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Das Auto freut sich nach wie vor großer Beliebtheit – umso schlimmer, wenn das Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt wird und aufgrund privater oder beruflicher Gegebenheiten schlecht darauf verzichtet werden kann. Sind sich die Beteiligten nach dem Unfall einig, wer Schuld hatte, ist die erste Hürde genommen. Aber mit der Meldung beim Kfz-Versicherer ist es dann noch nicht getan.
Nach einem Unfall ohne eigenes Verschulden besteht für den Geschädigten gemäß § 823 BGB Anspruch auf Schadensersatz gegenüber dem Unfallverursacher (Schädiger). Jedoch haben Geschädigte gemäß § 254 Abs. 2 BGB die Obliegenheit, den entstandenen Schaden so gering wie möglich zu halten (Schadenminderungspflicht).
Die Wirtschaftlichkeit steht für beide Seiten (Versicherer und geschädigte Person) im Fokus. Der Versicherer des Schädigers muss sich keine „künstlichen Kostentreiber“ gefallen lassen, wenn es nachweislich günstigere und gleichwertige Alternativen für die Schadensbehebung gibt. Ansonsten sieht § 254 BGB Abs. 2 ein Mitverschulden des Geschädigten bei Verletzung dieser Pflicht vor.
Grundsätzlich gilt demnach: Geschädigte müssen den Schaden bzw. den zu erstattenden Wert nach einem Unfall möglichst geringhalten und dürfen ihn nicht unnötig in die Höhe treiben. Der Schaden muss vielmehr „im vernünftigen Rahmen" gehalten und keine unnötigen Kosten erzeugt werden.
Prinzipiell gilt: Gemäß § 249 BGB hat der Geschädigte das Recht der freien Wahl, die Reparatur durchführen zu lassen (Naturalrestitution), oder aber sich den für die Reparatur erforderlichen Geldbetrag auszahlen zu lassen (fiktive Abrechnung).
Bei der Naturalrestitution und bei der fiktiven Abrechnung findet die Höhe der von der Versicherung zu leistenden Entschädigungszahlung ihre Begrenzung in der Höhe des Wiederbeschaffungswertes des beschädigten Fahrzeugs unmittelbar vor Eintritt des Schadensfalles.
Im Ausnahmefall ist eine Reparaturdurchführung bis zur absoluten Grenze in Höhe von 130 % bei einem Haftpflichtfall möglich (eine fiktive Abrechnung aber nicht). Bei einem unverschuldeten Unfall wahrt diese Regel das spezielle Interesse des Geschädigten. Wenn die Reparaturkosten diese Grenze übersteigen, liegt ein sogenannter wirtschaftlicher Totalschaden vor, d. h. eine Reparatur ist wirtschaftlich sinnlos. Die Kfz-Haftpflichtversicherung ersetzt dann nur den Wiederbeschaffungswert abzüglich des Restwerts des Fahrzeugs.
Nach einem Unfall haben Geschädigte einige Obliegenheiten zu erfüllen, wenn sie beispielsweise eine Nutzungsausfallentschädigung erhalten möchten. Hinsichtlich der sogenannten Schadenminderungspflicht trifft einen geschädigten Kfz-Halter bei einer ungewöhnlich langen Reparaturdauer die Verpflichtungen, sich a) nach deren Grund zu erkundigen und b) auf eine zügige Erledigung des Reparaturauftrages hinzuwirken. Tut er dies nicht und löst dieses Verhalten dann eine verzögerte Reparatur aus, trifft ihn ein Mitverschulden, das seinen Anspruch an die gegnerische Kfz-Versicherung mindert.
Das Amtsgericht Bautzen hatte kürzlich über einen Fall zu urteilen (Urteil vom 16.09.2021, Aktenzeichen: 21 C 570/20), bei dem eine verlängerte Reparaturzeit dazu führte, dass der Versicherer die Nutzungsausfallentschädigung kürzen wollte. Der Geschädigte musste dem Gericht darlegen, warum er statt der vom Versicherer zugestandenen 17 Tage insgesamt 52 Tage auf sein Fahrzeug verzichten musste. Uneins waren sich Versicherer und Kfz-Halter hierbei zudem, wie dieser seinen Arbeitsweg bestritten haben soll. Der Versicherer nahm an, dass ihm ein Zweitwagen zur Verfügung gestanden hätte. Der Geschädigte erklärte hierzu allerdings, dass er mit Kollegen, Familienmitgliedern oder mit dem Fahrrad gefahren wäre und teilweise in der Firma übernachtet hätte. Das Gericht glaubte dem Mann.
Er konnte das Gericht außerdem davon überzeugen, dass die Ersatzteile aufgrund der Corona-Pandemie eine verlängerte Lieferzeit gehabt hätten. Zusätzlich erkundigte er sich wöchentlich bei der Werkstatt nach dem Stand der Reparatur und drängte auf eine schnelle Erledigung.
Das Gericht war am Ende der Auffassung, dass der Geschädigte in diesem Fall seine Schadenminderungspflicht nicht verletzt hat
In der Vergangenheit gab es in diesem Bereich viele Urteile, es wurde in ähnlichen Fällen bereits obergerichtlich entschieden, teilweise auch höchstrichterlich durch den Bundesgerichtshof (BGH).
Die Liste der möglichen Fälle ist lang - daher hier noch einige Beispiele:
Sind Sie unsicher, wie Sie nach einem Unfall auf Nummer sicher gehen können, holen Sie sich anwaltliche Hilfe, am besten bei einem Fachanwalt für Verkehrsrecht – bei Personenschäden sollte man darauf möglichst nicht verzichten.