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Kleinleins Klartext

Versicherungsgossip - die seltsame Kommunikationspolitik der Aufsichtsbehörde

Versicherungsgossip - die seltsame Kommunikationspolitik der Aufsichtsbehörde

 12.09.2018  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Es gibt ihn ja, den Versicherungsgossip. Da werden Informationen übers Management, Unternehmen und Tarife auf so halb informeller Ebene ausgetauscht. Da wird dann mal in einem Nebensatz eines Pressegesprächs etwas gesagt, was nicht zum Thema gehört, aber trotzdem interessant ist. Oder es wird, wie kürzlich auf einer Tagung in Bonn geschehen, bei einer Podiumsdiskussion was Spannendes gesagt, wie man so munkelt.

Es gibt die üblichen Verdächtigen, die bei Versicherungsgossip gerne mitmischen. Lobbyist*innen, Kolleg*innen aus der Öffentlichkeitsarbeit oder auch Journalist*innen finden das ziemlich interessant. Manchmal machen auch Politiker*innen mit, wenn es darum geht Informationen „zwischen den Zeilen“ oder abseits vom Protokoll zu streuen und zu diskutieren. Beamt*innen machen da aber eher selten mit.

Besonders von der Aufsichtsbehörde würde man nicht erwarten, dass sie derartige Kommunikationswege als besonders geeignet ansieht, um Informationen weiterzugeben – erst Recht keine Informationen zu einzelnen Unternehmen. Aber – glaubt man den Äußerungen derjenigen, die auf dem Bonner Kongress waren – dann hat dieser Tage die BaFin genau das gemacht!

Besonders brisant

Besonders brisant: Es geht um zwei Lebensversicherer, die anscheinend so schwach dastehen, dass die BaFin offensichtlich Handlungsbedarf sieht und den Unternehmen möglicherweise den Run-Off ans Herz gelegt hat. Sie merken, wie ich mich darum winde hundert Prozent knallharte Aussagen zu machen? Das ist ja genau der Charakter von Versicherungsgossip!

Aber mein Gewährsmann für diese Aussage ist sehr vertrauenswürdig. Er war bei der Konferenz sogar mit dem betroffenen BaFin-Mitarbeiter auf einer Podiumsdiskussion – deswegen nehme ich sehr ernst, was der Kollege sagt.

Ich nehme es auch sehr ernst, dass da zwei Lebensversicherer sind, die anscheinend so große Probleme haben, dass sie in den Run-Off gehen sollen/wollen/müssen/werden… Das ist bitter für die betroffenen Kunden.

Seit gestern haben wir schließlich harte Zahlen aus den Solvenzberichten, die zeigen, dass Run-Off-Unternehmen eher für die Inverstoren gut sind und für die Versicherungsnehmer schlecht. Ich gehe fest davon aus, dass die Entscheidung, dass diese beiden Unternehmen in den Run-Off gehen, Nachteile für die Versicherten mit sich bringt. Das ist schon mal sehr verbraucherunfreundlich.

Beunruhigend

Beunruhigend ist zudem, dass anscheinend die Aufsichtsbehörde sich in eine solche Managemententscheidung einmischt oder gar forciert, dass ein Unternehmen in den Run-Off gehen soll. Wenn nun betroffene Verbraucher sich darüber beklagen, dass sie Nachteile aus dem Run-Off hinnehmen müssen, dann könnte es sein, dass sie die BaFin womöglich auch juristisch verantwortlich machen wollen! Das heißt, es entsteht die Gefahr, dass Verbraucher für solche Entscheidungen die Aufsichtsbehörde womöglich in Staatshaftung nehmen wollen!

Und dann kommt nun noch hinzu, dass ein Mitarbeiter der BaFin derartige Informationen „mal so“ im Umfeld einer Konferenz zum Besten gibt. Nicht, dass es eine offizielle Verlautbarung gäbe, die allen Interessierten gleichermaßen zugänglich wäre. Nicht, dass alle Verbraucher, Vermittler*innen und Journalist*innen gleichermaßen die Chance hätten, diese Informationen zu erhalten. Nein, nur diejenigen, die auf dieser Konferenz sind (die auch nicht billig ist), haben die Möglichkeit die Information verlässlich aus erster Hand zu bekommen.

Diese Informationspolitik der BaFin ist fatal: Sie zeigt, dass die BaFin sich nicht darum schert die Verbraucher als wichtigste Adressaten - in jedem Falle zumindest zeitgleich mit anderen - zu informieren. Stattdessen sucht sie lieber eine Plattform, die am ehesten die Versicherungsunternehmen und deren Management anspricht. Auch scheint die BaFin zusammen mit dem Management auszubaldowern, wie mit den Versicherten umgegangen werden soll. Die sollen mit allen negativen Konsequenzen in den Run-Off geschickt werden? Das wird dann anscheinend lieber im Hinterzimmer ausgekungelt.

Mir fehlt der Glaube

Leider fehlt mir da der Glaube, dass die BaFin hier als Sachwalterin der Versicherten agiert, wenn sie es sogar versäumt, die Versicherten überhaupt zu informieren. Der oberste Versicherungsaufseher Herr Grund hat zudem als Manager früher selber Erfahrungen darin gesammelt, wie man das aus Sicht eines Versicherers machen kann, Verträge einfach mal so in die Abwicklung zu schicken. Damals war er Versicherungsmanager. Jetzt ist er aber als oberster Aufseher auch den Versicherten gegenüber verpflichtet. Das würde aus meiner Sicht bedeuten, die Versicherten auch direkt zu informieren – und nicht auf Versicherungsgossip als einzigen Informationsweg zu setzen.

Es ist an der Zeit, dass die BaFin die Versicherten wieder ernst nimmt. Der erste Schritt wäre, Versicherte und die Öffentlichkeit wenigstens zu informieren, wenn es etwas zu berichten gibt. Wenigstens dieser einfache Grundsatz der Transparenz sollte gelten.

PS: Nebenbei sind auch die Vermittler*innen von dieser Informationspolitik benachteiligt. Sind doch auch sie erst mal ahnungslos, was BaFin und Unternehmen da auskungeln.

Links:
Zur Solvenzstudie und der Präsentation mit Einzelanalyse der Run-Off-Unternehmen.

 

 

 


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