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Fachchinesisch

Fachchinesisch

 30.06.2015  BdV hilft!  0 Kommentare  Uta Hinrichs

Manchmal bezweifelt man, dass Schriftstücke, die von Lebensversicherungsunternehmen ausgehändigt werden, in der eigenen Muttersprache abgefasst sind. So spricht man dann auch vom Versicherungsdeutsch oder gar vom Fachchinesisch.

© oZZy Chen / Pixabay

Ein Mitglied machte diese Erfahrung, als es Ansprüche aus einer Sterbegeldversicherung geltend machen wollte. Sein Vater hatte eine solche Versicherung abgeschlossen. Mit einem Todesfallschutz in Höhe von 5.000 DM (2.557 Euro) meinte der Vater, gut für das eigene Ableben vorgesorgt zu haben. Dieser Betrag setzte sich laut der Unterlagen des Versicherers aus einem Sterbegeld in Höhe von 3.333 DM und einem „Sofortbonus“ in Höhe von 1.667 DM zusammen.

Sofortbonus = Zusatzleistung =?

Sowohl der Vater des Mitglieds als auch das Mitglied selbst gingen davon aus, dass der Sofortbonus dem Hinterbliebenen im Versicherungsfall sofort zustehen würde, und dass er von der Höhe her unumstößlich sei. So fiel das Mitglied nach dem Tod des Vaters aus allen Wolken, als der Versicherer lediglich 1.795,20 Euro anstelle der erwarteten 2.557 Euro auszahlen wollte.

Der Versicherer argumentierte, der Sofortbonus sei eine Zusatzleistung, die „alljährlich unter Berücksichtigung der vorhandenen Gewinnrückstellung sowie der Ergebnisse der zurückliegenden Abrechnung“ im Voraus festgelegt werde. Die Zusatzleistung sei in den vergangenen Jahren aufgrund der schlechten Zinsgewinnsituation geringer geworden und in dem Jahr, in dem der Vater des Mitglieds verstorben sei, habe gar keine Zusatzleistung mehr zugeteilt werden können.

Leider musste ich dem Mitglied nach Prüfung der Unterlagen erklären, dass ich eine gerichtliche Auseinandersetzung nicht für erfolgversprechend halte, weil sich aus den Unterlagen keine Garantie hinsichtlich der Höhe des angegebenen Sofortbonus ergibt. Im Versicherungsschein zu besagter Sterbegeldversicherung heißt es nämlich:

„Die Überschüsse werden hiernach für eine Zusatzleistung (Bonus) verwendet, durch den sich die Kapitalzahlung bei Tod um 1.667 DM auf 5.000 DM erhöht. Die Höhe dieser Gesamtleistung gilt bis zu einer Neufestsetzung der Überschussanteilssätze …“

Der Vater des Mitglieds musste folglich leider damit rechnen, dass sich die Höhe des Sofortbonus aufgrund einer Neufestsetzung ändern konnte. Eine solche Neufestsetzung hatte offenbar stattgefunden.

Leider hat sich meine pessimistische Einschätzung dann auch bewahrheitet: Das Mitglied war sowohl vor dem Amtsgericht als auch vor dem Landgericht Köln erfolglos.

Laut Landgericht Köln ergibt sich aus dem Versicherungsschein „hinreichend deutlich und für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer ohne Weiteres erkennbar“, dass sich die garantierte Versicherungsleistung auf 3.333 DM beläuft. Der sich aus den Überschüssen zusammensetzende und durch die Kapitalzahlung bei Tod erhöhende „Sofortbonus“ in Höhe von 1.667 DM wird nur bis zu einer Neufestsetzung gewährt.

Der Fall zeigt zweierlei

Dieser Fall zeigt zweierlei:

Erstens: Jeder sollte vor Abschluss eines Vertrages die Vertragsunterlagen ganz genau durchlesen, prüfen und sich deutlich machen, welche Zahlungen vom Versicherer garantiert werden und welche nicht.

Zweitens: Deutsche Versicherer sollten sich endlich auf ihre Muttersprache besinnen und Versicherungsunterlagen in klarem und auch für den Laien unmissverständlichem Deutsch abfassen.


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