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Kleinleins Klartext

Wie BDV und DVAG die Riester-Zahlen verbiegen… und der BdV das ganz anders sieht

Wie BDV und DVAG die Riester-Zahlen verbiegen… und der BdV das ganz anders sieht

 02.02.2022  Kleinleins Klartext  2 Kommentare  Axel Kleinlein

 

Dr. Lach und Kleinlein – beide sind sie Chef eines „BeDeVau“. Der eine ist neben seiner Tätigkeit als DVAG-Vorstand auch Vorstand beim Bundesverband Deutscher Vermögensberater e. V. (BDV). Und der andere bin ich, Vorstandssprecher beim Bund der Versicherten (BdV).

Die DVAG galt für den BdV in der Vergangenheit als »die größte deutsche Drückerkolonne, die mit Schrottprodukten die Leute für ihr Leben schädigen“ – so schrieb damals der Spiegel. Ich finde auch heute noch, dass die DVAG nicht besonders gut mit ihren Kund*innen umgeht - besonders bei der staatlich geförderten Altersvorsorge. Das zeigt sich etwa, wenn man sich anschaut, wie krude Dr. Lach zuweilen argumentiert, wenn es um die Riester-Rente geht.

Gerade jüngst hat er mit Blick auf die von der DVAG abgeschlossenen Riester-Neuverträge des Jahres 2021 gejubelt: „Die vielen Neuabschlüsse belegen eindeutig, dass Riester im Grunde ein Erfolgsmodell war und ist.“ Es geht dabei um 145 Tausend Verträge. Oder „um eine Steigerung von 63 Prozent gegenüber dem Vorjahr“ wie man lesen kann. Das heißt, im Vorjahr 2020 wurden von der DVAG 88.957 Neuverträge geschrieben – das lässt sich mit Prozentrechnung nachrechnen.

Laut dem Geschäftsbericht 2020 der DVAG „wurde der Vertragsbestand in der Riester-Rente netto um 39.238 … ausgebaut“. Das heißt also, obwohl in 2020 88.957 Neuverträge geschrieben wurden, blieben nach Abzug der Kündiger*innen nur 39.238 Verträge übrig! Demnach haben 49.719 DVAG-Kund*innen ihren Riester-Vertrag gekündigt (und nicht nur beitragsfrei gestellt)! Und das, obwohl sogar der Verbraucherschutz, wie zum Beispiel der BdV (mit kleinem „d“), vom Kündigen abrät! Unterm Strich ging also mehr als die Hälfte des Riester-Neugeschäfts für größtenteils unsinnige Kündigungen drauf.

Vertrieb mit derartigem Abgang

Ein Vertrieb, der einen derartigen Abgang hat, der hat mindestens ein Problem. Entweder berät er am Bedarf vorbei, so dass die Kund*innen zunächst Verträge abschließen und dann unsinnigerweise kündigen. Oder die ehemals von der DVAG vertriebenen Verträge sind so derartig schlecht, dass trotz aller Kündigungsnachteile (die bei Riester-Renten nicht ohne sind!), die Kündigung noch vorteilhaft ist. Dann hat die DVAG aber in der Vergangenheit miserable Verträge vertickt. Oder aber schlechte Beratung und unterirdische Produkte haben gleichermaßen für dieses Desaster gesorgt.

In jedem Fall wirft das, was Dr. Lach als „Erfolgsmodell“ ansieht, ein sehr schlechtes Licht auf den Riester-Vertrieb der DVAG. Und nebenbei: 145.000 Tausend Verträge sind angesichts des Gesamtvolumens, das die DVAG vertreibt, auch sehr wenig. Genaue Zahlen darüber, welchen Anteil Riester-Renten im Gesamtgeschäft dieses Vertriebs ausmachen, sind nicht öffentlich. Aber von der Gesamtbranche kennt man sie.

Riester-Rente spielt im Vertrieb schon lange keine Rolle mehr

Nach Angaben des Lobbyverbands GDV spielt die Riester-Rente schon seit vielen Jahren keine nennenswerte Rolle mehr im Vertrieb. Sogar die altgediente und eigentlich längst ausgemusterte Kapitallebensversicherung ist für das Neugeschäft in den letzten sieben Jahren wichtiger gewesen als die Riester-Rente! Wer meint, aus den Vertriebsergebnissen der Riester-Rente ein Erstarken dieser geförderten Rente ableiten zu wollen, der sollte sich erst mal dafür stark machen, dass die alte KLV wieder zu alter Größe zurückgeführt wird. Dass dieses „Flagschiff-des-legalen-Betrugs“ abgehalftert und schlecht ist, das wissen wir aber längst. Gleiches gilt nach meiner Ansicht nun auch für die Riester-Rente, auch wenn Herr Dr. Lach vom anderen „BeDeVau“ das anders sieht.

Fazit: Die DVAG hat einen vernünftigen Riester-Vertrieb nicht im Griff, die Angebote scheinen nicht wirklich gut zu sein und insgesamt ist die Riester-Rente für die Branche noch weniger ein Erfolgsmodell als die ausgemusterte Kapitallebensversicherung. Zeit, dass die Riester-Rente gestoppt wird!

PS: Für alle, die über den BdV schreiben, bitte ich darauf zu achten, das „d“ wirklich klein zu schreiben! Denn mit dem DVAG-nahen „BDV“ wollen wir nicht verwechselt werden.

PPS: Ich freue mich schon drauf, wenn sich Dr. Lach und Kleinlein (also ich) gemeinsam auf dem SZ-Versicherungstag 2022 streiten dürfen. Herbert Fromme wird moderieren – das wird ein Spaß!


Kommentare
Kommentar von Axel Kleinlein  am  07.02.2022 15:14
Lieber Herr Wolff,

vielen Dank für den konstruktiven und ausführlichen Kommentar!

Ob und in welchen Situationen eine Riester-Rente Sinn macht, darüber kann man wirklich streiten. Bitte verwechseln Sie aber nicht das zu Rentenbeginn angesparte Kapital mit der dann ausgezahlten Rente. Auch wenn womöglich viel Geld sehr rentabel angespart wurde, wird dieser Erfolg durch die miserablen Rentenfaktoren zunichtegemacht.

Angesichts Ihrer Argumentation kann man auch darüber streiten, ob es für Sie als Vermittler überhaupt Sinn macht einen solchen Vertrag zu vermitteln, wenn die Provision derart niedrig ausfällt, dass sie noch nicht einmal Benzin und Fahrtkosten mit der Provision abdecken können. Das zeigt nur noch einmal mehr, dass beim Riester-Rente-Vertrieb etwas wirklich im Argen ist.

Mittlerweile ist ja dank meiner Kolumne und einer Replik darauf etwas mehr Licht ins Dunkel der Zahlen gekommen. Wenn z. B. Verträge die in den Rentenbezug gehen als „Abgang“ verbucht werden (was unüblich ist), dann werden die Zahlen natürlich verzerrt. Ich hoffe, dass der DVAG-Geschäftsbericht da zukünftig eine klarere Sprache spricht.

Und zur Demonstration vor dem Bundestag: Da haben wir sehr deutlich gemacht, dass es eben nicht darum geht, dass die Verträge gekündigt werden sollen. Im Gegenteil – wir haben ausdrücklich Bestandsschutz für bestehende Verträge gefordert – und das hat ja dann Niederschlag im Koalitionsvertrag gefunden.

Das Problem bei Riester-Renten ist in der Tat, dass letztlich alle Produkte mies sind – und das liegt eben daran, dass jede*r spätestens ab Alter 85 bei einem Versicherer landen muss. Das hat natürlich ein „Geschmäckle“. Aber leider eben in dem Sinne, dass sich die Versicherungswirtschaft hier das Monopol auf das Entspargeschäft gesichert hat.

Und ganz ausdrücklich: Natürlich möchte ich die KLV nicht wiederbeleben! Aber es ist nun mal ein Treppenwitz, dass die Versicherungsbranche einen „Riester-Boom“ behauptet, während sich gleichzeitig die KLV sogar besser verkauft als die Riester-Rente.

Beste Grüße und bleiben Sie gesund!

Axel Kleinlein

PS: In der Tat freue ich mich wirklich auf das Streitgespräch mit Herrn Dr. Lach. Wir kennen uns schon ein paar Jahre und sich zu streiten bedeutet nicht zwangsläufig, dass es nicht auch ein konstruktiver Streit sein kann!
Kommentar von Tim Wolff (ich möchte kein Pseudonym angeben, ist das okay? :-))  am  02.02.2022 18:43
Lieber Herr Kleinlein,
dass Sie kein Fan der DVAG sind, ist ja kein Geheimnis.
Ich finde die Art, wie Sie dies kommunizieren, sehr schade. Bereits Ihr letzter Satz zeigt deutlich, dass Sie überhaupt nicht am 'Verbraucherwohl' interessiert sind. Denn Sie 'freuen sich auf Streit mit Dr. Lach'.
Welcher Verbraucherschützer wünscht sich einen Verbandschef, der offen schreibt, dass es ihm nicht um 'konstruktiven Austausch und Lösungsansätze' geht - sondern ganz klar um Streit.

Ich bin auch Verbraucher - und kann Ihnen sagen: ich wünsche mir das genaue Gegenteil.

Zur Ihren Punkten:

Viele Vermögensberater haben Ihre Kunden noch in 2021 zur Riester-Rente beraten. Ein Produkt, welches bei vielen Kunden (z.B. die 'Mutti-mit-2-Kindern') echten Sinn macht (wenige Euros einzahlen, 775€-Förderung jährlich).
Sie schreiben, dass wir das nicht 'gut' gemacht haben - hätten wir die 3-fache Anzahl von Verträgen vermittelt, hätten Sie dann die Überschrift 'DVAG vertickert Riester, egal ob es passt oder nicht' im Block stehen gehabt?
Die meisten Verträge waren eben solche Kleinverträge - bei denen die Provision für den Vermittler niedriger ist als Benzin/Fahrtkosten.
Trotzdem finden Sie auch hier wieder einen Grund, tausende Vermittler in ein schlechtes Licht zu rücken.
Erwarte ich das von einem, der Verbraucher schützen will? Ein klares Nein.
Hätte man hieran wirklich nichts positives finden können?
Verbraucherschutz bedeutet doch 'positiv wie negativ' - oder irre ich mich?

Auch Ihre Erklärung, dass wir unsere Kunden nicht gut betreuen, weil auch wir Riester-Kündigungen haben, ist merkwürdig (Sie schreiben übrigens in absoluten Zahlen, nicht prozentual. Da aber in 2021 jede 3. Riester-Rente von uns kam, ist auch hier eine wohlwollende Betrachtungsweise fraglich).
Natürlich schreiben Sie vermutlich irgendwo im Blog im Fließtext, dass man sich eine Kündigung einer bestehenden Riester-Rente gut überlegen soll - aber im Vergleich zu einer 'Demonstration vorm Bundestag', fehlt da doch die verhältnismäßige Wirkung.
Auch hier haben Sie für mich eine merkwürdige Art, die Dinge darzustellen.

Unser 'Gesamtvolumen an Riester ist niedrig'. Das stimmt.
Und hier muss ich mir ganz klar an die eigene Nase fassen! Immer wieder habe ich mich ertappt, vor allem bei Neukunden, mich zu fragen, ob ich dem Kunden eine Riester-Rente anbieten kann. Denn die Presse war teilweise so schlecht, dass es eine frische Kunden-Berater-Beziehung schon zerstören kann.
Die Frage ist jetzt hier: ist dieser 'Fehler' wirklich mir zuzuschreiben?
Ich habe eine Riester-Rente immer dort angeboten, wo es Sinn gemacht hat. Und da wo es keinen Sinn gemacht hat, dort eben nicht. Ist das nicht 'gelebter Verbraucherschutz'?

Ich habe kürzlich auf meiner Facebook-Seite gepostet, dass die Riester-Renten mit den eher höheren Gebühren (wie z.B. Generali/WWK) auch gleichzeitig die tatsächlich höchsten Guthabenstände ausweisen.
Also ich bin weg von der Theorie und irgendwelchen Hochrechnungen hin zu praktischen Beispielen(auch wieder ehrlicher Verbraucherschutz).
Allerdings haben die vom BdV empfohlenen Banksparpläne und 'Billig-Anbieter' (wie fairr-riester) nicht nur schlecht abgeschnitten, sondern katastrophal (bis hin zu 'weg vom Markt').
Habe ich da nicht Verbraucherschutz par-excellence gemacht?
Ich würde mich mal als nicht dumm bezeichnen und kann daher Ihren Richtungswechsel verstehen: denn wenn die Produkte, die Sie früher empfohlen haben, versagt haben, dann bietet es sich fast schon an, einfach alle Produkte madig zu reden. Das kann schon dazu führen, dass über den eigenen Fehler hinweggesehen wird. Strategisch zwar clever, aber es hat ein 'Geschmäckle'. Für mich.

Was sich mir bisher nicht erschlossen hat: Sie wollen gerne die KLV zu neuem Leben erwecken.
Ernsthaft?
Ich selbst habe ich meinem Bestand vielleicht 5 KLVs - der Rest sind FLVs. Hier sind wir als DVAG absoluter Marktführer... Was bedeutet, dass die Entscheidung vor vielen Jahren auf dieses Pferd zu setzen, sich als richtig erwiesen hat. Und die viele Jahrzehnte vom BdV hoch gelobte Debeka, die auf die KLV gesetzt hat, wieder keine gute Empfehlung des BdV war.
Hätte man mal auf den BDV gehört.
Auch wir wollen hier nicht verwechselt werden :-).
Zumindest in dieser Abgrenzung sind wir uns einig.

Ich wünsche mir wirklich sehr - und das meine ich ohne Polemik oder ähnliches - dass man sich in Zukunft an einen Tisch setzen kann, ohne dass die eine Partei schon im Vorfeld nur Streit im Sinn hat. Dass konstruktiver, lösungsorientierter Austausch stattfindet und am Ende alle besser da stehen als vorher.

Auch wenn wir unterschiedlicher Ansicht sind, wünsche ich Ihnen beste Gesundheit
Tim Wolff

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