Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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Sehr geehrter Herr Asmussen,
es ist traurig, dass die Diskussion um die Zinszusatzreserve (ZZR) in den Medien schon fast als ein persönlicher Streit zwischen uns beiden dargestellt wird. Daher wende ich mich mit diesem offenen Brief an Sie.
Unser Disput wird als ein Gezänk um Zahlen charakterisiert. Und dabei haben die Kommentatoren anscheinend noch nicht einmal verstanden, dass wir gar nicht weit auseinanderliegen! Denn die Zahlen, die mein Verbraucherverband, der Bund der Versicherten (BdV) annimmt und die Zahlen, die Ihr Lobbyverband, der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) prognostizieren, sind nicht weit voneinander weg:
Ich sehe hier – in Anbetracht der Größenordnung - keinen eklatanten Unterschied (auch wenn Sie etwas mehr „schwarzmalen“).
Die Unterschiede zwischen unseren Aussagen sind also gering. Im Grunde sollten wir uns also vertragen können. Ihre Kritik an unseren Zahlen scheint hauptsächlich darin zu bestehen, dass wir zu geringe Werte behaupten. Aber auch schon die von uns behaupteten „nur“ 80 Milliarden sind ja aus Sicht des GDV fatal!
Noch vor zwei Jahren haben Sie beim GDV befürchtet, dass eine ZZR von 80 Milliarden in einer Dimension liegen würde, die „weder wirtschaftlich gerechtfertigt noch auf Dauer für die Unternehmen tragbar“ wäre. Damals haben Sie das Niveau von 80 Milliarden erst für das Jahr 2024 angenommen. Wir haben dann zusammen (GDV und BdV) erfolgreich für eine neue Berechnungsmethode der ZZR gekämpft.
Trotzdem haben wir diese Dimension von 80 Milliarden jetzt längst erreicht (nach Ihrer eigenen Schwarzmalerei ist es jetzt sogar schon noch schlimmer). Wir befinden uns also auch nach Sicht des GDV in einer Situation, die für die Unternehmen nicht mehr tragbar ist.
Und was sagen Sie den Versicherten, die um ihre Altersvorsorge bangen? Was sagen Sie den Parlamentariern, Ministern und Verwaltungsbeamten, die Ihnen vertraut haben, dass Sie das alles im Griff haben? Bisher leider sehr wenig. Es scheint Sprachlosigkeit zu herrschen. Auf Ihrer Internetpage sind die wichtigsten Themen derzeit nur, wie Hollywoodstars versichert werden, welche „geilen Jobs“ es in der Assekuranz gibt oder „Generation Z - Wo die coolen Kerle* wohnen“. Die Krise der Lebensversicherung findet in Ihrem Internetauftritt erst mal nicht statt.
Herr Asmussen, es ist an der Zeit, dass endlich Klartext gesprochen wird. Und zwar Klartext, der nachvollziehbar, sachlich und ungeschönt ist. Wir müssen den Versicherten klarmachen, in welch brisanter Lage die Altersvorsorge mit Lebensversicherungen ist und worauf sie sich einstellen müssen.
Aus Ihrer Sicht ist die Belastung für die Unternehmen nicht mehr tragbar. Auch wir sehen ein Viertel der Branche unter diesen Belastungen ächzen. Neben allen Vorbehalten haben wir anscheinend also doch eine ähnliche Sicht.
Wir beide wissen, dass die Lage sehr, sehr ernst ist.
Lassen Sie uns gemeinsam Versicherte, Politik und Öffentlichkeit über die Lage informieren. Nüchtern, ohne Beschönigungen. Auf Grundlage der vorliegenden Zahlen. Wir als BdV stützen uns in unserer Argumentation auf die harten Zahlen der öffentlich zugänglichen Solvenzberichte. Die Zahlen und unsere Analysen sind frei und gratis verfügbar. Aus unserer Sicht ein guter Start für eine konstruktive Diskussion.
Es ist müßig, in die Vergangenheit zu schauen und auszudeuten, wer für die Fehlkalkulationen in den 80er- und 90er-Jahren verantwortlich ist. Lassen Sie uns nach vorne schauen und überlegen, wie wir den Versicherten die Lage so erklären können, dass nicht der Worst Case eintritt.
Sie werden Unterstützung dabei brauchen. Aber Sie stehen nicht alleine da. Wir, BdV und GDV, haben schon vor zwei Jahren gemeinsam gegenüber der Politik die Notwendigkeit der Korridormethode in der ZZR adressiert. Wir stehen als Bund der Versicherten auch jetzt bereit. Lassen Sie uns gemeinsam nach Lösungen suchen, um eine glaubhafte Kommunikation in der Krise zu etablieren - für die Versicherten.
Mit besten Grüßen
Axel Kleinlein
Wie unser „Streit“ in den Fachmedien dargestellt wird:
https://www.dasinvestment.com/streit-um-folgen-der-zinszusatzreserve/
Was der GDV noch vor zwei Jahren sagte:
https://www.gdv.de/de/themen/positionen-magazin/weniger-bringt-allen-mehr-42450
Was wir in unserer Pressemitteilung gesagt haben:
Unsere Analyse der Finanzstärke der einzelnen Unternehmen:
https://www.bundderversicherten.de/stellungnahmen/solvabilitaetsberichte/2020