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Kleinleins Klartext

Wer schützt uns eigentlich...

Wer schützt uns eigentlich...

 14.10.2015  Kleinleins Klartext  2 Kommentare  Axel Kleinlein

Ich weiß nicht wer mit diesem Sprachwitz begonnen hat, aber schon seit einigen Jahren wird immer wieder die Frage gestellt, „wer denn eigentlich die Verbraucher vor den Verbraucherschützern schützen würde“. Klingt ja erst einmal lustig! Und dann soll diese Frage beim Leser zu dem Schluss führen, dass es ja so sei, dass die armen Verbraucher ja diesen Verbraucherschützern ausgeliefert seien. Gerne wird dann noch das Adjektiv „selbsternannt“ vorangestellt.

 

Die Argumentation ist recht einfach

Gerne kommen die Fragesteller aus dem Kreis der Vermittler oder deren Lobbygruppen. Die Argumentation ist recht einfach: „Die Verbraucherschützer haben keine Ahnung! Das sieht man ja schon daran, dass sie vor so wichtigen Produkten wie der Lebensversicherung warnen! Die Verbraucherschützer bekommen aber richtig viel Geld dafür, keine Ahnung zu haben! Das müssen dann wir Steuerzahler bezahlen! Wer hat die denn überhaupt zu Verbraucherschützern gemacht, die haben sich doch selbst dazu ernannt! Die Presse plappert dann auch noch immer wieder nach, was die Verbraucherschützer sagen! Sollte die Presse doch mal endlich auf diejenigen hören, die wirklich Ahnung haben! Aber uns, denjenigen, die wirklich Ahnung haben, hört ja sowieso keiner zu!“

Dem Realitätscheck halten viele dieser Aussagen natürlich überhaupt nicht stand. Sie sollten mal vergleichen, welche Automarken auf dem Parkplatz stehen, wenn sich hochrangige Vermittler zu einem Meeting treffen und wenn sich hochrangige Verbraucherschützer versammeln! Ohne Neid gönnen wir den fleißigen Vertretern gerne die dicken Karossen und ziehen uns in den ÖPNV zurück. Reich wird im Verbraucherschutz nämlich niemand.

Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt

Das mit dem „selbsternannt“ ist so eine Sache. Da geht es nämlich den Verbraucherschützern ähnlich wie Journalisten oder auch den Aktuaren. Die Berufsbezeichnung ist nicht geschützt. Jeder der ab und an mal was schreibt und veröffentlicht darf sich Journalistin oder Journalist nennen. Jeder Mathematiker, der in Sachen Versicherung rechnet, kann sich Aktuar nennen. Und jeder, der sich für die Sache der Verbraucher stark machen will, kann sich auch Verbraucherschützer nennen. Nur zu! Das ist anstrengend, macht aber auch viel Spaß!

Wer sich einfach nur Verbraucherschützer nennt und dann seine Thesen in die Welt hinaus schreit, der hat es aber damit nicht einfach. Denn ihm hört erst mal keiner zu. Da muss dann schon noch mehr passieren. Er muss sich „einen Namen machen“. Das geht zum Beispiel mit Studien, Gutachten und Vorträgen. Die werden aber dann erst mal nicht so gut vergütet, wenn überhaupt. Und da fließt natürlich kein einziger Cent an Steuergeldern.

Natürlich gibt es auch die Verbraucherschutzorganisationen, die zumindest zum Teil staatlich finanziert sind. Zum Beispiel die Verbraucherzentralen (von den Ländern unterstützt) oder die Stiftung Warentest (neben dem größten selbst erwirtschafteten Teil zahlt der Bund etwas dazu) oder der Verbraucherzentrale Bundesverband, der über das Verbraucherministerium finanziert wird.

Da muss schon noch mehr passieren

Üppige Summen fließen da nicht. Und für jeden Euro muss penibel nachgewiesen werden, wofür der ausgegeben wurde. Und auch für die inhaltliche Ausrichtung müssen diese Institutionen ihren Aufsichts- bzw. Verwaltungsräten Rede und Antwort stehen. Wer diese Verbraucherschützer überwacht? Das sind deren Aufsichtsorgane. Und wenn eine Verbraucherzentrale zum Beispiel recht plakativ vor der klassischen Lebensversicherung mit einer roten Ampel warnt, dann wird das auch von der gesamten Institution mitgetragen – inklusive Aufsichtsorgan.

Hier ist die Antwort auf die Frage, wer die Verbraucher vor diesen Verbraucherschützern schützt, ganz einfach: Die Aufsichtsgremien dieser Organisationen. Und zuweilen sitzen da sogar Vertreter der Versicherungswirtschaft mit drin.

Dann gibt es auch die Verbraucherorganisationen, die als NGO organisiert sind, die also keinen Cent vom Staat bekommen und sich ausschließlich über ihre Mitglieder finanzieren. Wie zum Beispiel der BdV. Sich mit einem solchen Verein als Verbraucherschützer zu etablieren, ist kein Selbstläufer. Auch hier hört einem am Anfang keiner zu. Nur nach und nach erarbeitet man sich seine Reputation, wird dank der Mitglieder größer und kann Gewicht gewinnen. Stets muss man aber die Gemeinnützigkeit im Blick behalten. Um aber wirklich ernst genommen zu werden muss man politisch und vor den Gerichten Erfolg haben.

Reputation muss man sich erarbeiten

Um als Verband mit Rechtsstreitigkeiten richtig ernst genommen zu werden, kommt man eigentlich nicht umhin, dafür zu sorgen, dass man Verbandsklagen führen darf. Das darf nicht jeder. Dazu muss man den Status einer „qualifizierten Einrichtung gemäß UKlaG“ erringen. Und auch bewahren. Zuweilen wird das nämlich auch penibel vom Bundesamt der Justiz geprüft. Nur wenige schaffen das. Und wer in die Liste der aktuell zugelassenen Verbände guckt, findet daher fast nur die Verbraucherzentralen und Mieterverbände, und auch den BdV.

Für einen Verband wie den BdV heißt das also, dass viele kritische Köpfe regelmäßig darauf achten, dass er keinen Unfug macht: Das Finanzamt, das die Gemeinnützigkeit hinterfragt. Das Bundesamt der Justiz, das die Verbandsklagebefugnis überwacht. Das vereinsinterne Aufsichtsgremium. Und natürlich die Mitglieder, die über die Mitgliederversammlung darauf achten, dass der Verein richtig geführt wird. Das sind viele Gremien, die dafür sorgen, dass die Verbraucher vor diesen Verbraucherschützern „geschützt“ sind.

Und all die anderen, die ohne großen organisatorischen Hinterbau als Verbraucherschützer unterwegs sind? Respekt, wer es schafft, sich als Autor oder Blogger sein Renommee zu erarbeiten, dem es gelingt, dass er genügend ernst genommen wird. Schön wenn er davon leben kann, weil er einfach so gut schreibt, dass sich das Buch gut verkauft. Nicht ganz so begeisternd, wenn er sich nebenher über Werbung für Finanzdienstleistungen finanzieren muss (jeder Klick ein Gewinn). Das schöne ist aber unsere Meinungsfreiheit, die all diese Modelle zulässt. Der Verbraucherschutz kann jede zusätzliche starke Stimme gut gebrauchen.

PS: Lustig ist, dass wir über Jahrzehnte als unfähige Verbraucherschützer beschimpft wurden, weil wir vor der klassischen Lebensversicherung gewarnt haben. Und jetzt bestätigt uns der Vorstandschef von der Allianz-Leben und warnt selber! Und trotzdem hat ihn noch keiner als unfähigen Verbraucherschützer beschimpft! Wäre doch eigentlich konsequent …

 


Kommentare
Kommentar von Wolfgang_AW  am  15.10.2015 01:31
@Herrn Strels

Gut gebrüllt Löwe. Sollte man meinen.

Und doch – Sie sind überzeugt, ein guter Finanzberater zu sein, trotzdem fühlen Sie sich durch die Glosse persönlich beleidigt. Normalerweise sollten Sie wissend darüber lächeln können.

Die Versicherungs-/Finanzbranche besteht nicht nur aus wirklich guten, dem Kunden zugewandten Firmen und Beratern.

Meinen Sie nicht, dass die Ursachen eher in den eigenen Reihen zu suchen sind? Sie selbst sprechen den Finanzdschungel an. Wurde der nicht hauptsächlich durch die Versicherungs-/Finanzbranche selbst geschaffen?

Wurden nicht die Produkte eher mehr auf die Versicherungswirtschaft statt auf die Bedürfnisse der Kunden zugeschnitten?
Und wurden die oft schlechten Produkte nicht zusätzlich häufig aggressiv vertrieben?

Und kommen Sie jetzt bitte nicht mit einzelnen schwarzen Schafen, da drängen sich mir gleich ordentlich Skandale auf wie z.B. Vertriebler der Versicherer Deutscher Herold oder Ergo oder Bausparkasse Wüstenrot oder Finanzkonzern Infinus oder die MEG AG von Mehmet Göker, oder Göttinger Gruppe usw, usf.

Da drängt sich der Gedanke auf, dass die Branche nach dem Motto verfährt: Ist der Ruf erst ruiniert, lebt sich‘s völlig ungeniert, denn alle dieser „Vertriebler“ haben den unterschiedlichsten Konzernen zugearbeitet und keiner dieser Konzerne hat sich nach dem Schaden den Kunden gegenüber generös gezeigt.

Und die Illusion, ein Großteil der Verbraucher könne sich ohne fachlichen Rat richtig bedienen, glaubt niemand. Dazu bedarf es fundierter Hilfe.
So wichtig die Hilfe im Einzelnen ist, bedarf es aber auch starker Verbraucherzentralen und den BdV, um auf politischer Ebene etwas in die Waagschale werfen zu können.

Gut wäre es schon einmal, wenn man aus Transparenzgründen von einer Provisionsvermittlung weg und zu einer Honorarberatung hin käme.

Auch dann würden Sie nicht am Hungertuch nagen müssen und der Kunde wüsste in jedem Fall wieviel er zu berappen hat.

Mit freundlichen Grüßen

Wolfgang_AW
Kommentar von Raphael Strels  am  14.10.2015 16:44
Sehr geehrter Herr Kleinlein,
wo sind sie denn besser? Auch in diesem Artikel zeichnen Sie mal wieder das Bild vom provisionsgeilen Vermittler, der mit seiner dicken Karre durch die Lande tourt und die Wochenenden auf seiner Segelyacht verbringt. Alles bezahlt von viel zu hohen Provisionen auf Verträge, mit denen man den armen kleinen Verbraucher um sein hartes Erspartes bringt. Das ist doch das Bild, dass von Ihnen und Ihren Kollegen Land auf Land ab in die Köpfe der Verbraucher gemeißelt werden soll. Und ja, ich fühle mich von dieser stetigen Darstellung meines Berufsstandes mittlerweile persönlich beleidigt. Denn weder habe ich eine dicke Karre, noch nenne ich eine Villa oder gar eine Yacht mein Eigen, aber ich versuche nun seit mittlerweile fast 10 Jahren meine Kunden durch den deutschen Finanzdschungel zu führen. Immer mit offener und ehrlicher Beratung, die meinem Abschlusspotential auch zum Nachteil gereicht. Zum Dank dafür werde ich von Ihrem Berufsstand dauerhaft belächelt und beleidigt. Wäre es im Zuge einer verbesserten Finanzberatung nicht sinnvoller die Spreu vom Weizen zu trennen? Warum zeigen Sie den Verbrauchern nicht auf, woran man einen guten Finanzberater erkennt, statt uns immer alle über einen Kamm zu scheren? Die Vorsorgeproblematiken sind da und es ist eine Illusion zu glauben, ein Großteil der Verbraucher könne sich der Lösungen dazu auch ohne fachlichen Rat bedienen.
Mit freundlichen Grüßen

Raphael Strels

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