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Kleinleins Klartext

Transparenz bemisst sich nicht in Kilo Papier

Transparenz bemisst sich nicht in Kilo Papier

 11.05.2016  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Ich bin derzeit viel unterwegs. In den kommenden Wochen etwa auch bei Veranstaltungen von Vermittlerverbänden. Ich werde Vorträge halten (das mache ich gerne) und mich in Podiumsdiskussionen dem Austausch mit Versicherern und Vermittlern stellen (mach ich auch sehr gerne). 

Zentral ist immer wieder ein Thema: Warum die Verbraucher immer darauf drängen würden, dass die Kunden so viel Papier ausgehändigt bekommen. Und was das denn mit Transparenz zu tun habe.

Antwort auf die letzte Frage: Das hat herzlich wenig mit Transparenz zu tun. Und auf die vorherige: Wir wollen gar nicht, dass so viel Papier auszuhändigen ist. Nicht nur unsere Transparenzforderungen sondern auch die Versicherer sind maßgeblich an den Papierbergen schuld. Ich möchte das exemplarisch an einem Beispiel erklären.

Sinn und Unsinn von Papier

Wenn sie bei einem schwedischen Möbelhaus Regale oder Kommoden zum Selbstaufbau erwerben, dann erwarten Sie zu Recht, dass ihnen eine vernünftige Anleitung zum Aufbauen an die Hand gegeben wird. Meistens sind diese Faltzettel mit den Zeichnungen auch wirklich recht gut und zeigen genau auf, nach welchem Arbeitsschritt welche Schraube durch welches Loch in welches Gegenstück gedreht werden soll. Meistens.

Manchmal gibt es von der Kommode aber mehrere Varianten. Und die eine unterscheidet sich von der andern dadurch, dass etwa manche Arbeitsschritte spiegelverkehrt zu absolvieren sind oder dass an bestimmten Stellen eben ein anderer Dreh notwendig ist. Und wenn der Möbelhersteller faul war, dann hat er für beide Varianten nur eine Anleitung. In der wird dann zum Beispiel in Schritt 7, 11 und 13 dazwischen unterschieden, ob man nun die Kommode Køtbulla-Øland* oder Køtbulla*-Gotland hat. Da kommt man dann schnell ins Fluchen, warum das Möbelhaus nicht für beide Varianten jeweils eigene Anleitungen gemacht habt. Das hätte das sehr vereinfacht.

... auch in der Versicherungswelt

Ähnliches findet man auch in der Versicherungswelt. Etwa beim diesjährigen Preisträger des Versicherungskäse, der Relax-Rente der Axa. Da wird dem Kunden bei einem konkreten Angebot in den Bedingungen mitgeteilt, wie sich die Todesfallleistungen je nach gewähltem Tarif unterscheiden. Muss ich das wissen? Eigentlich will ich ja wissen, was in meinem Vertrag eigentlich gilt. Man möchte meinen, die Faulheit der Bedingungsersteller führt dazu, dass viel mehr Text abgedruckt wird, der Verbraucher aber noch schlechter informiert ist, als würde ihm nur der für seinen Vertrag gültige Text mitgeteilt. Hoffentlich gibt es noch einen triftigeren Grund.

Noch irritierender ist es, wenn in einem solchen Rentenvertrag zum Beispiel sehr ausführlich darauf hingewiesen wird, dass der Versicherte der vorvertraglichen Anzeigepflicht nachzukommen hat. Worum es dabei genauer gehen soll, wird erläutert mit: „Das gilt insbesondere für die Fragen nach gegenwärtigen oder früheren Erkrankungen, gesundheitlichen Störungen und Beschwerden.“** Als Versicherungsmathematiker frage ich mich, warum das hier bei einem Rententarif so bedeutsam ist. „Je kränker, desto besser für das Unternehmen“ ist ja die Faustregel. Also warum diese Aufregung?

Auch die weitere Lektüre gibt nur den Hinweis, dass es um Umstände geht, „die für die Übernahme des Versicherungsschutzes Bedeutung haben“**. Konkreter wird es nicht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, welche dies bei einem solchen Rentenvertrag sein sollen. Dennoch verschwendet die Axa knapp 1.000 Wörter nur auf den Sachverhalt rund um diese vorvertragliche Anzeigepflicht. Diese 1.000 Wörter haben wenig bis keine Bedeutung für den konkreten Rentenvertrag. Sie stehen aber nun mal irgendwie immer in allen Verträgen mit drin, egal wie sinnvoll oder nicht. Hier machen sie jedenfalls wenig Sinn.

Mistet eure Bedingungen aus!

Wir Verbraucherschützer wollen das aber nicht. Wir wollen Bedingungen, die auch Sinn machen und nicht überflüssig aufgebläht werden. Die Versicherten brauchen Bedingungen, die genau zu ihrem Vertrag passen. Sie brauchen auch nur Hinweise die ihre Verträge konkret betreffen. Sie brauchen keine Übersicht, „was wäre wenn“ und keine überflüssig aufgeblähten Klauseln. Unser Tipp an die Unternehmen: Mistet eure Bedingungen aus. Dann wird das schon deutlich übersichtlicher. Und weniger Papier.

* Namen frei erfunden
** Aus den Originalbedingungen

 


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