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Kleinleins Klartext

Respekt, liebe Unternehmen! Ihr betreibt „legalen Betrug!“

Respekt, liebe Unternehmen! Ihr betreibt „legalen Betrug!“

 04.11.2015  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Und wieder einmal hat sich letzte Woche ein Vertreter der Versicherungsbranche bitterlich bei mir beklagt, dass ich immer wieder vom „legalen Betrug“ reden würde. Es wäre für ihn geradezu eine Beleidigung, immer wieder damit konfrontiert zu werden.

 

Das Leiden war sogar seiner Körperhaltung anzusehen, drehte er sich doch immer wieder mitten im Gespräch unvermittelt weg. So hatte ich leider keine Gelegenheit ihm zu erläutern, dass der „legale Betrug“ eigentlich ein Angriff auf den Gesetzgeber ist – und sogar ein Kompliment an die Versicherungswirtschaft. Warum? Bitte folgen Sie mir dazu ein paar Gedankengänge…

Es ist ja ein alter Hut, die Lebensversicherung als „legalen Betrug“ zu bezeichnen. Zur Erinnerung: Es geht darum, den Grundcharakter eines Lebensversicherungsvertrags durch diesen Begriff provokant zu beschreiben. Nach meiner Lesart begründet sich der „Betrug“ wie folgt: Einerseits werden den Kunden üppige Überschussleistungen als sehr plausibel in Aussicht gestellt. Andererseits erlauben aber immer wieder neue Regeln und Gesetze den Unternehmen die Auszahlungen zu kürzen. Und weil das ursprüngliche „Versprechen“ hoher Überschüsse nicht eingehalten wird, fühlen sich die Kunden natürlich betrogen.

Der Erfolg des "legalen Betrugs" basiert auf zwei Komponenten

Der Erfolg des „legalen Betrugs“ basiert also auf zwei Komponenten: Zum einen der „Betrug“ und zum anderen die „Legalität“. All das, wo wir Verbraucherschützer immer mit den Versicherungsunternehmen und deren Lobbyisten schimpfen, bezieht sich auf den ersten Teil, auf den „Betrug“. Aber Hand aufs Herz, jede Branche würde sich darum reißen, mit Kundengeldern deftige Gewinne zu machen, wenn ihnen das Betrügen der Kunden rechtlich ausdrücklich erlaubt wäre!

Warum sollte sich denn eine Branche selbst schädigen und besonders ehrlich sein, wenn sie das nicht muss? Wenn ihnen das Gesetz viele Möglichkeiten gibt, die Kunden an der Nase herumzuführen? Wie will denn ein Manager seinen Aktionären erklären, dass er besonders lieb zu seinen Kunden ist, obgleich das Gesetz doch eine härtere Gangart und damit auch höhere Gewinne ermöglichen würde? Das geht nicht. Im Gegenteil!

So ist das zum Beispiel in der Versicherungsbranche: Versicherungsunternehmen sind nämlich keine gemeinnützigen Unternehmungen. Die wollen auch Gewinne erwirtschaften. Und deshalb sind sie betriebswirtschaftlich angehalten dem legalen Betrug zu frönen. Jeder Manager, der absichtlich und nur aus Gutmenschentum auf Gewinne verzichtet, hat seinen Job verfehlt. Und wenn es die Gesetze nun mal erlauben besonders brüsk mit den Kunden umzugehen, dann ist es eben die Pflicht der Versicherer die Kunden entsprechend hart ranzunehmen.

So gesehen ist es ein Lob

So gesehen ist es also ein Lob, wenn ich den Unternehmen unterstelle, „legalen Betrug“ zu betreiben! Mit allem Respekt bezeuge ich damit, dass die Unternehmen so klug und clever sind, so geschickt und ausgebufft, dass sie die Lücken des Gesetz zu ihren Gunsten zu nutzen wissen. Der Ursprung allen Übels liegt ja in der Legalität, die diesem Treiben ärgerlicherweise qua Gesetz gegeben ist.

Wenn ich den „legalen Betrug“ der Lebensversicherung beklage, dann geht der Angriff gegen den Gesetzgeber, der diesen „legalen Betrug“ wissentlich ermöglicht. Also, kein Grund sich wegzudrehen oder sich gar persönlich beleidigt zu fühlen! Oder haben Sie gar ein schlechtes Gewissen?

PS: Ceterum censeo occulta reserves esse recederem.


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