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Kleinleins Klartext

Statt “Fuck-off” zum “Run-off”

Statt “Fuck-off” zum “Run-off”

 09.03.2016  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Lebensversicherung macht immer weniger Spaß. Die Manager beklagen, dass sie zu wenig Gewinne für die Unternehmen erwirtschaften, da das Geschäft in der Niedrigzinsphase nicht so richtig laufen will. Die Vermittler jammern, dass sie immer weniger verkaufen können und hinter der Hand beklagen sie, dass die Produkte auch immer schlechter und immer unverständlicher werden. Und auch bei den Verbrauchern schwindet die Lust immer mehr, gutes Geld in schlechte Verträge zu stecken. Allenthalben also eine „Null-Bock“-Stimmung. Die 80er lassen grüßen.


Da ist es nur konsequent, dass sich immer mehr Versicherer aus dem eigentlichen Geschäft verabschieden wollen. Als 80-er Sponti hätten sie noch den Mittelfinger gereckt und sich mit einem „Fuck-off“ verabschiedet. Heute ist die Lösung „Run-off“ und hat für viele Kunden womöglich eine ähnliche Bedeutung: Der Respekt vor den Versicherten und ihren Bedürfnissen geht verloren – denn, die einst umworbenen Kunden mutieren zur Ware.

Erste „Spezialversicherer“ machen von sich reden, die als reine „Run-off-Plattformen“ agieren wollen. Diese Unternehmen kaufen anderen Lebensversicherern Bestände ab und führen deren Verträge weiter. Ein solches Run-off-Unternehmen kümmert sich also nur noch um die Altverträge und akquiriert kein Neugeschäft. Die Kunden mit ihren Verträgen werden verkauft. Ein Vorteil für das Run-off-Unternehmen: Es muss sich nicht mehr mit vermeintlich nervigen Vermittlern auseinandersetzen.

Bislang galt der Run-off als Modell für Versicherer, denen man eine gewisse Schwäche nachsagte. Das scheint aber Kokolores zu sein, glaubt man den Ausführungen von Kurt Wolfsdorf, so laut der Berichterstattung im Versicherungsmonitor*. „Run-off ist nicht nur was für halbtote Gesellschaften, die nicht mehr zu retten sind“, wird er dort zitiert. Nach seiner Ansicht hätte eine Run-off-Plattform dann die Chance, Geld zu verdienen, wenn sie auf Grund ihrer Größe besondere Kosteneinsparungen hätte.

Als Versicherungsmathematiker kenne ich aber auch eine andere Gewinnquelle für das Unternehmen: Zusätzlich können nämlich die Kunden bei der Überschussbeteiligung knapp gehalten werden und möglichst viele Gewinne dann doch an das Unternehmen umgeleitet werden – soweit die Gesetze das zulassen. Aber die wurden ja just vor zwei Jahren gelockert. Und unzufriedene Kunden, die kündigen, die stören bei einem Run-off-Unternehmen nicht. Meist generieren sich bei einer Kündigung ja auch Stornogewinne für das Unternehmen und weil man im Run-off ist, will man sowieso nichts mehr verkaufen. Das Reputationsrisiko ist also auch Null.

Der zur Ware mutierte Kunde muss also ganz stark auf eine faire Behandlung hoffen, denn die Mechanismen des Marktes helfen nicht mehr als Regulativ.

Zumindest in Großbritannien ist die staatliche Aufsicht jetzt hellhörig geworden. Anscheinend trauen sie diesem Geschäftsmodell auch nicht ganz über den Weg. Mit der Schlagzeile „Run-off: FCA ermittelt gegen Lebensversicherer“, berichtete der Versicherungsmonitor* auch hierüber. Ob auch die Deutsche BaFin ähnlich skeptisch ist?

 

*Achtung: Artikel des „Versicherungsmonitor“ sind nur für Abonnenten vollständig einsehbar.

 


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