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Kleinleins Klartext

Sozialisierte Abzocke - Im Würgegriff der Kassen und Ärzte

Sozialisierte Abzocke - Im Würgegriff der Kassen und Ärzte

 19.10.2016  Kleinleins Klartext  1 Kommentar  Axel Kleinlein

Klar, dass es immer wieder ernste Probleme mit der privaten Krankenversicherung gibt. Unverständliche und überbordende Beitragsanpassungen, Probleme beim Tarifwechsel und Streit bei Abrechnungen. Das kennen wir ja. Es gibt bei manchen Verbraucherschützern so einen Reflex, den gesetzlichen Konkurrenten immer erst einmal gutartige Dinge zu unterstellen. Zu Recht? Weit gefehlt!

Dank jüngster Enthüllungen wissen wir jetzt mehr über die Abgründe, in denen die gesetzlich Versicherten gefangen sind. Alles im Namen der Gewinnmaximierung bei Krankenkassen und Ärzten! Dass dabei dann auch noch privater Versicherungsschutz torpediert wird, gilt dann als Kollateralschaden. Und das Beste: Es ist eine echt sozialisierte Abzocke, denn bezahlen dürfen das alle Beitragszahler gemeinsam! Wie das funktioniert? Ganz einfach!

Dreh- und Angelpunkt sind Abrechnungssysteme, die dazu führen, dass Krankenkassen und Ärzte ein gemeinsames Ziel haben: Sie möchten möglichst kranke Versicherte, die möglichst wenig Aufwand erzeugen. Am einfachsten geht das, indem der Arzt jemanden, der nur leicht angekränkelt ist, einfach als besonders krank bezeichnet! Der hohe Cholesterinspiegel wird zur Diabetes, der Sonnenbrand zur Allergie und die Nach-Karnevalsmüdigkeit mutiert zur Depression…

Haben Sie sich schon mal gefragt, warum es so einfach, ist mit einem leichten Schnupfen eine Krankschreibung über mehrere Wochen zu bekommen? Jetzt kennen Sie den Hintergrund! Denn hinter dem Zahlenkürzel auf der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung verbirgt sich womöglich nicht Ihr leichter Schnupfen. Da wird ihnen womöglich schon eine erste Herbstgrippe unterstellt. Oder vielleicht bescheinigt Ihnen Ihr Arzt sogar eine ausgewachsene Lungenentzündung! Das berechtigt Sie dann auch dazu, dem Büro mehrere Wochen fern zu bleiben.

Fragwürdige Win-win-Situation

Eigentlich ist das doch eine recht angenehme Sache, denkt sich der Arbeitnehmer. Ich habe ein paar Wochen frei und der Arbeitgeber bekommt von der Krankenkasse auch einen gewissen Ausgleich. Und die Krankenkasse erhält über den Risikostrukturausgleich auch noch ein paar Euro extra, wenn die Krankheit besonders krass ist. Der Arzt kann schließlich auch noch bei einer Lungenentzündung mehr abrechnen als beim einfachen Schnupfen. Tolle Sache! Alle gewinnen! Eine Win-win-win-win-Situation. Oder?

Aber wenn die einen Geld bekommen, dann müssen andere Geld verlieren. Klingt ganz einfach, wird aber bei solchen vermeintlichen Win-win-Situationen gern ausgeblendet. Natürlich muss dafür jemand bezahlen! Und das sind eben diejenigen, die ganz brav und ohne Murren ihre Beiträge zahlen. Die anderen Beitragszahler im Sozialsystem müssen eben mehr arbeiten und damit die Folgen des zur Lungenentzündung hochgejazzten Schnupfens bezahlen.

Der Versicherungsgedanke geht flöten

Der Versicherungsgedanke geht dabei natürlich flöten. Keiner der maßgeblichen Akteure hat ja ernsthaft Interesse, diesem Treiben Einhalt zu gebieten. Die Krankenkassen bekommen mehr Geld und die Ärzte bekommen einen Zuschlag. Die Versicherten werden aber nur als Melkkühe betrachtet, denen man eine möglichst schlimme Krankheit unterjubeln kann. Zu welcher Gruppe gehören Sie? Werden Sie gemolken oder profitieren Sie von der Abzocke?

Fazit: So lange es einen Anreiz für Ärzte und Kassen gibt, die Versicherten möglichst krank zu machen, so lange wird es keine Lösung geben. Für die Betrachtung solcher Fehlanreize, solcher „moral hazards“ haben gerade Oliver Hart und Bengt Holmström den Wirtschaftsnobelpreis gewonnen. Es wäre an der Zeit, dass sich die Politik auch solcher Wissenschaftsergebnisse widmet, besonders wenn (hoffentlich) irgendwann einmal das Gesundheitssystem reformiert wird.

PS: Richtig unfair würde so etwas (natürlich nur rein theoretisch) werden, wenn womöglich besonders viele einer bestimmten Berufsgruppe gleichzeitig mit einem solchen „Schnupfen“ ihrem Arbeitsplatz fernbleiben wollten. Aber es ist ja glücklicherweise unvorstellbar, dass sich etwa Mitarbeiter einer bestimmten Fluglinie darauf verständigen würden, gleichzeitig solche „Schnupfen“ zu bekommen. Denn sonst würden ja womöglich die Passagiere, die keinen Flug bekommen, auch noch diejenigen sein, die den Piloten die Folgen des „Schnupfens“ finanzieren! So etwas würde ja niemals jemand tun, oder?


Kommentare
Kommentar von Franz  am  30.10.2016 10:57
Und? Wer legt den Finger in die Wunde und damit den Kassen ihr betrügerisches Handwerk? Mal wieder keiner! Was kommt unter dem Strich dabei raus? Nichts! Die Kassen betrügen und mauscheln weiter! Dabei ist Betrug ein Straftatbestand! Aber keiner greift die Kassen im Grundsatz an. Da gibt der GKV- Pressesprecher mal ein kurzes Statement indem er den Vorwurf zurück weist und das war's! Wie immer! Das ist der eigentliche Skandal- die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen!
im Übrigen: Die KVen machen sich dabei fröhlich und ungeschoren zudem zum Handlanger der Kassen, aber - wie gesagt - keinen juckts, keiner erstattet Strafanzeige gegen dieses mafiöse System!

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