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Versicherungen verstehen

Insurtechs – alter Wein aus digitalen Schläuchen?

Insurtechs – alter Wein aus digitalen Schläuchen?

 23.04.2018  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Julia Alice Böhne

Die Start-up-Szene hat die Versicherungsbranche für sich entdeckt: Die jungen Unternehmen geben sich Namen wie Clark, Getsurance und wefox wollen die Vertriebs- und Produktwelt erobern und revolutionieren.

© Mohamed Hassan/Pixabay

Zunächst hatten die sogenannten Insurtechs (ein Schachtelwort, das aus den englischen Wörtern „insurance“ (Versicherung) und „technology“ (Technologie) zusammengesetzt ist) den Versicherungsvertrieb ins Visier genommen. Sie entwickelten Apps, die Verbraucher*innen als Versicherungsmanager nutzen können, um ihre heimischen Versicherungsordner digital zu verwalten. Zudem kann mithilfe der Tools der Versicherungsbestand überprüft und optimiert werden. Das ist der Teil des Geschäftsmodells, mit dem die Start-ups Geld verdienen wollen: Denn da die Apps kostenlos zur Verfügung gestellt werden, soll über den Verkauf neuer Versicherungen sowie über die Betreuung von Bestandsverträgen Umsatz generiert werden.

Vom Vertrieb...

Die Insurtechs treten dabei als Versicherungsmakler auf. Das ist nicht allen Verbraucher*innen bewusst. Um die Apps zu nutzen, müssen sie dem Unternehmen durch eine Makler-Vollmacht weitreichende Befugnisse einräumen. Durch die Vollmacht erhalten die Apps einerseits Zugriff auf sämtliche Vertragsdaten und andererseits dürfen sie im Namen der Kundschaft Verträge kündigen und neu abschließen. Nicht zuletzt deswegen stießen die Start-ups beim klassischen Vertrieb auf großen Unmut: Sie wurden als „Bestandsräuber“ tituliert und ihnen wurde mangelnde Beratung(-squalität) vorgeworfen.

..bis zu eigenen Produkten..

Doch nicht nur der Vertrieb hat digitale Konkurrenz bekommen. Eine zweite Welle von Insurtechs hat die Anbieterseite ins Visier genommen: Unter anderem bieten Getsurance, getsafe und ottonova eigene Produkte an. Mit flypper steht ein weiteres digitales Versicherungsunternehmen in den Startlöchern. Die Start-ups bieten unter anderem Versicherungen in den Bereichen Privathaftpflicht, Arbeitskraftabsicherung und PKV an. Nicht alle agieren als Versicherungsunternehmen mit BaFin-Lizenz, sondern lediglich als Anbieter mit einem externen Risikoträger. Das Interesse der Versicherungsunternehmen an den Insurtechs ist trotz anfänglicher Ressentiments mittlerweile groß. Dabei wird ihnen nicht nur genau auf die Finger geschaut, sondern teilweise auch finanziell unter die Arme gegriffen. So beteiligte sich die Debeka mit zehn Millionen Euro am digitalen Krankenversicherer ottonova. Das Analysehaus Franke und Bornberg hat in den digitalen BU-Anbieter Getsurance investiert. Mit wefox arbeiten sogar gleich mehrere Versicherungen im Rahmen des „Innovation Lab“ zusammen – unter anderem Barmenia, Ergo, VHV und Volkswohl Bund.

...und Kooperationen. Wie disruptiv sind Insurtechs?

Der digitale Wind, den die Insurtechs in die Versicherungsbranche gebracht haben, ist deutlich zu spüren: Viele Versicherungsunternehmen haben ihre Investitionen in eigene Digitalisierungsprojekte deutlich ausgebaut. Die jungen Unternehmen wollen davon profitieren, dass sie ohne die IT-Altlasten der etablierten Versicherungsgesellschaften schnell und unabhängig agieren können. Das fachliche Know-how der großen Player fehlt ihnen indes teilweise. Kein Wunder, dass beide Parteien nicht nur auf Kooperationen setzen, sondern immer häufiger auch ein personeller Austausch stattfindet.

Digital haben die Insurtechs die Branche also belebt, ob sich die Innovationskraft jedoch auch auf die Produktentwicklung erstrecken wird, muss sich noch zeigen. Haben die Unternehmen ausschließlich technische Neuerungen zu bieten, wird die angekündigte Disruption ausbleiben. Wirklich disruptiv wäre es, neben der Digitalisierung der Branche auch die Verbraucherfreundlichkeit der Produkte voranzutreiben.


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