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Kleinleins Klartext

RIP Lebensversicherung

RIP Lebensversicherung

 16.09.2015  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Die traditionelle Lebensversicherung liegt im Sterben. Das sage nicht nur ich, sondern das war eine vermeintlich provokative These eines Analysten von EY auf einer internationalen Konferenz letzte Woche. Interessiert das die Versicherer? Nicht wirklich.  

Sogar die beiden Vertreter von AXA und Allianz haben nicht die Mine verzogen, als der Analyst erklärte, dass das Kerngeschäft dieser Konzerne im Sterben liege.

Zugegeben, die beiden Konzernvertreter kamen aus den jeweiligen Investmentgesellschaften. Aber zumindest im Publikum outete sich dann doch noch jemand, als zugehörig zur Versicherung des einen Versicherungskonzerns. Aber auch von ihm keine Gegenargumentation. Die traditionelle Lebensversicherung liegt also unbestritten im Sterben.

Das Siechen der Lebensversicherung - ein Randthema

Auf der internationalen Konferenz „WorldPensionSummit 2015“, die sich, wie der Name schon sagt, um Pensionen und Altersvorsorge kümmert, war das Siechen der traditionellen Lebensversicherung aber nur ein Randthema. Vertreter der traditionellen Lebensversicherung waren kaum zugegen. Kaum eine Diskussion bei der sich mal jemand für die Versicherer stark gemacht hätte.

Zugegeben, auch der Verbraucherschutz war nur schwach vertreten (nur durch einen Teilnehmer und der schreibt jetzt gerade). Aber immerhin ist es mir bei meinem Auftritt gelungen, darauf hinzuweisen, dass es bei Pensionen nicht nur auf das Sparen ankommt, sondern auch auf die Auszahlphase. Und dass es bei einer Pension nicht nur auf die Rendite ankommt, sondern auch darauf, dass das Gesamtprodukt funktioniert und glaubwürdig ist: „Trust ist the word“, auf das Vertrauen kommt es an. Das habe ich gesagt und andere haben es dann auch aufgegriffen.

"Trust is the word"

Den Spruch habe ich von dem Präsidenten der europäischen Aufsicht geklaut, der auf einer anderen Konferenz letzte Woche, genau für die neue europäische Rente PEPP geworben hat. Und auch auf dieser Konferenz habe ich das Plenum darauf hingewiesen, dass es nicht nur um die Ansparphase geht, sondern eben auch ganz stark darum, wie denn die Verrentung funktionieren soll.

Das wird die Kerndiskussion der nächsten Jahre. Wie organisieren wir die Auszahlphase? Wie kommen die Altersvorsorgesparer dann später im Alter an ihr Geld?

Hier in Deutschland gehen wir einen vergleichsweise eigentümlichen Weg. Wir Deutsche hegen sowieso schon immer einen Fetisch für Garantien, der dann zu Exzessen wie die neuartigen Dreitopfhybride oder spezielle Abarten der Variable Annuities führt. Und zusätzlich haben wir aufsichtsrechtlich sehr starke Beschränkungen was eben die Auszahlung von Altersvorsorge angeht.

Steuerlich gilt hierzulande ein Vertrag nur dann als förderungswürdige Altersvorsorge, wenn er in eine Rente bei einem Lebensversicherer mündet. Allianz, Axa und die anderen haben also in letzter Konsequenz als Branche ein Monopol auf Altersvorsorge – in Deutschland. Und das nutzen sie aufs Äußerste aus. Für die Kalkulation dieser Renten haben sie sich (unter Mitwirkung der nationalen deutschen Aufsichtsbehörde) lustige Sterbetafeln ausgedacht, die sie (unter ausdrücklicher Billigung des Finanzministeriums) dann so pervertierten, dass sich die Rente für den Kunden nicht mehr lohnt.

In den Niederlanden zeichnet sich ein anderer Weg ab

Das ist der deutsche Sonderweg. Im Ausland, etwa Niederlande zeichnet sich ein anderer Weg ab. Da dürfen demnächst auch Investmentgesellschaften Verrentungen anbieten. Wie die dann genau ausschauen werden, ist noch unklar. Ein Befreiungsschlag aus den Fesseln der Versicherer ist es allemal.

Vermutlich kommen wir nicht umhin, uns auch in Deutschland damit auseinanderzusetzen, dass womöglich Altersvorsorge und Verrentung nicht nur über Versicherungen abgewickelt werden. Zum Beispiel stattdessen auch über Investmentfirmen. Man stelle sich vor, Allianz Global Investors, die Investmentgesellschaft der Allianz, bietet ein eigenes Rentenprodukt an! Das heißt dann Konkurrenz im eigenen Konzern! Das ist dann eine Konkurrenz der Systeme und nennt sich Wettbewerb.

Da darf sich dann die Lebensversicherung warm anziehen, wenn sie bei diesem Wettbewerb noch reüssieren will. Oder aber sie ist dann sowieso schon tot. Bei einer Rente verlangt der Versicherer regelmäßig einen Überlebensnachweis der versicherten Person. Ob man den dann auch bald von der deutschen Lebensversicherungsbranche einholen müsste?


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