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Versicherungen verstehen

Elementarschadenversicherung: Wasser ist nicht gleich Wasser

Elementarschadenversicherung: Wasser ist nicht gleich Wasser

 14.07.2022  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Tina Schönig

Vor einem Jahr ereignete sich im Ahrtal in Rheinland-Pfalz eine Jahrhundertflut. Noch immer sind die Spuren der Naturgewalten, die hier wüteten, allgegenwärtig. Die Behebung der Schäden dauert an, ebenso wie Streitigkeiten zu Fragen der Kostenübernahme. Insbesondere einige Gebäudeeigentümer*innen, die zu der Wohngebäudeversicherung auch eine Elementarschadenversicherung abgeschlossen hatten, fühlen sich übervorteilt. Sie dachten, sie wären gegen Flutschäden abgesichert und bleiben nun vielfach doch auf den Kosten sitzen.

© Wolfgang Hasselmann/Unsplash

Kleiner Exkurs zur Erinnerung: Sturmschäden an Hab und Gut und der Immobilie sind vor allem über die Hausrat- bzw. die Wohngebäudeversicherung abgesichert. Dafür muss aber auch ein Sturm ab mindestens Windstärke 8 nach der Beaufortskala (Windgeschwindigkeit mindestens 62 km pro Stunde) geherrscht haben. Die Elementarschadenversicherung deckt die sogenannten weiteren Naturgefahren ab. Dazu zählen beispielsweise Schäden durch Überschwemmung, Rückstau, Erdbeben, Lawinen, Schneedruck und Vulkanausbrüche.

Wie so oft steckt der Teufel jedoch im Detail. Den Versicherern steht es frei wie sie ihre Produkte und die Versicherungsbedingungen gestalten, solange sie juristisch nicht zu beanstanden sind. Und mit Blick auf die Elementarschadenversicherungen wird deutlich: Wasser ist nicht gleich Wasser.

Hochwasser muss noch keine Überschwemmung bedeuten

Während Otto-Normalverbraucher*innen häufig nicht zwischen Hochwasser und Überschwemmung unterscheiden, tun Versicherer und Sachverständige das sehr wohl. Der Unterschied zwischen Hochwasser und Überschwemmung ist folgender: von Hochwasser spricht man, wenn stehende oder fließende Gewässer, wie Seen, Bäche und Flüsse einen stark erhöhten Pegelstand erreichen. Daraus resultiert dann oft (aber nicht immer) eine Überschwemmung des angrenzenden Landes. Also eine Flutung von Landstrichen die sonst nicht mit Wasser bedeckt sind. Solche Hochwasser werden im Sommer insbesondere durch gewittrige Starkregen nach vielen schwülheißen Tagen ausgelöst. Im Winter sind hingegen große Mengen an Niederschlägen allgemein sowie abschmelzender Schnee die Ursache.
Eine weitere Möglichkeit wie es zu Überschwemmung und damit Schäden an Gebäuden und Hausrat kommen kann, ist eine Überlastung der Kanalisation. Durch zu viel Wasser in zu kurzer Zeit (nach einem Starkregen), ist der Abfluss – speziell in urbanen Gebieten mit vielen versiegelten Flächen – oft nicht mehr gegeben und es entsteht ein sogenannter Rückstau. Das aufgestaute Wasser sucht sich durch den Druck dann Wege zu offenen Abwasserstellen, wie z. B. Toiletten und Waschbecken in Kellern und Souterrains.

Vertrackte Verträge

Nun gibt es Versicherungsverträge die nur bestimmte dieser Überschwemmungen absichern und durch Ausschlüsse die Schadenfälle mit Leistungsbezug eingrenzen. Häufig wird dabei auf die konkrete Herkunft des Schaden-auslösenden Wassers abgestellt. So gibt es z. B. eine Elementarschadenversicherung, die ausdrücklich nur gegen Hochwasserschäden absichert, sprich die Überschwemmung muss von stehenden oder fließenden Gewässern herrühren (Provinzial/ Zusatzbaustein „Hochwasser Plus“). Ein anderer Vertrag sichert nur die Schäden, die durch Starkregen verursacht werden ab (Provinzial /Zusatzbaustein „Starkregen Plus“). Diese Feinheiten führen unter Umständen zu Fehleinschätzungen bei Verbrauchern hinsichtlich der Versicherungsleistungen. Beispielsweise wenn ein Starkregen in höheren Lagen zu einer Sturzflut in einem Fluss und Überschwemmungen weiter „unten“ im Tal führt, so wie im Ahrtal geschehen. Denn der Starkregen war in diesem Fall nicht die direkte Ursache der Überschwemmungsschäden, sondern hat die Ausuferung des Flusses bewirkt, die dann zu den Schäden geführt hat. Hier hätte man zur Absicherung also eine Elementarschadenversicherung benötigt, die Hochwasserschäden einschließt.

Grundwasser kann in Folge von langanhaltenden Niederschlägen oder Überschwemmungen ebenfalls höhere Pegelstände erreichen und durch Kellerwände und Boden in Gebäude eindringen. Solche Schäden, die jedoch nicht infolge von Witterungsniederschlägen oder Ausuferung von oberirdischen Gewässern entstanden sind, werden regelmäßig in den Elementarversicherungen ausgeschlossen (siehe Musterbedingungen des GDV). Auch die oben erwähnten Wasserschäden durch Rückstau aus der Kanalisation sind meist an Bedingungen geknüpft, will man gegen sie versichert sein. So benötigt man in der Regel eine funktionsfähige Rückstauklappe. Ist eine solche Klappe installiert und funktionsfähig, wird dennoch regelmäßig ein Selbstbehalt vereinbart.

All diese Beispiele zeigen: Man sollte sich mit den Feinheiten im Kleingedruckten gut auskennen, bzw. sich unabhängig beraten lassen, bevor man eine Elementarschadenversicherung abschließt und im Zweifelsfall lieber zweimal nachfragen.

Dies sollte jedoch nicht vom Abschluss abhalten. Die Naturgefahren durch Extremwetterereignisse werden mit dem fortschreitenden Klimawandel zunehmen. Eine Elementarschadenversicherung gehört zusammen mit der Wohngebäudeversicherung zu den wichtigsten Versicherungen für Wohnimmobilieneigentümer*innen um gegen hohe Schäden an Haus und Grund abgesichert zu sein. Der Bund der Versicherten hilft Ihnen gern bei Fragen zu Vertragsangeboten, der Auswahl des für Sie optimalen Tarifs und bei Problemen im Schadensfall mit bereits bestehenden Verträgen.