Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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Kein mir bekannter Versicherungsvertreter steht so im Rampenlicht wie Mehmet E. Göker. Eine Insolvenz, Ermittlungsverfahren, geprellte Mitarbeiter, Flucht in die Türkei und Wiederaufnahme der Geschäfte in der Firma seiner Mama als wäre nie etwas gewesen. So in etwa würde ich als aufmerksamer Beobachter die letzten Jahre des in der Versicherungswelt geschätzten Herrn Göker beschreiben.
Ich möchte mich mit meinem Beitrag aber nicht mit der Person selber, auch nicht mit den Versicherungsgesellschaften, die ihn mit Millionen Beträgen ausgestattet haben, auseinandersetzen. Sondern vielmehr mit den Verbrauchern, die durch die Beratung des Herrn Göker und seinen Gefolgsleuten in ernste Schwierigkeiten geraten sind.
Worum geht’s genau? Private Krankenversicherung ist hier das Stichwort. Mit der Vermittlung konnten und können Versicherungsvermittler sehr viel Geld verdienen. So auch die damalige Drückerkolonne des Herrn Göker. Eine Armada von Vermittlern wurde mit hohen Provisionen gelockt, um diese Verträge an den Mann oder die Frau zu bringen. Diese Vermittler waren, wie in der Branche üblich, einem enormen Verkaufsdruck ausgesetzt. Folglich wurde die private Krankenvollversicherung angeboten und verkauft als gäbe es kein Morgen.
Viele Verbraucher wurden regelrecht aus der gesetzlichen Krankenversicherung, mit Verkaufstechniken, in die private Krankenversicherung getrieben. Andere, die bereits in der privaten Krankenversicherung waren, wurden ohne Sinn und Verstand zu anderen Gesellschaften umgedeckt, um eine neue Provision zu erhalten. Getreu dem Motto: „Es gibt keine Marktsättigung, sondern nur eine Vertriebsschwäche“.
Damit allerdings eine frische Provision fließen kann, muss der Vertrag zwischen Versicherer und Verbraucher zustande kommen. Dieses Zustandekommen setzt unter anderem voraus, dass der Verbraucher zumindest weitestgehend gesund ist, da private Krankenversicherer vorab eine Gesundheitsprüfung durchführen. Kommen bei dieser Prüfung Vorerkrankungen zu Tage, kann der Versicherer den Antrag ablehnen und der Verkäufer geht ohne Provision nach Hause.
Daher nehmen es viele Vermittler nicht so ernst mit den Gesundheitsfragen und relativieren sie im Verkaufsgespräch. Floskeln wie beispielsweise „den Kreuzbandriss und ihre Allergie müssen wir nicht angeben, dies spielt ja für die Zukunft keine Rolle“, sollen keine Seltenheit sein. Auch das komplette Weglassen von Vorerkrankungen soll sehr beliebt sein, obwohl der Verbraucher diese im Verkaufsgespräch angegeben hat. Ein bekannter Versicherungsprofessor aus Dortmund nannte dies auf einer von mir besuchten Veranstaltung „eine kurzzeitige Taubheit des Versicherungsvertreters“. Das Publikum, gespickt mit ranghohen Versicherungsvermittlern, fand es recht witzig.
Alles andere als witzig ist es allerdings dann, wenn Verbraucher aufgrund dieser Relativierung oder Taubheit des Vermittlers ihren Krankenversicherungsschutz verlieren. Dies passiert dann, wenn der Krankenversicherer nach einem Versicherungsfall prüft, ob die vorvertragliche Anzeigepflicht verletzt wurde. Kommt dabei heraus, dass es anders als im Antrag angegeben Vorerkrankungen gab, kann der Krankenversicherer im schlimmsten Fall den Vertrag auflösen. Dieses kann dem Professor aus Dortmund und den anwesenden Vermittlern egal sein, die Provision ist lange verdient.
Im Ergebnis haben Verbraucher ihren elementar wichtigen Krankenversicherungsschutz verloren. Krankheitskosten, die nach Auflösen des Vertrages durch Erkrankung oder Unfall entstanden, mussten Verbraucher selber zahlen. Im schlimmsten Falle mehrere Tausend oder Zehntausend Euro. Dies nur, weil ein von der Provision abhängiger Vermittler seinen Job nicht vernünftig gemacht hat.
Klar ist jedoch, das Erbe des Herrn Göker und der MEG AG – also die geprellten Verbraucher – sind jedoch kein Problem eines einzelnen Vertriebes, sondern eins des Systems. Solange es hohe Provisionen für den Abschluss von Versicherungsverträgen und von dieser Provision abhängige Versicherungsvermittler gibt, wird es immer wieder Gökers oder auch MEG´s geben.
Ich kann unsere Mitglieder und Verbraucher nur davor warnen, sich von solchen Vermittlern beraten zu lassen. Denn Alternativen gibt es genug. Es gibt zugelassene Versicherungsberater, Verbraucherzentralen und uns, den Bund der Versicherten e. V.