Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
Sie haben eine Frage oder Anregungen zum BdV-Blog? Dann nehmen Sie gerne Kontakt zu uns auf!
Ich wurde heute gefragt, warum wir denn jetzt Panikmache betreiben würden. „Wenn Sie jetzt davor warnen, dass Lebensversicherer in eine Schieflage geraten könnten, dann schüren Sie nur Ängste und verunsichern die Verbraucher noch mehr!“
Ich solle mir doch darüber klar werden, welche Verantwortung wir tragen würden. „Sie sind dann daran schuld, wenn niemand mehr Verträge abschließt, immer mehr Verträge gekündigt werden und die Schwierigkeiten der Unternehmen immer größer werden!“. So oder so ähnlich lauten die Vorwürfe.
Was ich aber nicht als Vorwurf höre: Dass die pessimistische Einschätzung falsch wäre. Niemand behauptet noch, dass es den Lebensversicherern prächtig ginge. Niemand behauptet noch, dass die Lebensversicherer so richtig fest im Sattel sitzen. Vor ein paar Monaten hatte ich die Lage noch nicht ganz so pessimistisch gesehen. Aber…
Ich habe mich in den letzten Monaten viel mit verschiedensten Menschen aus der Versicherungswelt über die Lage der Lebensversicherer unterhalten: Manager, Analystinnen, Vermittler, Mitarbeiterinnen der Aufsicht, Aktuare, Fachjournalistinnen, Wissenschaftler, Lobbyvertreter (der Versicherungswirtschaft), Verbraucherschützerinnen (also Lobbyisten der Verbraucher), Kolleginnen und Kollegen... Niemand hat noch ernsthaft behauptet, dass sie oder er davon ausginge, dass die Branche unbeschadet durch die Krise geht. Niemand.
Alle Fachleute gehen davon aus, dass bald irgendetwas mehr oder weniger Gravierendes geschehen wird. Die Branche ist im Umbruch das ist klar. Aber allen ist auch klar, dass der Umbruch an der einen oder anderen Stelle auch mit einem Zusammenbruch einhergehen wird. Keiner bestreitet das noch ernsthaft.
Was mir also vorgeworfen wird ist, dass ich etwas öffentlich mache, was den Fachleuten offenbar ist. Und vorgeworfen wird mir, dass ich damit die Lage nur verschlimmern würde.
Verschlimmert hat sich die Lage in jüngster Zeit aber durch ganz andere Dinge: War bis vor kurzem noch eine vage Hoffnung, dass bei der Zinszusatzreserve die Aufsichtsbehörde eine Lockerung vornehmen könnte, so hat sich diese Hoffnung durch die jüngsten Ausführungen von Herrn Grund zerschlagen. Hatten wir noch eine leise Hoffnung, dass sich die Versicherungsunternehmen angesichts der schwierigen Lage etwas zurücknehmen, so deutet sich schon wieder ein aggressives Jahresendgeschäft an. Hatten wir im Verbraucherschutz die Hoffnung, dass die Branche ihre Probleme erkennt und sich bei Großprojekten der Altersvorsorge erst mal zurücknimmt, zeigt sie sich in der gerade laufenden Rentendiskussion als willig und möchte wieder ein großes Stück vom Kuchen.
Die Entwicklungen der letzten Monate und Wochen haben gezeigt, dass die Versicherer keine Konsequenzen aus ihrer desolaten Lage ziehen. Verantwortung zu übernehmen würde bedeuten, die eigenen Fehler einzugestehen und zuzugeben. Das tut die Versicherungswirtschaft aber nicht. Kein Lebensversicherer gibt offen zu, dass er sich verkalkuliert hat. Wer aber keine Einsicht in die eigenen Fehler hat, von dem kann man nur schwerlich Besserung erwarten.
Es ist dringend notwendig, dass sich die Versicherer in Ehrlichkeit üben. Zunächst gegenüber sich selbst und dann gegenüber den Kunden. Wer aber die Augen gegenüber Realität und den Problemen verschließt, dem müssen die Augen geöffnet werden. Besser die Augen öffnen sich schon jetzt, weil jemand warnt, als erst später, wenn die ersten Katastrophen eintreten.