Wir geben Einblicke in die Versicherungswelt - von A wie Altersvorsorge bis Z wie Zinszusatzreserve.
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Noch im vergangenen Herbst ließ die europäische Versicherungsaufsicht EIOPA lautstark verkünden, ein „paneuropäisches privates Rentenprodukt" (PEPP) solle eingeführt werden. Wir berichteten in unserem Blog hierüber. Damit die EU-Verbraucher es annehmen, sollte es „einfach, transparent, kosteneffizient und vertrauenswürdig“ sein.
Es sollten klare Mindeststandards bei Produktmerkmalen und Produktinformationen für Kunden gelten. Ziel war es, für die Bürger in den EU-Staaten mit entwickelten Märkten für private Altersvorsorge (wie Deutschland, Niederlande, Frankreich oder Großbritannien) ein zusätzliches Angebot zu schaffen und für alle anderen überhaupt eine glaubhafte Alternative zu gesetzlichen oder betrieblichen Verträgen anzubieten.
Mittlerweile lässt sich eindeutig sagen: EIOPA ist wie ein Tiger gesprungen, aber als Bettvorleger gelandet. Zwar wurde im Februar ein Vorschlag veröffentlicht, der für PEPP eine Mischung aus standardisierten und flexiblen Elementen vorsieht. Standardisiert werden sollen Produktinformationsblätter sowie Anlageoptionen während der Einzahlungsphase, zusätzliche flexible Elemente können mögliche Kapitalgarantien, Kostendeckelungen und Anbieterwechsel sein. Es fehlt aber jegliche verbindliche Festlegung dieser Produktmerkmale durch Zahlen oder einen gesonderten Rechtsrahmen. Nichts geht über das hinaus bzw. präzisiert, was nicht schon in den EU-Vertriebsrichtlinien MIFID2 oder IDD enthalten ist. Heikle Themen wie etwa das Provisionsverbot bei anbieterunabhängiger Beratung (nach MIFID2) oder die Provisionsoffenlegung bei Nachfrage durch den Kunden (in beiden genannten Richtlinien für sogenannte „Versicherungsanlageprodukte" enthalten), werden komplett ausgespart.
Für die Auszahlungsphase wird darüber hinaus auf jegliche Vorgabe verzichtet, da sie ganz im Gestaltungsfreiraum der einzelnen Staaten bleiben soll. Das ist nachvollziehbar in Steuerfragen, wird aber unsinnig angesichts des eigentlichen Sparziels der Altersvorsorge, welches zumindest als Option eine lebenslange Rente beinhalten sollte. PEPP hätte zu einem Vorbild werden können, was Verbraucher als Mindeststandard an Informationen von einem Produkt der privaten Altersvorsorge erwarten können, z. B. hinsichtlich Kalkulation und Höhe der Verrentung ihrer Beiträge sowie Kostenbelastungen bzw. Gewinnbeteiligungen in der Auszahlungsphase.
Das alles ist nicht geschehen. Im Gegenteil: Jeder x-beliebige, bereits vorhandene Lebenszyklusfonds oder jede private Rentenversicherung dürfte schon jetzt alle PEPP-Merkmale erfüllen. PEPP ist zu einer Hülle ohne besonderen Inhalt geworden. Für die Produktanbieter wird es wohl genügen, sich für ihr jeweiliges Produkt den „Produktpass" bei ihrer nationalen Aufsichtsbehörde zu besorgen, um mit dem grenzüberschreitenden Vertrieb anzufangen. PEPP wird damit auf einen neuen zusätzlichen Vertriebskanal degradiert. Die Chance, neue verbraucherfreundliche Standards für Produktentwicklung, Produktinformation und Produktbeaufsichtigung zu setzen, wurde kläglich vertan.
EIOPA hat die PEPP-Initiative in eine gerade zu Ende gegangene Konsultation zur besseren Entwicklung eines EU-Binnenmarktes für private Rentenprodukte eingebunden. Auch dazu lässt sich nur sagen: vergebliche Liebesmüh, denn es ist nichts zusätzlich zu dem, was bereits die einschlägigen EU-Richtlinien (auch Solvency II, UCITS Funds u. a.) enthalten, hinzugekommen. Ist PEPP also nichts weiter als eine Lehrstunde in effizientem Branchenlobbyismus? Ich fürchte, ja...