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Deutschland-Rente: Impuls zur rechten Zeit

Deutschland-Rente: Impuls zur rechten Zeit

 12.05.2016  Gastbeiträge  0 Kommentare  Klaus Müller

Spätestens seit im Dezember vergangenen Jahres die drei hessischen Landesminister Tarek Al-Wazir, Stefan Grüttner und Thomas Schäfer ihre Idee einer Deutschland-Rente vorgestellt haben, diskutiert Deutschland wieder intensiv über Alterssicherung und die Vermeidung von Altersarmut.

© Jörn Heller / Pixabay

Eine Diskussion ist dringend nötig

Die Parteien haben das Thema Rente bereits für den Bundestagswahlkampf 2017 gesetzt. Das ist gut so, denn eine Diskussion ist dringend nötig. Es darf aber nicht nur um Stimmenfang gehen. Wir brauchen tragfähige Lösungen.

Grundsätzlich geht es um zwei Fragen. Erstens: Was ist nötig, damit es allen Beschäftigten überhaupt möglich ist, über ihr Einkommen eine auskömmliche Altersvorsorge aufzubauen? Das berührt ganz unabhängig von der privaten Vorsorge Themen wie die Höhe des Mindestlohns, das Absicherungsniveau der gesetzlichen Rente, die gesetzliche Rente für alle Erwerbstätigen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die berufliche Qualifikation. Es geht also um Sozial- und Arbeitsmarktpolitik, weniger um verbraucherpolitische Lösungen.

Die zweite Frage ist, wie all jene, die grundsätzlich den Bedarf und das Geld haben, vorzusorgen, tatsächlich mit für sie passenden und effizienten Vorsorgeprodukten sparen können.

2001 war die Antwort auf diese Frage: Riester-Rente. Seitdem zeigt sich mehr und mehr, dass der Markt für diese Form der Altersvorsorge schlecht funktioniert: Der Nutzen vieler Riester-Verträge ist fraglich. Das Gros der Produkte ist zu teuer und verhältnismäßig renditeschwach. Der Vertrieb könnte dieses Problem durch eine gezieltere Auswahl der besten Riester-Produkte lösen. In der Realität ist das aber meist nicht der Fall. Das müde Argument, dass die Förderquote für Geringverdiener und kinderreiche Sparer so phantastisch sei, wirkt dann fast zynisch, wenn klar wird, dass gerade diese Sparer trotz ihrer Vorsorgebemühungen Gefahr laufen, in der Grundsicherung zu landen. Alle Ersparnisse über bestimmte Freibeträge sind nämlich anzurechnen. Hinzukommt: Bis heute fehlt sowohl ein Beleg als auch ein Indiz dafür, dass Verbraucher nach der Riester-Reform ein besseres Gesamtversorgungsniveau erwarten dürfen als zuvor. Damit ist auch die Idee gefährdet, mit Riester die Vorsorgelücke zu schließen, die aus der Absenkung der gesetzlichen Rentenversicherung resultiert.

Was überzeugt an der Deutschland-Rente?

Die in Hessen entwickelte Deutschland-Rente befreit sich zunächst einmal von allen rechtlichen und sonstigen gedanklichen Schranken. Sie schlägt ein einfaches und günstiges System der zusätzlichen Altersvorsorge vor – und sie ist eine Antwort auf die unübersehbaren Schwächen der Riester-Rente und einer gesamten Branche.
Was überzeugt an der Deutschland-Rente? Es soll ein einfaches, vor allem aber kostengünstiges Standardprodukt für Jedermann sein. Das Kapital soll zum Selbstkostenpreis ohne Gewinninteressen verwaltet werden. Jeder Euro, der nicht in Kosten verschwindet, bedeutet aus Verbrauchersicht Rendite. Je besser die Rendite, desto besser die Altersvorsorge. Charme hat daneben der Aspekt, Verbraucher ein wenig anzustupsen: Hierzu ist ein „Opt-out“ vorgesehen. Verbraucher sollen über ihren Arbeitgeber automatisch in die Deutschland-Rente einzahlen, können aber aktiv widersprechen. Das Opt-out-Modell ist nicht nur als sanfter Zwang zu verstehen, sondern erspart vor allem Vertriebsprovisionen. Denn ein Vertrieb ist nicht nötig. Schließlich ist für die Anlage ein breit gestreutes Wertpapierportfolio vorgesehen. Garantien soll es keine geben – aus gutem Grund. Garantien bieten nur eine Scheinsicherheit. Bei genauerer Betrachtung sind sie vielmehr Gift für den langfristigen Vermögensaufbau. Sie kosten eine Menge Geld, wie die Frankfurt School of Finance in ihrer Studie Garantiekosten in der Altersvorsorge kalkuliert hat und sie werden stark durch Inflation entwertet.

Auch wenn bislang nicht alle Details der Deutschland-Rente geklärt sind, verdient der Vorschlag Anerkennung und Unterstützung. Der Impuls, ganz neu und ohne Schranken über eine funktionierende Altersvorsorge nachzudenken, war überfällig. Es sollte jetzt nicht länger über das x-te Reförmchen, sondern über eine grundlegende Neuausrichtung nachgedacht werden. Die Umsetzung wird eine der großen Aufgaben der nächsten Bundesregierung sein. Eine intensive Debatte muss schon jetzt beginnen.


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