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Kleinleins Klartext

Warum das schwedische Såfa ein Fremdkörper für die deutsche Altersvorsorge wäre

Warum das schwedische Såfa ein Fremdkörper für die deutsche Altersvorsorge wäre

 24.07.2019  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Wir Deutschen lieben Schweden. Das macht sich nicht nur darin deutlich, dass ein schwedisches Möbelhaus stilprägend für gefühlt 80 Prozent aller Wohnungen ist. Auch beschränkt sich die Liebe für die skandinavischen Freundinnen und Freunde nicht nur auf die literarischen Erzeugnisse von „Pippi Langstrumpf“ bis „Verblendung“. Schweden wird zunehmend auch als Blaupause für eine erfolgreiche Altersvorsorge herangezogen. Dabei ganz zentral: Der Såfa, ausgesprochen wie die Chaiselongue.

Um ganz genau zu sein, geht es um den AP7-Såfa-Fonds, einen Staatsfonds. Der „Statens årskullsförvaltningsalternativ“, wie ich dank eines Welt-Artikels lernen durfte, die „staatliche Jahrgangsverwaltungsalternative“. Dabei geht es um genau den Fonds, in den alle Schwedinnen und Schweden einzahlen, die sich für keinen anderen Fonds entschieden haben. Was aus dieser Erklärung schon deutlich wird: So ziemlich alle Schwedinnen und Schweden müssen beim Fondssparen mitmachen. Ob sie es wollen oder nicht. Dieses Fondssparen ist damit Teil der ersten Säule in der Altersvorsorge in Schweden.

Såfa ist keine Blaupause

Und das ist der Moment, in dem der Såfa eben nicht mehr als Blaupause herhalten kann. Denn ein solches Zwangssparen ist in Deutschland tabu. Walter Riester hatte ein solches Spar-Obligatorium damals in einer Kabinettssitzung in der Regierung Schröder angedacht und diskutiert. Irgendjemand hat das dann an eine große Tageszeitung kolportiert, die dann eine Negativschlagzeile daraus gemacht hat: „Zwangsrente“. Das Ergebnis war dann, dass am Schluss die Riester-Rente nur als freiwillige Sparmöglichkeit eingeführt wurde.

Seitdem scheuen sich alle Politikerinnen und Politiker, irgendeine Art zusätzlicher Altersvorsorge einzuführen, die verpflichtend sein soll. Eine Zwangsrente, ein Zwangssparen, ist tabu. Stattdessen soll mittels Opting-out durch Fast-Zwangssparen ein Ersatz gefunden werden. Dabei sollen dann alle sparen, die sich nicht ausdrücklich dagegen entscheiden.

Egal ob wir über die neuen Ideen wie Deutschlandrente, Vorsorgekonto oder Extra-Rente reden. Immer ist das Opting-out ein zentraler Bestandteil der Idee. Man kann das gut oder schlecht finden und darüber diskutieren. Man kann aber nicht darüber diskutieren, dass das Sparen dann noch immer freiwillig ist. Das ist dann immer noch ein großer Unterschied zum Såfa – einerseits Freiwilligkeit, andererseits Zwang.

Eklatanter Unterschied zwischen Schweden und Deutschland

Und es gibt noch einen anderen eklatanten Unterschied zwischen Schweden und Deutschland: Von Malmö bis Uppsala, von Göteborg bis Kiruna gibt es eine sehr lebendige Kultur von Aktiensparerinnen und -sparern. Aktiensparen – und damit auch Fondssparen – gilt dort als etwas Übliches. Anders bei uns in Deutschland. Die schlechten Erfahrungen mit der T-Aktie und andere Vorurteile gegen Aktien und Fonds lassen viele Deutsche vor dieser Art des Ansparens zurückschrecken. Was den Schwedinnen und Schweden als eine lukrative Sparform erscheint, ist in Deutschland bei vielen verpönt.

Deswegen hätten die Deutschen deutlich mehr Probleme, in einen Såfa zu investieren. Und deshalb ist auch nicht damit zu rechnen, dass bei uns ein derart gefühlt unsicheres Sparen politisch durchsetzbar wäre. Verlust mit dem Fonds im Umfang von 27 Prozent innerhalb eines Jahres? Das wäre politisch in Deutschland nicht zu argumentieren. In Schweden wird das aber hingenommen – sogar beim Zwangssparen!

Kein ideales Leitbild

Der Såfa passt zu den Schwedinnen und Schweden, er passt zu einem Obligatorium. Er wäre aber nur sehr schwer im Rahmen einer alternativen freiwilligen Altersvorsorge in Deutschland vorstellbar. Besonders dann, wenn à la Riester womöglich auch noch Steuergelder investiert werden sollen.

Ich persönlich kann mir deshalb auch keinen Staatsfonds wie den Såfa in Deutschland vorstellen. Er könnte womöglich ökonomisch sinnvoll oder sogar effizient sein, ja, das könnte sein. Meines Erachtens würde er sich aber politisch nicht durchsetzen lassen. Wenn wir über neue und politisch umsetzbare Formen der Altersvorsorge diskutieren wollen, dann ist aus meiner Sicht der Såfa kein ideales Leitbild.

PS: Dass man das anders sehen kann, erlebe ich in der Diskussion immer wieder, auch mit anderen Verbraucherschützerinnen und –schützern.

PPS: Es gibt aber neben Fondssparen und der Lebensversicherung auch noch andere Lösungen. Professor Goecke hat zum Beispiel eine Idee des kollektiven Sparens entwickelt, die eine Alternative sein kann.


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