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Unsichtbare Frauen

Unsichtbare Frauen

 12.08.2021  Versicherungen verstehen  0 Kommentare  Claudia Frenz

Dass Frauen in vielen Bereichen des Lebens benachteiligt sind, dürfte den meisten spätestens durch die Frauenbewegung Mitte des 20. Jahrhunderts klar geworden sein. Heute, im 21. Jahrhundert, ist das doch längst Geschichte. Zumindest westliche Gesellschaften sind aufgeklärt und gleichberechtigt.

Wer das dachte, wird durch Caroline Criado-Perez und ihr Buch „Unsichtbare Frauen“ eines Besseren belehrt. Klingt jetzt erst mal wie eins dieser „Emanzenbücher“? Weit gefehlt. Denn die Autorin hat eine Vielzahl an überraschenden Fakten, Zahlen und Studien aus Politik, Technologie, Arbeitswelt, Stadtplanung oder medizinischer Forschung zusammengetragen, die zeigen: Die Welt wird nach wie vor aus männlicher Perspektive gestaltet. Frauen werden nicht gesehen, weil Daten über Männer den Großteil unseres Wissens ausmachen. Und das nicht einmal immer mit Absicht. Ob es sich dabei um das Schneeräumen von Straßen in Schweden handelt, das sich an den Arbeitswegen von Männern orientiert, die sich jedoch von denen der immer noch für die Care-Arbeit zuständigen Frauen deutlich unterscheiden; die Gestaltung von vermeintlich geschlechtsneutralen Produkten nach dem Prinzip „eine Männergröße für alle Menschen“, schlecht sitzenden Autogurten für Frauen oder die Durchschnittstemperatur in Büroräumen. Die Formel, nach der sie berechnet wurde, wurde in den 60er-Jahren anhand der Stoffwechselrate eines durchschnittlichen 40-jährigen Mannes von 70 Kilogramm Gewicht erstellt. Normale Büros sind damit um 5 Grad zu kalt für Frauen.

Noch Mitte des 20. Jahrhunderts, so die Autorin, gehörten den New Yorker Philharmonikern fast keine Musikerinnen an. Erst als das „blinde Vorspielen“ in den frühen 70ern durchgesetzt wurde, habe sich das schlagartig geändert. Heute liegt die Quote der Musikerinnen bei 45 Prozent.

Das Buch ist extrem kurzweilig und gleichermaßen informativ. Wer sich noch für den nächsten Small Talk rüsten will, wird hier mehr als fündig. Und Mann muss dafür keine Frau sein. Das Buch öffnet jedem die Augen.

Initialzündung für die Autorin, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen, war übrigens ihr Kampf gegen die Bank of England. Die wollte die einzige Frau (neben der Queen) auf einer britischen Banknote, die Sozialreformerin Elisabeth Fry, durch Winston Churchill ersetzen. Nach einem öffentlichen Aufruhr blickt seit 2017 von den neuen 10-Pfund-Scheinen die Schriftstellerin Jane Austen. Geht doch.

Caroline Criado-Perez: Unsichtbare Frauen, btb, ISBN: 978-3-442-71887-0; 496 Seiten, 15,00 Euro.

 


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