrer desolaten Lage ziehen. Verantwortung zu übernehmen würde bedeuten, die eigenen Fehler einzugestehen und zuzugeben. Das tut die Versicherungswirtschaft aber nicht. Kein Lebensversicherer gibt offen zu, dass er sich verkalkuliert hat. Wer aber keine Einsicht in die eigenen Fehler hat, von dem kann man nur schwerlich Besserung erwarten.

Es ist dringend notwendig, dass sich die Versicherer in Ehrlichkeit üben. Zunächst gegenüber sich selbst und dann gegenüber den Kunden. Wer aber die Augen gegenüber Realität und den Problemen verschließt, dem müssen die Augen geöffnet werden. Besser die Augen öffnen sich schon jetzt, weil jemand warnt, als erst später, wenn die ersten Katastrophen eintreten.


Kommentare
Kommentar von Philip Wenzel  am  24.11.2016 08:21
Grüß Sie Herr Kleinlein,

ich denke, Sie kennen mich als einen durchaus kritischen Leser von Bedingungen und Geschäftszahlen.

Ihrer Aussage ist auch zuzustimmen. Allerdings muss ich der Pauschalisierung widersprechen. Es gibt unter den Versicherern eine gute Hand voll, die vernünftig wirtschaftet und vernünftig arbeitet.

Genauso gibt es unter den Maklern auch Kollegen, für die ich die Hand ins Feuer legen würde.

Sie sollten also unbedingt differenzieren, weil Sie sonst auch die Vernünftigen ins Feuer schicken.
Ich verlange nicht, dass Sie ganz Soddom verschonen.

Und Sie sollten auch mal so ehrlich sein und zugeben, dass es nicht geht, auf der einen Seite Sicherheit einzufordern und auf der anderen Seite anzuprangern, dass sich die Versicherungen nicht mehr lohnen.

So haben Sie zwar ständig was zu schreiben und rechtfertigen so Ihr Dasein, aber Sie hetzen den Verbraucher einmal in die eine und dann wieder in die andere Ecke. Helfen tun Sie damit nicht.

Mit kollegialen Grüßen

Philip Wenzel

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