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Kleinleins Klartext

Wie ganz Europa von wenigen deutschen Interessen bevormundet werden soll…

Wie ganz Europa von wenigen deutschen Interessen bevormundet werden soll…

 11.07.2018  Kleinleins Klartext  2 Kommentare  Axel Kleinlein

 … oder wie deutsche Versicherer allen alten Menschen unterstellen, dass sie nicht mit Geld umgehen können.

Es gibt im Moment eine scharfe Diskussion in Europa. Und in dieser wollen ein paar wenige Deutsche der ganzen Europäischen Gemeinschaft ihre Ideen aufzwingen. Es sind nicht viele, dafür schreien sie mit umso schrilleren Stimmen. Warum sie schreien? Es werden in Europa wichtige Weichen gestellt. Und noch in dieser Legislaturperiode des Europäischen Parlaments sollen grundlegende Entscheidungen fallen. Und die deutschen Krakeeler wollen die Entscheidung natürlich in ihrem eigenen Sinne gefällt sehen. Wovon ich rede? Natürlich von PEPP! Der Idee eines Pan-European-Personal-Pension-Product. Und die deutschen Lebensversicherungsunternehmen schreien ganz laut, um ihre Interessen durchzusetzen.

Es geht also um eine neue Form der Altersvorsorge. Diesmal soll ein solches Vorsorgeprodukt auf europäischer Ebene etabliert werden. Nach dem Desaster mit Riester und diversen anderen nationalen Versuchen ist es vielleicht nicht schlecht, das mal über Europa zu versuchen. Aus meiner Sicht kann das nur der letzte Versuch sein, es überhaupt noch einmal mit einer kapitalgedeckten Vorsorge zu probieren.

Der große Streitpunkt bei der Diskussion über diese Altersvorsorge: Wie soll am Schluss das angesparte Geld ausgezahlt werden? Als einmalige Summe zu Rentenbeginn? Soll nur dann Geld entnommen werden, wenn man es wirklich braucht? Soll man alternativ das Geld auch als Rente ausgezahlt bekommen können? Oder sollen gar alle dazu gezwungen werden, das Geld nur in Form einer Rente überwiesen zu bekommen?

Eigentlich leben wir ja in einer ziemlich freien Gesellschaft. Und in einer solchen sollen die Bürgerinnen und Bürger ja möglichst viel Freiheit haben ihr Leben zu organisieren. Und zum Leben gehört auch das Rentenalter dazu. Also sollte man meinen, dass auch im Alter möglichst Freiheit gelten soll!

Bei der Altersvorsorge soll die Freiheit aufhören

Das sehen die Versicherer aber anders. Denn bei der Altersvorsorge soll die Freiheit aufhören. Man könne ja nicht zulassen, dass jede und jeder selber darüber entscheidet, was mit dem eigenen Geld passiert. Da soll mal bitteschön das Versicherungsunternehmen dafür sorgen, dass das angesparte Geld fürs Alter nur in kleinen Häppchen regelmäßig ausgezahlt werden soll!

Ich kenne ein solches Verhalten von früher, wenn man als Kind zum Geburtstag oder zu Weihnachten ganz viel Süßigkeiten geschenkt bekommen hat. Dann kam Mama und hat einen Teil der Leckereien weggesperrt, denn man solle sich ja nicht an der Schokolade und dem Marzipan überfressen.

Was mich dann als Kind geärgert hat: Mir wurde einfach unterstellt, dass ich alles in mich reinstopfen würde. Das ist aber Quatsch. Denn auch Kinder können verstehen, dass es sinnvoll ist, Süßigkeiten aufzuteilen. Aber Eltern lieben es nun mal, den Kindern erst einmal das Schlimmste zu unterstellen um dann ihre paternalistischen Gelüste auszuleben. „Wir meinen das ja nur gut für dich!“, erklären sie dann.

Und genauso machen es die Versicherer - Man muss verhindern, dass das ganze angesparte Geld einfach auf den Kopf gehauen wird. Damit begründen sie, dass beim PEPP unbedingt alles nur als kleine Rente ausgezahlt werden soll. Was sie damit meinen: Alte Bürgerinnen und Bürger sind zu blöd, um eigenverantwortlich mit Geld umgehen zu können. Ob das stimmt?

Fragen Sie sich mal selbst

Fragen Sie sich mal selbst! Würden Sie ihre Altersvorsorge einfach mal so für eine Weltreise oder einen Porsche abschreiben? Oder wie viele Menschen kennen Sie aus ihrer Familie oder ihrem Bekanntenkreis, die sich wissentlich selbst in Altersarmut gebracht haben, indem Sie ihre frisch ausgezahlte Lebensversicherung einfach für Unsinn auf den Kopf gehauen haben? Ich kenne niemanden. Und ich würde das selbst auch nicht tun. Und Sie vermutlich auch nicht.

Ich finde es unverschämt, wenn die deutsche Versicherungswirtschaft einfach mal unterstellt, dass alle Bürgerinnen und Bürger per se nicht mit Geld umgehen können, kaum dass sie alt geworden sind. Und es ist noch unverschämter, dass sie diese Unterstellung einfach mal auf ganz Europa übertragen wollen. Deswegen sollten die Versicherer endlich aufhören, bei PEPPs darauf zu drängen, dass das Geld nur als Rente ausbezahlt werden darf.

PS: Klar, ich kenne Menschen, die nicht mit Geld umgehen können. Die zum Beispiel viel an Zinsen versprechen. Oder die mit solchen Zinsen kalkulieren. Oder in die Taschen der Kunden greifen, weil sie sich mit den Zinsen verkalkuliert haben. Und die dann mit unverständlichen Bedingungen verheimlichen wollen, dass sie dieses Geschäft mit Zinsen und Altersvorsorge eigentlich nicht beherrschen. Diese Menschen, die ziemlich ungeschickt mit Geld umgehen, findet man aber in den Führungsetagen der Versicherungsunternehmen und nicht unter den Bürgerinnen und Bürgern, für die das PEPP geschaffen werden soll. Bitte liebe Versicherer, schließt nicht von den Fehlern, die ihr selber gemacht habt, darauf, dass die PEPP-Kundschaft auch nur schlecht mit Geld umgehen kann!


Kommentare
Kommentar von Svenja  am  18.07.2018 15:50
Hallo,
wenn das wirklich so ist, wie in diesem Artikel dargestellt, fühle ich mich bevormundet. Ich würde mich (wahrscheinlich) für eine Rentenauszahlung (in kleinen Häppchen) entscheiden - allerdings möchte ICH das auch entscheiden dürfen.

Wenn es so ist, wie von Herrn Schwark dargestellt, stimmt die Welt aber auch nicht.

Voreingestellt - und vorallem angeboten - sollte schon die Rentenauszahlung sein.

Das ich mich dann dagegen entscheide, um z.B. mein Haus abzubezahlen (hilft mir im Rentendasein dann ja auch), sollte aber weiterhin möglich sein. Wenn dann staatliche Zuschüsse fließen, sollte so einen Komplettauszahlung sogar an bestimmte Voraussetzungen gebunden sein. (eben z.B. dass man einen Hauskredit damit abzahlt)

Denn sonst kann es ja auch glatt passieren, dass jemand mit dem (eigentlich für die Rente gedachte UND vom Staat subventioniertem) Geld eine Kreuzfahrt macht - um danach dann doch Hartz IV zu beantragt.

Wenn es keinen Zuschuß oder sonstige Förderungen gibt, darf man das - meiner Meinung nach - selbstverständlich tun. Auch wenn es unsozial wäre.

lg
Svenja
Kommentar von Peter Schwark  am  11.07.2018 17:05
>>> Zentrale These des Beitrags stimmt nicht <<<

Die zentrale Annahme dieses Beitrags stimmt allerdings nicht, nämlich dass Versicherer wollten, dass das PEPP ausschließlich als Rente ausgezahlt wird.

Wir wollen lediglich, dass bei einem „Pensions“-Produkt die Verrentung der Standard ist (sog. default), der immer dann greift, wenn der Kunde keine andere Entscheidung trifft. Wir sind nicht gegen Kapitalwahlrechte, wie hier unterstellt wird. Gegenwärtig ist der Standard umgekehrt, dass bei PEPP, einem selbsterklärten „Pensions“-Produkt, die Leistung als Kapital ausgezahlt wird. Der Anbieter muss eine Rente noch nicht einmal auf Nachfrage des Kunden anbieten. Das mag im Interesse des amerikanischen Anlagegiganten BlackRock sein, der Presseberichten zufolge massiv für so ein PEPP lobbyiert haben soll, ist aber sozialpolitisch fatal. Und es ist letztlich ein Etikettenschwindel, etwas als Pan European Pensions Product (PEPP) zu bezeichnen, das überhaupt keine Verrentungsangebote beinhaltet (vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/Pension_(Altersversorgung)).

Empirisch nachgewiesen ist allerdings, dass die Menschen ihre Lebenserwartung und damit den Gegenwert einer lebenslangen Rente unterschätzen.

Das liegt zum einen daran, dass sie sich an den Sterbealtern der Großeltern-Generation orientieren. Damit wird die Lebenserwartung der übernächsten Generation um viele Jahre zu gering eingeschätzt. Denn die Lebenserwartung Neugeborener verlängert sich um 2 bis 3 Jahre pro Jahrzehnt. Zum anderen führt auch die häufige Berichterstattung über Lebenserwartungen, die nach den sog. Periodentafeln berechnet werden, d.h. unter Außerachtlassung dieses Trends, zu einer Unterschätzung um etwa 6 bis 7 Jahre.

Mit dieser und ähnlichen Wahrnehmungsproblemen bei der Verrentungsfrage hat sich kürzlich Prof. Dr. Ruß vom ifa-Ulm für uns wissenschaftlich auseinandergesetzt, nachzulesen beim GDV unter https://www.gdv.de/de/medien/aktuell/studie--nur-rente-sichert-lebenslanges-einkommen---deutsche-unterschaetzen-lebenserwartung-34046.

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