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Der Lobbyverband der Versicherer (GDV) wehrt sich gegen unsere Sichtweise auf das von uns erstrittene Urteil vor dem OLG Köln. Das ist sein gutes Recht.
Insbesondere ärgert sich der GDV darüber, dass wir offen gelegt haben, dass die deutschen Lebensversicherer allein im Jahr 2015 den Kunden Abschlusskosten angelastet haben, die mindestens 3 Milliarden über der maximal zulässigen Zillmerung liegen. Aus unserer Sicht bedeutet das Kölner Urteil, dass diese zusätzlichen Abschlusskosten nicht hätten angesetzt werden dürfen.
Argumentation des BdV:
Unsere Argumentation ist eigentlich recht einfach:
Dass wir „nur“ über 3 Milliarden sprechen, liegt daran, dass hier auch ein paar Sondereffekte zu berücksichtigen sind, die den Wert etwas mindern. Deshalb unsere Aussage: Mindestens 3 Milliarden wurden zu viel an Abschlusskosten erhoben.
Dem GDV passt das nicht, dass dieses so dargestellt wird. Deshalb versucht er mit eigener Argumentation gegen zu halten. Hier nun meine ersten Gedanken zu den kruden Argumentationen des GDV.
GDV Argument Nr. 1: Bei den 7,2 Milliarden handelt es sich um betriebswirtschaftlich tatsächlich angefallene Kosten und nicht die tarifierten Kosten.
BdV-Antwort: Eigentlich ein Eigentor des GDV! Denn es gibt ja aufsichtsrechtlich das so genannte „Auskömmlichkeits-Gebot“ (§138 VAG). Demnach müssen die tarifierten Kosten immer etwas höher sein, als die tatsächlichen Kosten. Es bedarf also einer Kalkulation mit Sicherheitspuffer. Konkret bedeutet das, dass die Deutschen Lebensversicherer in 2015 eigentlich sogar noch mehr an Abschlusskosten einkalkuliert haben müssten, als „nur“ die 7,2 Milliarden!
Conclusio: Mit der Argumentation des GDV lässt sich sogar begründen, dass vermutlich noch mehr als „nur“ 3 Milliarden über die Zillmerung hinaus den Kunden als Abschlusskosten angelastet wurden!
GDV Argument Nr. 2: Eigentlich wäre es dem Gericht nur um die Mindestrückkaufwerte und nicht um die Höhe der Abschlusskosten gegangen.
BdV-Antwort: Im Urteil setzen sich die Richter sehr ausführlich damit auseinander, ob die Zillmerung nun eine Obergrenze darstellen soll oder nicht. Dabei haben die Richter nicht nur die rechtlichen Normen, sondern unter anderem auch die Gesetzesbegründung gewälzt. Und dabei kommen sie zu dem Schluss, dass der Gesetzgeber eben die Höchstzillmerung auch als Obergrenze für die Abschlusskosten ansieht.
Conclusio: Weil der Gesetzgeber (und nicht der GDV) für die Gesetzte und deren Bedeutung verantwortlich zeichnet, liegt der GDV mit seiner Interpretation hier anscheinend schief.
GDV Argument Nr. 3: Der GDV behauptet, dass die Angaben der Abschlusskosten ja eigentlich hinreichend transparent wären.
BdV-Antwort: Das muss der GDV ja sagen, ansonsten würde er sich seiner Existenzberechtigung berauben. Tatsächlich sprechen aber die vielen Gerichtsurteile rund um die Frage der Transparenz der Abschlusskosten Bände. Es ist eine Mär, dass bei den Abschlusskosten Transparenz herrschen würde.
Conclusio: Die Behauptung ist seit Jahrzehnten falsch. Dies zeigen unter anderem folgende Urteile zur Intransparenz der Abschlusskostenregelungen (Auswahl): BGH IV ZR 121/00, BGH IV ZR 138/99, BGH IV ZR 162/03; BGH IV ZR 177/03; BGH IV ZR 245/03; BGH IV ZR 17/13; BGH IV ZR 114/13, weitere unter diesem Link
GDV-Argument Nr. 4: Hier stellt der GDV die aus seiner Sicht richtigen Zahlen für 2014 dar.
BdV-Antwort: Falsches Jahr! Ich habe mit Bedacht die Zahlen aus 2015 (Höchstzillmersatz: 2,5 Prozent) betrachtet, deswegen ist es Unfug, hier mit Zahlen aus 2014 (Höchtszillmersatz: 4,0 Prozent) gegenzuhalten!
Conclusio: Wer einfach mal mit Zahlen aus einem falschen Jahr argumentiert, der hat ein ernstes Transparenzproblem.
GDV- Themaverfehlung: Der Artikel des GDV steht unter der Überschrift „Warum...“
BdV-Antwort: Die Ausführungen des GDV versuchen aber nur zu belegen „Wie“ der BdV vermeintlich falsch argumentiert.
Conclusio: Das “Warum“ wird gar nicht betrachtet. Bei einer Deutschklausur wäre das eine glatte 6, Themaverfehlung. Kleiner Hinweis „warum“ wir so argumentieren: Wir wollen dazu beitragen, dass diese Abschlusskostenabzocke aufhört!
Zusammenfassung: Es zeigt sich also, dass das OLG Köln hier einen echten Nerv getroffen hat. Der GDV hat anscheinend keine ernsthaften Argumente gegen unsere Sichtweise auf das Urteil. Spannend, dass sogar die BaFin letzthin in eine ähnliche Richtung argumentierte (siehe Artikel „Bafin moniert „kreative Tarifierung” bei LV-Abschlusskosten“ im Versicherungsjournal vom 1. September 2016).
Ich freue mich in jedem Fall auf eine weiterhin angeregte Diskussion um dieses Thema, egal ob mit dem HDI vor Gericht in Karlsruhe oder mit dem GDV in Berlin.