Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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Unsere Versicherungsunternehmen lassen uns zunehmend im Stich. Gerne tun sie so, als könnten sie alles versichern. Stimmt aber nicht.
Dass die Versicherer es nicht beherrschen eine vernünftige Altersvorsorge anzubieten, daran haben wir uns schon gewöhnt. Dass sie uns als Gesellschaft auch an ganz anderen Stellen alleine lassen, das verblüfft immer wieder.
Bei einem Besuch auf der Insel Sylt letztes Wochenende, hatte ich wieder ein solches Aha-Erlebnis. Denn Dank der Unfähigkeit der Versicherer wird es wohl bald kaum noch neue Sylter geben. Und die wenigen echten zukünftigen Sylter haben dann vermutlich einen deutlich südlicheren Teint als es die friesische Insel erwarten lässt. Wie ich darauf komme?
Wie jedes Jahr wird auf Sylt am 21. Februar in jeder Gemeinde ein großes Feuer entzündet, die sogenannte Biike. Das ist kein einfaches Lagerfeuer. In Tinnum, wo wir waren, loderten die Flammen sicher 10 Meter in die Höhe. Neben diesem großartigen Schauspiel hatten wir dann die Freude, von echten Syltern, Achim und Anke, zum traditionellen Grünkohlessen eingeladen zu werden. Gastfreundschaft wird hier großgeschrieben. Und bei leckerem Grünkohl mit Schweinebacken und Würstchen erzählte dann Achim von der Misere der Sylter.
Achim und Anke, beide auf Sylt geboren, gehören nämlich einer aussterbenden Gruppe von Menschen an. Denn Geburten soll es auf der Insel mit nur knapp 21 Tausend Einwohnern möglichst nicht mehr geben. Es gibt keine Geburtsklinik mehr und freie Hebammen können eigentlich nicht mehr arbeiten. Der Grund: Eine Berufshaftpflicht für Hebammen ist schlicht zu teuer im Vergleich zum Einkommen. Es handelt sich also um ein „unversicherbares“ Risiko.
Im idealen Wettbewerb würden sich Kunden nun gefälligst darum kümmern, dass dieses Risiko erst gar nicht mehr auftritt. Das ist mit Hebammen aber eher schwierig. Denn Kinder kommen auch einfach so, ohne dass sich jemand über die Versicherungspflicht der Hebammen Gedanken gemacht hat.
Die Folge ist auf Sylt zu beobachten: Die Bürger werden angehalten, möglichst immer aufs Festland zu fahren, wenn der Geburtstermin näher rückt. Für die absoluten Notfälle gibt es zwar noch Unterstützung durch zwei Hebammen, aber nur um die Gebärende möglichst schnell mit dem Hubschrauber von der Insel zu bekommen.
Für diese Notfallhebammen muss natürlich auch eine Versicherung gezahlt werden. Die zahlt aber nun die öffentliche Hand. Anders ausgedrückt: Weil die Versicherungsprämie so hoch ist, werden Steuergelder an die Versicherungswirtschaft gezahlt. Also aufgepasst, falls Sie auch ab und an auf diese schöne Insel fahren: Womöglich geht ein Teil der von Ihnen gezahlten Kurtaxe direkt an die Versicherungswirtschaft.
Das ist alles ziemlich absurd und zeigt eines auf: Man kann eben nicht alles mittels privater Versicherungen absichern. Der vielgepriesene Wettbewerb würde eigentlich dazu führen, dass es einfach keine Kinder mehr geben würde. Gott sei Dank richtet sich aber das Kinderkriegen nicht nach den Regeln des Marktes.
Wegen dieser schrägen Gemengelage bekommen nur noch ganz wenige Frauen ihre Kinder direkt auf der Insel, nämlich diejenigen, die nicht verstehen, dass sie eigentlich aufs Festland sollen. Und das sind anscheinend zunehmend die neuen Mitbürgerinnen aus den Asylunterkünften. Achim erklärte mir, dass es daher wohl bald so sein wird, dass ein echter Sylter eher eine dunkle Hautfarbe und dunkles Haar haben wird und nicht mehr friesisch - blass und blond. Willkommen sind die Neu-Sylter trotzdem allemal.