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Kleinleins Klartext

Sagen Sie doch mal Dankeschön

Sagen Sie doch mal Dankeschön

 27.02.2019  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Lieber Christoph Hardt,

lange haben wir nichts voneinander gehört. Schön, dass Sie sich nun per Twitter mal wieder melden. Aber angesichts Ihres Tweets bin ich etwas ärgerlich.

Sie sind nun schon seit November 2013 Leiter der Kommunikation beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. Als ich im Januar 2014 vom „Todesstoß" für die Lebensversicherung gesprochen habe, hat Sie das offensichtlich so sehr beeindruckt, dass es Sie auch heute noch bewegt.

"Ziemlich lebendig"

Sie empfinden die Lebensversicherung auch heute noch immer als „ziemlich lebendig“ und führen dazu diverse GDV-Jahreszahlen als Beleg an. Besonders überzeugend sind diese Zahlen im Detail aber nicht. Ich finde nicht, dass Sie besonders stolz auf eine Stornoquote von 2,6 Prozent sein können. Für Ihre Branche ist es ein Armutszeugnis, dass noch immer das Stornieren der lebensversicherungsförmigen Altersvorsorge der Normalfall ist. Aber dazu haben wir ja mehr in unserer letzten Pressemitteilung geschrieben. Auch, dass die sogenannten „neuen Garantien“ das Hauptgeschäft im Abverkauf ausmachen, ist kein Hinweis auf eine „lebendige Branche“. Ist diese Produktbezeichnung doch leider ein Euphemismus für besonders intransparente und kostenintensive Angebote.

Das, was Sie also stolz macht, können nicht die Details dieser Jahreszahlen sein, sondern alleine die Tatsache, dass die Lebensversicherungsbranche nicht tot ist. Und ich gebe zu, das ist keine Selbstverständlichkeit. Im Gegenteil: ich war nicht die einzige Unke, die rief, dass der Tod kurz bevorstünde.

Hohn und Spott

Anstatt mir nun aber zu danken, scheinen Sie Hohn und Spott ausschütten zu wollen. Aber stellen Sie sich vor, die Unkenrufe hätte es nicht gegeben! Malen Sie sich mal aus, was wäre, hätten wir nicht kassandragleich gewarnt!

Sie hätten vermutlich keine politische Unterstützung bei der Kürzung der Beteiligung an den Bewertungsreserven bekommen. Denn das Lebensversicherungsreformgesetz (LVRG) vom Sommer 2014 erlaubt es Ihrer Branche, Milliarden an Überschüssen zurückzuhalten. Und das kam ja gerade nachdem ich (und auch andere) gewarnt haben. Zufall? Oder hat die Politik einfach die Warnrufe gehört und Ihrer Branche kräftig unter die Arme gegriffen?

Auch hätten Sie keine aufsichtsrechtliche Erlaubnis bekommen, die Folgen Ihrer Kalkulationsfehler mit anderen Überschüssen gegenzurechnen. Das hat die Versicherten weitere Milliarden gekostet und Ihre Branche unterstützt. Wie kam es, dass Ihnen dieses Gegenrechnen erlaubt wurde? Ja, die Angst der Politik, dass die geschwächte Lebensversicherung einfach mal die Grätsche macht. Und durch wen bekam die Politik diese Ängste? Genau, da gehörte auch ich dazu.

So ging das die ganzen Jahre weiter. Und erst letztes Jahr hat die Aufsicht dann die Sicherheitsanforderung an die Lebensversicherer mal schnell gelockert, die Anforderungen an die Zinszusatzreserve (die gibt es auch, weil sich Ihre Branche massiv verkalkuliert hat) sind seitdem etwas weniger strikt. Und wer hat Ihnen denn dabei geholfen, dass eine Lockerung erfolgte? Ausnahmsweise sogar wir vom Bund der Versicherten. Denn den Versicherten ist nicht geholfen, wenn die Versicherer pleitegehen.

Unterm Strich

Unterm Strich: Milliardengeschenke, Milliardenhilfen und Milliardenentlastungen zu Gunsten Ihrer Branche und zu Lasten der Versicherten. Ohne diese Milliarden wäre Ihre Branche pleite. Und da reden Sie von einer „lebendigen“ Branche? Das klingt mehr nach Walking Dead, da ist ein Zombie-Walk erfrischender!

Nein, Herr Hardt, machen Sie sich ehrlich und geben zu, dass diese Branche nur noch deshalb am Leben ist, weil die Versicherten Verzicht üben und zähneknirschend niedrige Leistungen hinnehmen. Ihre Branche hätte ohne die politischen Hilfen die letzten Jahre nicht überstanden.

Bevor Sie sich und Ihrer Branche mit übertriebenem Stolz auf die Schultern schlagen und feiern, sollten Sie Demut üben und denen Danke sagen, die das Überleben der Lebensversicherung ermöglichten. Ein Dankeschön an die Versicherten, die die Kalkulationsfehler ausbaden, wäre dringend angebracht. Und vielleicht auch ein kleines Dankeschön an diejenigen, die in der politischen Diskussion nicht mit Häme agieren, sondern mit Augenmaß die besten Lösungen suchen.

Vielleicht laufen wir uns dazu mal wieder über den Weg. Das würde mich freuen!

Beste Grüße
Axel Kleinlein
PS: Wir sind ja gerade mit dem BdV erfolgreich nach Hamburg gezogen. Schauen Sie doch mal vorbei, wenn Sie in der Hansestadt sind!

Der fragliche Tweet:

 

 

 


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