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Versicherungen verstehen

Soziales Engagement: Wogegen bin ich im Ehrenamt versichert?

Soziales Engagement: Wogegen bin ich im Ehrenamt versichert?

 05.12.2021  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Sarah Sperling

Ob in der Freiwilligen Feuerwehr, beim Katastrophenschutz oder im Jugendsportverein – alle ehrenamtlich Engagierten vereint der Wille, sich in ihrer Freizeit für eine Herzensangelegenheit einzusetzen und das gesellschaftliche Miteinander zu fördern. Während allerdings viele Engagierte ein bestimmtes Anliegen rein finanziell durch Mitgliedsbeiträge oder Spenden unterstützen, gibt es auch ehrenamtlich Tätige, die aktiv mitwirken. Beispielsweise als Ersthelfer*in bei Events, als Trainer*in im Fußballverein oder als Vorleser*in im Altenpflegeheim. Doch wie ist man versichert, wenn während der ehrenamtlichen Tätigkeit ein Schaden entsteht – sei es, weil man andere schädigt oder einem selbst etwas widerfährt?

© Marc Thele/Pixabay

Wie im normalen Leben auch: An Haftpflichtschäden denken

Nehmen wir eine ehrenamtliche Vorleserin, die im Altenpflegeheim versehentlich eine wertvolle, antike Vase einer Bewohnerin beschädigt. Dann bräuchte sie, wie auch im nicht-ehrenamtlichen Bereich, unbedingt eine Haftpflichtversicherung. Und hier gibt es zwei Möglichkeiten:

Einige ehrenamtlich Engagierte sind in der Haftpflichtversicherung des Trägers versichert. Das ist vor allem bei großen Vereinen – insbesondere aus dem Sportbereich – der Fall, die großen Verbänden angehören. Sie schließen für ihre Mitglieder in der Regel Versicherungen ab.

Die meisten Ehrenamtler*innen schließen sich allerdings in kleinen Vereinen zusammen, die wiederum nur sehr selten Versicherungsschutz anbieten. Zudem gibt es Engagierte, die ihr Ehrenamt außerhalb von rechtlich selbstständigen Organisationen ausüben. In beiden Fällen müssen Engagierte selbst zur Tat schreiten. Und zwar, indem sie ihre eigene Privathaftpflichtversicherung dahingehend prüfen, ob Versicherungsschutz speziell für ihr Ehrenamt besteht. Der Umfang des Versicherungsschutzes ergibt sich dann aus den Vertragsbedingungen. Besteht hingegen kein Versicherungsschutz, sollte der Privathaftpflichtversicherungsvertrag entsprechend erweitert werden.

Ehrenämter fast ausnahmslos mitversichert

Für private Haftpflichtversicherer ist dabei entscheidend, dass es sich um ein Ehrenamt ‚ohne hoheitlichen‘ und ‚ohne beruflichen‘ Charakter handelt, also i. d. R. freiwillig und unentgeltlich ausgeübt wird. Unter hoheitlich fällt beispielsweise das Ehrenamt des Oberbrandmeisters, Bürgermeisters oder Laienrichters. Alle anderen Ehrenämter sind in der Regel unproblematisch mitversichert. Und zwar schon seit 2016. Das „Ehrenamt“ war in den Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AHB) bis dahin vollumfassend ausgeschlossen sowie verantwortliche Tätigkeiten in Vereinigungen aller Art. Es wurde in der Rechtsprechung und Literatur äußerst kontrovers diskutiert, wie weit der Ausschluss des Ehrenamtes reicht.

Diese Problematik gehört seit 2016 der Vergangenheit an! Denn seit diesem Jahr empfiehlt der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV), alle nicht verantwortlichen ehrenamtlichen Tätigkeiten beziehungsweise eine Freiwilligenarbeit aufgrund eines sozialen unentgeltlichen Engagements mitzuversichern. Da sich die privaten Versicherer in der Regel an den Empfehlungen des GDV orientieren, können ehrenamtlich aktive Versicherte seither ziemlich sicher sein, dass ihre private Haftpflichtversicherung im Schadenfall greift. Dennoch gibt es weiterhin einige wenige aktuelle Tarife, die den Einschluss des Ehrenamtes nicht vorsehen.

Vorsicht ist also insbesondere für diejenigen geboten, die ihren Tarif vor 2016 abgeschlossen, dieser demnach noch auf alten Vertragsbedingungen beruht und die neuen Empfehlungen nicht berücksichtigt. Als ehrenamtlich Aktiver sollte man daher beim Versicherer schriftlich nachfragen und gegebenenfalls zu einem aktuellen Tarif wechseln. Ebenso kann es sein, dass eine Versicherung die GDV-Empfehlungen nicht zeitnah umgesetzt hat. Dann wäre ein Versicherer-Wechsel angebracht.

BdV-Tipp: Lassen Sie sich nicht von Aufzählungen ehrenamtlicher Tätigkeiten in ihren Vertragsbedingungen verunsichern oder verwirren. Denn viele Versicherer zählen ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht vollends auf, sondern formulieren bspw. „Es besteht Versicherungsschutz bei Ausübung einer nicht verantwortlichen ehrenamtlichen Tätigkeit oder Freiwilligenarbeit aufgrund eines sozialen unentgeltlichen Engagements.“ Eine solch generelle, abstrakte Beschreibung bedeutet nicht, dass das eigene Ehrenamt ausgeschlossen ist. Fragen Sie zur Sicherheit bei Ihrem Versicherer nach, ob speziell ihr Ehrenamt versichert ist, und lassen Sie sich eine schriftliche Bestätigung zusenden.
Umgekehrt sollte man sich nicht von minutiösen Auflistungen verunsichern lassen wie:
„ehrenamtlichen Tätigkeit oder Freiwilligenarbeit aufgrund eines sozialen unentgeltlichen Engagements“ unter anderem „die Mitarbeit in der Kranken- und Altenpflege, der Behinderten, Kirchen- und Jugendarbeit, in Vereinen, Bürgerinitiativen, Parteien und Interessenverbänden, bei der Freizeitgestaltung in Sportvereinigungen, Musikgruppen, bei Pfadfindern oder gleichartig organisierten Gruppen. (…) Nicht versichert sind die Gefahren aus der Ausübung von öffentlichen / hoheitlichen Ehrenämtern und von wirtschaftlichen / sozialen Ehrenämtern mit beruflichem Charakter.“ Hier gilt genauso: Wenn Ihr Ehrenamt nicht auftaucht, fragen Sie lieber schriftlich beim Versicherer nach.

Versicherungsschutz über gesetzliche Unfallversicherung und Rentenversicherung

Wenn nicht nur das Risiko besteht, während der Ausübung seines Ehrenamts anderen Schaden zuzufügen oder einen Sachschaden zu verursachen, sondern darüber hinaus das Risiko, selbst eine gesundheitliche Beeinträchtigung zu erleiden, bedarf es weiterer Absicherung.

Da steht an erster Stelle die – gesetzliche oder private – Krankenversicherung. Sie leistet zum Beispiel Heilbehandlungskosten oder Kranken(tage)geld bei Verdienstausfall wegen Arbeitsunfähigkeit. Anschließend kommt die gesetzliche Unfallversicherung ins Spiel, über die viele Engagierte geschützt sind.

Für einige Engagierte besteht der gesetzliche Versicherungsschutz allerdings nicht. Für sie bietet die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG) die Möglichkeit der freiwilligen Versicherung. Infos dazu finden sich in der VGB-Broschüre ‚Zu Ihrer Sicherheit – Unfallversichert im freiwilligen Engagement‘. Entsprechende Informationen darüber, für welche Personengruppen Unfallschutz besteht, können Ehrenamtler auf den Websites der jeweiligen Berufsgenossenschaft einsehen. Einen Überblick über alle Berufsgenossenschaften finden Sie hier.

Im Kern leistet die Unfallversicherung der Berufsgenossenschaft (BG) unter anderem eine Verletztenrente oder übernimmt die Kosten für Rehamaßnahmen nach Arbeitsunfällen oder Berufskrankheiten – und das eben gegebenenfalls auch bei ehrenamtlichen Tätigkeiten.

Wer in der gesetzlichen Rentenversicherung pflichtversichert ist, ist ebenfalls über sie geschützt, beispielsweise bei Erwerbsminderung. Voraussetzung ist hier u. a., dass die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren erfüllt ist.

Ergänzung über private Versicherungsverträge

Der Versicherungsschutz über die gesetzliche Unfallversicherung und die gesetzliche Rentenversicherung sollte aber – abhängig von der persönlichen Situation – durch private Versicherungsverträge ergänzt werden.

So sollte jeder Mensch unabhängig vom Ehrenamt an die Absicherung seiner Arbeitskraft per Berufsunfähigkeits- (BU) oder Erwerbsunfähigkeitsversicherung (EU) denken. Diese Produkte sind von hoher Bedeutung, wenn eine Person so schwerwiegende Erkrankungen oder Verletzungen erleidet, dass sie aus gesundheitlichen Gründen dauerhaft den Verlust ihrer Arbeitskraft erleidet.

Sind ehrenamtlich Engagierte bei ihren Tätigkeiten besonderen Unfallrisiken ausgesetzt wie beim Sport, sollten sie zusätzlich prüfen, in welchem Umfang sie hier abgesichert sind, und ob beispielsweise der Sportverein für seine Mitglieder eine private Unfallversicherung abgeschlossen hat. Ist das nicht der Fall oder der Schutz über den Träger unzureichend, kann es bei individuellen Bedarf sinnvoll sein, den Abschluss eines eigenen Unfallversicherungsvertrages zu prüfen (die Absicherung der Arbeitskraft ist aber wichtiger). Mehr Infos zur Unfallversicherung finden Sie hier.

Am wichtigsten ist aber, dass sich ehrenamtlich aktive Menschen immer darüber informieren, ob der Träger einen Haftpflichtversicherungsschutz anbietet. Falls nicht, muss der eigene Privathaftpflichtvertrag daraufhin geprüft werden, ob das eigene Ehrenamt gemäß den Bedingungen mitversichert ist. Besteht kein Versicherungsschutz, sollte der Privathaftpflichtversicherungsvertrag entsprechend erweitert oder komplett gewechselt werden. Beim Abschluss eines neuen Vertrags lohnt es sich neben ausreichendem Schutz für das Ehrenamt darauf zu achten, dass mindestens die BdV-K.o.-Kriterien erfüllen. Welche das sind, erfahren Sie in unserem Infoblatt Privathaftpflichtversicherung.