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Kleinleins Klartext

Provisionsdeckel mit 400 Stundenkilometern!

Provisionsdeckel mit 400 Stundenkilometern!

 08.05.2019  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Wer oft gerne schnell Auto fährt hat Angst vor dem einen bösen Wort: „Tempolimit“. Vor einigen Jahrzehnten scharten sich diese Fahrbegeisterten unter der Losung „freie Fahrt für freie Bürger“. 

Sie befürchteten, in ihrer Menschenwürde eingeschränkt zu werden, würde ihnen ein Tempolimit auferlegt. Das, was in Nordkorea, auf der Isle of Man oder in Afghanistan erlaubt ist, das darf doch in Deutschland nicht verboten werden!

Der Angstmacher: Tempolimit

Jetzt stellen Sie sich vor, es würde demnächst ein Tempolimit eingeführt. Vermutlich gibt es eine ganze Reihe von Autobegeisterten, die alleine schon aus ganz grundsätzlichen Erwägungen gegen dieses Tempolimit opponieren, nur aus Prinzip. Da wäre es egal, ob das Tempolimit bei 130 km/h, 200 km/h oder gar 250 km/h liegen würde. „Ich bin ein freier Bürger und darf so viel rasen wie ich will!“, so oder so ähnlich würden sich die Raser*innen wohl beklagen.

Und jetzt stellen Sie sich vor, dieses Gesetz zum Tempolimit lässt noch eine Hintertür offen, die besonders guten Autofahrer*innen erlaubt, sogar 400 km/h zu fahren. Wer als „besonders-gut-fahrend“ gilt? Das sollen genau diejenigen sein, die sich selbst immer wieder vor dem Spiegel fragen: „Bin ich so richtig gut hinterm Steuer?“ Und wenn diese sich dann selber antworten: „Ja, ich bin eigentlich so richtig gut, wenn ich schnell fahre“, dann soll die Sonderregelung greifen.

Ob bei einem solchen Gesetz dann noch immer viele über das Tempolimit schimpfen? Vermutlich ja. So zeigen es die derzeitigen Erfahrungen. Denn im Bereich der Lebensversicherung geht es ähnlich zu. Da geht’s aber natürlich nicht um ein Tempolimit, sondern es geht um den „Provisionsdeckel“.

Der Angstmacher: Provisionsdeckel

Die Reflexe bei einigen Versicherungsvermittler*innen und deren Gefolgschaft sind sehr ausgeprägt, wenn es um deren Angstmacher geht: „Provisionsdeckel“. Sie befürchten, in ihrer Freiheit eingeschränkt zu werden, würde eine Beschränkung der Provisionen beschlossen. Es muss doch möglich sein, so viel an Provisionen herauszuquetschen, wie man gerade noch aushandeln kann. Oder etwa nicht? Es geht doch um die heilige Vertragsfreiheit! Und deswegen wird ein Provisionsdeckel von so Einigen rigoros abgelehnt.

Jetzt soll nach den Ideen des Bundesfinanzministeriums ein Provisionsdeckel bei kapitalbildenden Lebensversicherungen eingeführt werden. Der soll aber nun keine echte Beschränkung darstellen. Weder soll auf ein Provisionsniveau gedeckelt werden, wie es früher einmal üblich war – der würde nämlich dann bei 1,5 Prozent der Beitragssumme liegen. Das Ministerium will noch nicht mal auf das jetzige Niveau dessen deckeln, was bilanziell derzeit an Abschlusskosten erlaubt ist – nämlich 2,5 Prozent. Stattdessen sollen all diejenigen Versicherungsunternehmen sogar bis zu vier Prozent ansetzen dürfen, wenn sie qualitativ so richtig gute Vermittler*innen haben.

Wer als „qualitativ-besonders-gut-vermittelnd“ gilt? Vereinfacht sollen das genau diejenigen sein, die sich selbst immer wieder vor dem Spiegel fragen: „Sind meine Vermittler und Vermittlerinnen eigentlich so richtig gut?“ Und wenn diese sich dann selber antworten: „Ja, ich finde schon, dass die ziemlich gut sind“, dann soll die Sonderregelung greifen. Dann dürfen sogar vier Prozent der Beitragssumme als Abschlusskosten fließen.

Was bleibt: Symbolpolitik

Ich finde, das, was das Ministerium vorhat, hat nichts mit einem echten Provisionsdeckel zu tun. Das ist Symbolpolitik, die niemandem hilft, sondern stattdessen viele erbost. Diejenigen, die partout keinen Provisionsdeckel wollen, sind verärgert, weil überhaupt ein Provisionsdeckel eingeführt wird. Diejenigen, die von Seiten der Verbraucher einen Provisionsdeckel wollen, sind empört, weil dieser Vorschlag noch immer viel zu hohe Provisionen ermöglicht.

Wir bräuchten endlich Regeln, die klare Antworten geben auf die Probleme, die wir in der Lebensversicherung haben. Wir haben, gemessen an den garantierten Leistungen, viel zu hohe Provisionen. Entweder müssen die Produkte besser werden, so dass die Verbraucher*innen im Gegenzug für die hohen Provisionen auch Produkte mit einer hohen Qualität und hohen Leistung bekommen. Das ist aber nicht zu erwarten. Im Gegenteil werden die Angebote ja stetig immer schlechter. Oder aber die Provisionen müssen deutlich runter. Und das geht nur mit einem Provisionsdeckel – einem echten, der nicht nur Symbolpolitik ist.

Hintergrund:
Warum derzeit die Provisionen um ein Vielfaches höher sind als vor 20 Jahren – ein Video:
https://www.youtube.com/watch?v=JJneNL0TmK8


Länder ohne Geschwindigkeitsbegrenzung.

 

 

 

              


Kommentare
Kommentar von Hans Hauser  am  09.05.2019 08:49
Beim Thema „Qualität der Beratung“ scheint der Verfasser den Referentenentwurf wohl nicht oder nur oberflächlich gelesen zu haben.
Ich würde mir auch eine Erweiterung des Entwurfes wünschen: Keine Umgehungsmöglichkeiten der Prvisionsdeckelung durch Personen die Beratungshonorate vereinbaren oder die Beratung über einen eingetragenen Verein mit Mitgliedsgebühren abwickeln.

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