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Kleinleins Klartext

Wenn ein Linker von den Qualitäten der Kanzlerin schwärmt… und das bei der Riester-Rente!

Wenn ein Linker von den Qualitäten der Kanzlerin schwärmt… und das bei der Riester-Rente!

 22.08.2018  Kleinleins Klartext  0 Kommentare  Axel Kleinlein

Walter Riester hatte einmal eine Idee. Und die war erst mal gar nicht so schlecht! Er wollte dafür sorgen, dass es neben der gesetzlichen Rente auch noch eine zusätzliche kapitalgedeckte Altersvorsorge gibt, die kostengünstig, effizient und schön funktioniert. Die sollte so gut sein, dass es Spaß macht, da einzuzahlen. Und diese zusätzliche Vorsorge sollte sogar so erfolgreich sein, dass es Sinn macht, dass da dann auch Steuermittel reinfließen.

Mittels dieser Steuermittel sollten dann genau die Bevölkerungsgruppen einen besonderen Vorteil erhalten, die es besonders nötig haben, eine zusätzliche Altersvorsorge aufzubauen. Diejenigen etwa, die sich um Kinder kümmern, sollten dazu zählen. Oder auch diejenigen, die eher weniger verdienen. Ein richtig soziales oder gar sozialdemokratisches Projekt also. So habe ich seinerzeit zumindest die Diskussion um die Riester-Rente erlebt.

Ich fand das damals auch alles gar nicht so schlecht. Ich habe das sogar recht positiv beäugt, obwohl ich auch zu dieser Zeit schon im Verbraucherschutz tätig war. So richtig habe ich damals noch nicht erahnen können was bei dem Projekt „Riester-Rente“ schief gehen könnte. Und was dann auch schief gegangen ist.

Jemand ganz anderes, ein politischer Gegner des Herrn Riester von der linken Seite des parteipolitischen Spektrums, bewertet die Anfänge der Riester-Diskussion aus heutiger Sicht offensichtlich auch nicht als so falsch. Im Gegenteil: Hat Herr Birkwald, seines Zeichens ein Kölner Abgeordneter von „DIE LINKE“, doch öffentlich bedauert, dass Herr Riester damals die Grundideen seiner Zusatzrente nicht konsequent genug vertreten hat. So kann man das zumindest deuten, wenn er bedauert, dass Herr Riester zu wenig „Steher“-Qualitäten bewiesen hätte.

Denn das Problem, das sich im Laufe der öffentlichen Diskussion um die Riester-Rente entpuppte, war eine Tageszeitung und das Einknicken der Regierung vor dieser. So zumindest wird es kolportiert, auch von Herrn Riester selbst. Denn diese Tageszeitung verkündete in großen Lettern (und Kleingedrucktes gibt es auf der ersten Seite dieser Zeitung recht wenig), dass eine „Zwangsrente“ dräuen würde.

Riester-Rente: ein großartiges Projekt zu Gunsten der Versicherungswirtschaft

Zwangsrente? Das mag keiner gerne hören. Und vermutlich war es genau dieser Kampfbegriff der „Zwangsrente“, der dann dazu führte, dass ganz grundlegende Ideen der Riester-Rente dann eben nicht umgesetzt werden konnten. Die Folge war, dass es kein Einheitsprodukt gab, sondern dass für dieses neue Vorsorgeprodukt von vornherein die Regeln und Vorgaben der ganz normalen Kalkulation der Lebensversicherungsunternehmen galten. Und das kam den Managern in den Versicherungsunternehmen und den Vertriebsgesellschaften natürlich zupass.

Denn wäre eine Art Einheitsrente zu kalkulieren gewesen, dann hätte man aktuariell sauber mit vernünftigen und angemessenen Sterbetafeln kalkulieren können. Dann hätte man auf Grund großer Stückzahlen sehr kostengünstig kalkulieren können. Und man hätte dann auch auf den teuren Vertrieb verzichten können, was die Kosten noch weiter minimiert hätte. Und die Versicherungswirtschaft hätte nicht so viel Geschäft schreiben können und die Vermittlerschaft hätte auch kein neues Produkt zu verkaufen gehabt, für das sogar die Politik Werbung machte.

„Hätte, hätte, Fahrradkette“, würde jetzt vermutlich ein anderer Sozialdemokrat ätzen. Denn schließlich hat sich Herr Riester gegen die Demagogie dieser großen Zeitung nicht durchsetzen können. Das Ergebnis: Teuer und schlecht kalkulierte Riester-Renten-Tarife, die einigen Vertrieben und manchen Versicherern gutgetan haben. Die Versicherten gucken dabei aber eher in die Röhre und die Steuerzahlerinnen und Steuerzahlen müssen kräftig zahlen.

Klar sollte es auch Platz für Bank- und Fondssparpläne geben. Aber schon am Anfang war geplant, dass ab dem Alter von 85 Jahren jeder in den Klauen der Versicherungswirtschaft landen muss. Das ist auch heute noch so, außer man macht den „Immobilienriester“ und nutzt den für die eigenen vier Wände. Das machen aber die wenigsten. Deswegen entpuppte sich die Riester-Rente erst mal als ein großartiges Projekt zu Gunsten der Versicherungswirtschaft.

Die Versicherer haben sich selber den "Riester" kaputtkalkuliert

Dass das dann schief ging, weil die Versicherer unglaublich komplizierte und teure Produkte kalkuliert haben, damit hatte anfangs keiner gerechnet. Denn mitnichten war die Komplexität ja von der Politik aufgezwungen gewesen. Die Riester-Rente war die allererste Produktlinie seit 150 Jahren, bei der sich die Lebensversicherungsbranche flächendeckend von der klassischen Produktkalkulation abgewandt hat. Gab es bis dato mehr oder weniger nur vier unterschiedliche Kostenvariablen (alpha, beta, gamma und kappa) waren es auf einmal alleine in der ersten Produktgeneration mehr als 40! Das wird dann nicht nur unglaublich unübersichtlich, sondern eben auch sehr kompliziert, aufwändig zu rechnen und somit teuer.

Sehr schnell war es nicht mehr möglich, einen umfassenden Überblick über die Riester-Angebote und deren Kalkulation zu gewinnen. Der Zug ist längst abgefahren. Die Versicherer haben sich selber den „Riester“ kaputtkalkuliert. Die Folge sind heute überteuerte und massiv intransparente Angebote. Die fühlen sich nur deswegen für einzelne manchmal lukrativ an, weil die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler massiv Geld reinpumpen.

Aber man stelle ich mal vor, Riester hätte sich damals durchgesetzt und es hätte ein Standardprodukt gegeben, dass eben nicht von der Versicherungswirtschaft kaputtgerechnet worden wäre! Womöglich hätten wir dann viele der Probleme mit der „Riester-Rente“ nicht. Das Problem war aber eben, dass sich Riester damals anscheinend nicht durchsetzen konnte. Wer aber hätte das statt ihm schaffen können? Wer hat diese „Steherqualitäten“?

Wenn er ein Beispiel für diese Qualität sucht, dann fällt Herrn Birkwald offensichtlich erst mal eine Politikerin ein, Frau Merkel. Und deswegen bedauert er eben, dass „Herr Riester hätte die Steherqualitäten der Kanzlerin haben sollen“…

… oder habe ich da was falsch verstanden, Herr Birkwald?