Menu
Versicherungen verstehen

Die Zukunft des Autofahrens hat längst begonnen - Selbstfahrende Autos

Die Zukunft des Autofahrens hat längst begonnen - Selbstfahrende Autos

 19.07.2016  Versicherungen verstehen  2 Kommentare  Heiko Gaußmann

Ich darf mich seit Kurzem über ein neues Auto freuen. Mit diesem Auto hat auch bei mir die Zukunft begonnen: mein Auto greift in bestimmten Fahrsituationen aktiv ein. Es warnt mich nicht nur optisch oder akustisch bei (vermeintlich) erkannten Gefahren, sondern es verzögert beispielsweise auch selbständig. 

© PublicDomainPictures / Pixabay

Eine merkwürdige Erfahrung und eine zuweilen nervige, wenn ich selbst die Situation aufgrund meiner Erfahrung nicht als so gefährlich eingestuft habe, dass eine derart starke Verzögerung erforderlich gewesen wäre. Gut, dass ich die Eingriffe meines Autos jederzeit übersteuern kann. Diese Möglichkeit ist nicht nur ein freundliches Entgegenkommen der Ingenieure, sondern vor allem rechtlich geboten: die derzeitige Rechtslage erlaubt nicht die Zulassung von Fahrzeugen, die vollständig autonom fahren. Vielmehr muss ein Fahrzeug über einen Fahrer verfügen, der jederzeit und unter allen Umständen in der Lage ist, sein Fahrzeug zu beherrschen und alle ihm obliegenden Fahrbewegungen auszuführen. Dies schließt seit 2014 auch Fahrerassistenzsysteme ein, die jederzeit vom Fahrer deaktiviert werden können. Grundlage hierfür ist das „Wiener Übereinkommen über den Straßenverkehr“ vom 8.11.1968, das entsprechend in nationales Recht umgesetzt wurde, zuletzt im April 2016.

Die sogenannten übersteuerbaren Fahrerassistenzsysteme – wie der beispielhaft von mir beschriebene Bremseingriff bei meinem Auto – ist also nach derzeitiger Rechtslage zulässig.

„Digitales Testfeld Autobahn“

Will man den nächsten Schritt hin zu vollständig autonom fahrenden Autos vollziehen, ist eine Änderung des rechtlichen Rahmens nötig. Die Zukunft scheint hier nicht aufzuhalten zu sein. Seit Herbst 2015 beispielsweise hat das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) einen Abschnitt der A 9 in Nordbayern zu Forschungszwecken für automatisiert fahrende Autos freigegeben.

Autonomes Fahren in der Zukunft

Für eine flächendeckende Einführung autonom fahrender Autos genügt diese Sonderregelung natürlich noch nicht. Vor allem dürften Fragen der Haftung zu klären sein. Für den Einsatz der aktuell erlaubten übersteuerbaren Fahrerassistenzsysteme sind die derzeitigen zivilrechtlichen Regelungen zur Haftung im Straßenverkehrsgesetz (StVG) und im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) ausreichend. Sollte eines der aktuellen Fahrerassistenzsysteme versagen und es dadurch zu einem Unfall kommen, kann sich der Geschädigte jedenfalls an den Halter und Fahrer schadlos halten. Haftungsrechtlich (und natürlich auch strafrechtlich) darf ich als Fahrer mich also nicht darauf verlassen, dass beispielsweise die City-Notbremsfunktion mein Auto schon rechtzeitig zum Stehen bringen wird, auch ohne dass ich selbst das Bremspedal betätige.

Wenn allerdings in der Zukunft Fahrsysteme eingeführt werden, die der Fahrer nicht mehr punktuell selbst beeinflussen kann, dürfte die Haftung des Herstellers mehr in den Fokus rücken.

Auch ethische Fragen noch ungeklärt

Auch sind ethische Fragen in diesem Kontext noch völlig ungeklärt. Wen beispielsweise soll das Auto bevorzugt überfahren, wenn ein Unfall nicht mehr vermieden werden kann? Soll in jedem Fall der Fahrer geschützt werden oder sollen ältere Menschen zu Gunsten Jüngerer geopfert werden? Welche „Logik“ soll den Systemen mitgegeben werden? Fragen dieser Art soll nun eine Ethik-Kommission im BMVI klären.

Die Bundesregierung plant nach einem aktuellen Bericht des Handelsblatts schon Ende dieses Monats den nächsten logischen Schritt hin zum vollständig autonomen Autofahren. So soll durch eine Änderung straßenverkehrsrechtlicher Normen der rechtliche Rahmen dafür geschaffen werden, „dass sich der Fahrzeugführer während der Fahrzeugführung mittels automatisierter Fahrfunktion vom Verkehrsgeschehen und der Fahrzeugsteuerung abwenden darf“. Der Fahrer muss hierfür aber hinter dem Lenkrad sitzen bleiben, um „nach Aufforderung durch das automatisierte System“ die Steuerung wieder zu übernehmen.

Ein im wahrsten Wortsinne blindes Vertrauen in die Technik darf es – auch und vor allem unter haftungsrechtlichen Gesichtspunkten - unter Geltung des Gesetzesentwurfes nicht geben. Der Fahrer trägt immer die letzte Verantwortung, was ein vollständiges Abwenden des Fahrers vom Verkehrsgeschehen erkennbar nicht zulässt. Zur Klärung von Haftungsfragen soll daher eine Blackbox aufzeichnen, wann das System den Autofahrer aufgefordert hat, die Kontrolle wieder zu übernehmen. Nach dem Bericht des Handelsblatts soll der Entwurf weiter vorsehen, dass bei nachgewiesener Fehlfunktion des Systems der Hersteller haftet.

Woher die jüngsten Anstrengungen der Bundesregierung herrühren, das Thema so vehement voranzutreiben, kann nur gemutmaßt werden. Augenscheinlich hat das Wettrennen um das Auto der Zukunft unter den führenden Wirtschaftsnationen längst begonnen.

Denn unlängst hat bereits beispielsweise das Vereinigte Königreich seine Absicht bekundet, bei der Herstellung autonomer Fahrzeuge führend zu werden.

Veränderungen auch für die Versicherungswirtschaft

Die deutschen Kfz-Versicherer werden sich auf die Veränderungen einstellen müssen. Erste Versicherer haben sich bereits positioniert und bekräftigt, auch selbstfahrende Autos versichern zu wollen. Dies sicherlich auch unter dem Eindruck, dass sich bereits britische Versicherer der Risikoabsicherung selbstfahrender Autos nicht verschließen wollen. Denn die britische Versicherungsbranche geht davon aus, für die Einführung und Weiterentwicklung der Systeme eine Schlüsselrolle einzunehmen. Mit anderen Worten: ohne passende Versicherungslösungen wird es das vollständige selbstfahrende Auto niemals geben. Es handelt sich vermutlich ohnehin um ein lohnendes Geschäft für die Versicherungsbranche. Denn nicht wenige gehen davon aus, dass durch verstärkten Einsatz von autonomen Fahrsystemen die Unfallzahlen drastisch zurückgehen werden.


Kommentare
Kommentar von Jürgen Vagt  am  22.01.2017 14:39
interessanter Beitrag, ich habe mich auch auf meinem Blog beschäftigt:
http://automatisiertes-auto.de/
Kommentar von JuergenVagt  am  27.12.2016 22:37
Barcamp: Autos und Verkehr der Zukunft

Hallo,

ich halte es für wichtig, dass sich die Akteure der Zukunftsmobilität vernetzen und daher will ich dieses barcamp veranstalten. Ob es ums Elektroauto, elektrische Nutzfahrzeuge oder das autonome Auto geht, auf diesem barcamp können Sie neue Akteure und neue Ideen kennen lernen.

Nutzen Sie die Möglichkeit und gestalten Sie dieses barcamp mit, gerne können Sie auch Sponsor werden!

http://elektroautovergleich.org/barcamp-autos-der-zukunft-de-stimmen-sie-an-und-werden-sie-sponsor/


Viele Grüße

Jürgen Vagt

Eigenen Kommentar abgeben
Name (Sie dürfen auch ein Pseudonym angeben)
E-Mail* (wird nicht veröffentlicht)
Ihr Kommentar*
 

Mit * gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder.

Mit Absenden eines Kommentars erklären Sie sich mit den rechtlichen Hinweisen und den Kommentarrichtlinien einverstanden.