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Gastbeiträge

Dem Tsunami entrinnen

Dem Tsunami entrinnen

 18.09.2020  Gastbeiträge  0 Kommentare  Dr. Carsten Zielke

Unsichere Zeiten lassen die Menschen nach Sicherheit sehnen. Momentan sind auch die Versicherer nicht in der Lage, ihrer Kundschaft dieses Gefühl zu vermitteln. Beispielhaft ist die Weigerung, im Fall der durch Covid 19 verursachten Betriebsschließungen zu zahlen. Hinzu kommen die wirtschaftlichen Zwänge der Freischaffenden.

 

© Elias / Pixabay

Diese benötigen wegen ihres Umsatzausfalls Geld. Von daher mag die Sorge um die Altersvorsorge in den Hintergrund rücken. Man kann den Lebensversicherern nur raten, recht großzügig mit Prämienstundungen umzugehen und vermehrt Policendarlehen auszugeben, damit die Kundschaft nicht zur Stornierung gezwungen ist und somit ihre Schlussüberschüsse verliert.

Aber auch mit diesen Maßnahmen gibt es kein „Weiter so“. Negativzinsen sind das Normalmaß geworden. Die Überschüsse werden weniger. Die Lebensversicherer müssen ihrer Kundschaft ein gutes Gewissen geben, warum sie ihre Police halten soll. Das geht nur so:

1.) Sie müssen der Kundschaft zeigen, dass sie ihr Geld besser anzulegen vermögen als sie selbst

2.) Sie müssen der Kundschaft darlegen, dass sie umweltbewusst investieren

Anlagehorizont

Beim ersten Punkt gilt es nachzulegen. Die strukturelle Niedrigzinsphase kann nicht dazu führen, der Kundschaft zu erklären: „So ist es halt“. Hier erwarte ich, dass man diversifiziert in Aktienmärkte investiert, so wie ich das seit 2009 fordere. Hätte man meinen Rat befolgt, dann hätte man sich die Diskussionen um die Zinszusatzreserve sparen können, denn die aktuell benötigten 96 Mrd. € wären mit den Übererträgen aus einem DAX-Portefeuille mit über 150 Mrd. € gedeckt gewesen. Kundschaft mit niedrigen Garantien hätte keine Überschüsse an die Kundschaft mit höheren Garantien abgeben müssen. Es ist schon kurios, dass die Versicherer in Deutschland den längsten Anlagehorizont in Europa genießen (da die Verträge so lange laufen), diesen aber entgegen aller Investmenttheorien nicht nutzen, um gewisse Risiken einzugehen.

Aktienexpertise

Natürlich gibt es immer Gründe, nicht in Aktien zu investieren: die gefürchtete Volatilität, das neue Aufsichtsregime Solvency II, die Rechnungslegung. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Weg, zumal sowohl europäische Aufsicht wie auch der deutsche Gesetzgeber aus meiner Erfahrung gesprächsbereit sind. Ist es vielleicht eher die Tatsache, dass man gar keine Aktienexpertise im eigenen Haus mehr hat, die die Versicherer von einem stärkeren Engagement abhält? Aber warum soll ich dann als Kunde für diese eingeschränkte Dienstleistung zahlen? Hier gilt es „aufzurüsten“.

Nachhaltigkeit

Das Thema Nachhaltigkeit ist auf der Straße angekommen, wie die Friday for Future-Demonstrationen gezeigt haben. Zwar berichten zahlreiche Außendienstler, dass es bei ihren Kundinnen und Kunden im Neugeschäft noch keine Rolle spielt (ab März 2021 muss es das per Gesetz, da das eine Pflichtfrage wird), doch stellt sich für mich eher die Frage: wie halte ich das Geschäft? Hier kann ein Versicherer mit einer guten Aufstellung an das Gewissen der Kundschaft appellieren. Unsere regelmäßige Auswertung der Nachhaltigkeitsberichte deutscher Versicherer haben hier schon eine Verbesserung gezeigt - aber vor allem interessieren sich inzwischen neben Kunden auch Berufseinsteiger für das grüne Image eines potenziellen Arbeitgebers.

Also, wir haben eine sanitäre Krise, hoffen wir, dass sich diese nicht in eine generelle Vertrauenskrise gegenüber den Versicherern entwickelt - wir brauchen sie auch weiterhin. Sie haben es aber selbst in der Hand.


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