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Kleinleins Klartext

Respektrente? Respektbeschäftigung!

Respektrente? Respektbeschäftigung!

 06.02.2019  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Die Altersvorsorge für Geringverdienerinnen und Geringverdiener soll nach Ideen des SPD-Arbeitsministers Hubertus Heil besser werden. „Respektrente“ ist das Schlagwort, mit dem Heil für dieses zusätzliche steuerfinanzierte Aufbessern der Rente wirbt.

 

Damit soll der Respekt vor der Lebensleistung der langjährig arbeitenden Geringverdienerinnen und Geringverdiener zum Ausdruck kommen. Wer über eine gewisse Zeit arbeitet, Kinder betreut oder Angehörige pflegt, soll eine Rente oberhalb der Grundsicherung bekommen – eben die „Respektrente“.

An diesem Konzept der Respektrente gibt es aber etwas, das mich richtig ärgert.

Erst einmal finde ich es absolut in Ordnung, wenn wir uns als Gesellschaft darauf verständigen, dass bestimmte Personengruppen im Alter etwas mehr bekommen sollen und das auch auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler. Wie das dann genau ausgestaltet werden soll, darüber kann man streiten. Wie stark das unter dem Dach der gesetzlichen Rente stattfinden soll, das kann man auch kritisch hinterfragen. Denn die „Gesetzliche“ ist von der Grundidee her ja eigentlich nach einem abgeschwächten Äquivalenzprinzip organisiert, da wäre die Respektrente womöglich ein (weiterer) Fremdkörper. Aber das sind eher technische Fragen, die lassen sich lösen.

Es ist auch in Ordnung, wenn man bestimmte Personengruppen (z. B. pflegende Angehörige) bevorzugen möchte, solange das in einem demokratisch abgestimmten, vernünftigen und fairen Konsens erfolgt. Auch da habe ich kein Problem mit der Respektrente.

Der Hauptmotor der Altersvorsorge

Das Problem ist aber, dass mit der Respektrente ausgeblendet wird, was der eigentliche Hauptmotor der Altersvorsorge sein sollte. Altersvorsorge sollte nämlich auf einem vernünftigen Erwerbseinkommen und den daraus erworbenen regulären Rentenansprüchen beruhen. Man kann noch so viel über Rentenzuschüsse, Förderung der privaten Altersvorsorge und Stärkung der betrieblichen Altersvorsorge diskutieren, wie man will. Es bleibt dabei: Die gesetzliche Rente aus dem eigenen Erwerbseinkommen ist für die meisten die mit Abstand wichtigste Altersvorsorge.

Aber diese große Bedeutung der aus eigener Arbeit erworbenen Ansprüche aus der „Gesetzlichen“ wird durch die Respektrente verwässert. Bei der kommt es nämlich auf einmal nicht mehr darauf an, was man selbst (und der Arbeitgeber) in das System eingezahlt hat. Da ist es nur noch wichtig, dass man die Kriterien für die Respektrente erfüllt, um das Steuergeschenk zu bekommen. Es wäre aber respektabler, wenn man die Rente aus eigener Kraft erarbeitet hätte und nicht auf Steuergeschenke angewiesen wäre.

Richtig schwierig wird es, wenn man bei der Frage des „Respekts“ auch dazwischen unterscheiden will, aus welcher Art der Beschäftigung diese Respektrente resultiert. Zum Beispiel folgende Betrachtung: Da arbeitet jemand über lange Zeit in einer kleinen Teilzeitbeschäftigung, weil er oder sie in einer glücklichen Beziehung lebt und der Ehegatte oder die -gattin richtig viel verdient und für das Alter keine Sorgen bestehen. Braucht es da eine Respektrente? Wenn demgegenüber jemand nur deswegen in Teilzeit arbeitet, weil diese Person sich um Angehörige kümmern muss und es einfach zeitlich nicht schafft, mehr zu arbeiten, dann wäre hier die Forderung nach einer Respektrente leichter nachzuvollziehen. Mit dem Gedanken im Hinterkopf müsste man also bei der „Respektrente“ auch schauen, ob sie aus einer Tätigkeit resultiert, die der hauptsächliche Wirtschaftserwerb im Leben war.

Es müsste also darum gehen auch so etwas wie „Respektbeschäftigungen“ zu definieren, aus denen ein Anspruch auf eine Respektrente ableitbar wäre. Das ist ein politisch ziemlich schwieriges Unterfangen. Womöglich kann man das aber sogar meistern.

Respektrente als Schlupfloch

Es muss dann aber aufgepasst werden, dass mit der Respektrente nicht ein Schlupfwinkel geschaffen wird, mit dem Politik und knausrige Arbeitgeber so tun könnten, als hätten auch Geringverdienerinnen und Geringverdiener die Möglichkeit, eine „respektable Rente“ zu erreichen, ohne dass das Einkommen eigentlich hoch genug dafür wäre. Auf Kosten der Steuerzahlerinnen und Steuerzahler würde dann die Rente künstlich hochgerechnet. Wer davon profitiert? Zum Beispiel eben die Arbeitgeber, die ansonsten mehr zahlen müssten oder annehmbarere Jobs anbieten müssten. Wer verliert? Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler, die tiefer in die Tasche greifen müssen.

Die Respektrente wäre aus diesem Blickwinkel dann mittelbar eine Subvention für Arbeitgeber im Niedriglohn- und Teilzeitsektor. Müssen die sich doch dann keine Gedanken mehr machen, ob ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter später eine akzeptable Rente bekommen – die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler übernehmen das ja dann bei der Respektrente. Die Arbeitgeber werden aus der Pflicht genommen, über angemessene Beschäftigungsverhältnisse ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern eine angemessene Altersvorsorge zu ermöglichen. Und die Politik bekommt mit der Respektrente ein Feigenblatt, auf das sie verweisen können, wenn es um die Vorsorge im Niedriglohnbereich geht.

Es gibt nur einen Weg für eine echte Respektrente

Es gibt nur einen Weg für eine echte Respektrente, nämlich den, dass sich die Bürgerinnen und Bürger ihre Respektrente aus ihrer Erwerbsarbeit selbst verdienen. Dazu bedarf es aber dann auch angemessener Beschäftigungsverhältnisse. Für die Altersvorsorge sind Respektbeschäftigungen wichtiger als Respektrenten.

Was in dieser Diskussion wieder offenbar wird: Nur wer genug verdient, erwirbt genug Rentenansprüche und hat auch Geld übrig für private Vorsorge. Wer für produktive Arbeitsverhältnisse sorgt, in denen dann auch genug verdient wird, der betreibt eine richtige Politik in Sachen Altersvorsorge. Damit das gelingt, müssen dann Arbeitszeiten und Lohn zueinander passen. Es braucht dann eben geeigneter Respektbeschäftigungen.

PS: Gerade für diejenigen, die eher wenig verdienen, ist eine Erhöhung der Einkommen die beste Förderung der Altersvorsorge. Wer die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler für eine Respektrente zahlen lassen will, der muss hinterfragen, ob der aktuelle Mindestlohn denn auch ein „Respektlohn“ ist.


Kommentare
Kommentar von Walter Fuchs-Stratmann  am  12.02.2019 15:06
...genau so ist das!!! Auf den Punkt gebracht: Respektlohn. Stimme uneingeschränkt zu.

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